Der Prinz der Rache: Roman (German Edition)
übernächste, habe ich gehört. Aber sie werden dich nicht auswählen. Du bist zu jung. «
» Aber vielleicht kann ich mich irgendwie da reinschmuggeln, und wenn das Tor auf ist, dann kann ich vielleicht … «
» Mehr als eine Handvoll Anwärter wird es kaum geben, wie willst du dich denn da dazwischenmogeln? «
» Ein Versuch kann doch nicht schaden. «
» Vielleicht doch. Die Wache wird dich erwischen, und sie werden dich in Eisen legen, wenn sie der Meinung sind, dass du zu viele Schwierigkeiten machst. «
Sed würde ihm also nicht helfen. Aber er war doch sein einziger Freund hier unten, und Vil hatte noch eine Frage, die ihm kein anderer beantworten konnte. Er versuchte, sie möglichst unverfänglich klingen zu lassen: » Diese Gänge im Süden, wo führen die eigentlich hin? «
Sed runzelte die Stirn. » Du warst doch dort. Zum Schacht der Toten. «
» Und dieser Schacht? «
» Ist sehr, sehr tief und voller Leichen. Aber wenn du Pech hast, triffst du auch auf Lebende, und zwar solche, denen du nicht begegnen willst, weil ihnen vielleicht gleich ist, ob ihre Mahlzeit wirklich tot ist oder nicht. «
» Wie kommt es, dass ich noch nie einen von denen hier draußen gesehen habe? «
» Wenn du Pech hast, kannst du sie nachts treffen, wenn es wirklich dunkel ist. Sie meiden das Licht und die Lebenden, und das mit gutem Grund. Wir wissen, was sie da unten tun, und es könnte sein, dass wir sie büßen ließen für das, was sie mit unseren Toten anstellen. «
Vil nickte, und er fragte sich, ob vielleicht einer von diesen unheimlichen Menschen einen Weg wusste, der hinausführte. Aber dann fiel ihm ein, dass diese Leute schon sehr lange dort unten waren. Gäbe es einen Weg – sie hätten ihn wohl längst genommen.
Der Herbst schritt mit kalten Regentagen voran, und Vil fror in seinen Lumpen, er war fast immer hungrig, weil es keinen Fisch mehr gab und der Reis nicht reichte, um satt zu werden, und er wusste noch immer nicht, was er tun sollte.
Er konnte im Verhalten des Eisenkönigs nichts entdecken, was ihm verdächtig erschien, ja, die Doma war so freundlich zu seiner Schwester, dass ihm das, was Sed behauptet hatte, von Tag zu Tag unwahrscheinlicher erschien.
Wenn er abends mit Sed vor dessen Behausung saß, mied er das Thema, denn er wollte nicht wieder mit Sed streiten, der, und das bedrückte ihn mehr, als er wahrhaben wollte, vielleicht bald nicht mehr da sein würde.
» Die Anwerber kommen morgen « , sprach Sed eines Abends den befürchteten Satz aus.
» Und du willst wirklich auf die Galeere? «
» Ich will hier raus, und das ist die einzige Möglichkeit. «
» Aber als Rudersklave? Nicht viele überleben die drei Jahre nach allem, was man hört. «
» Versuchst du gerade, mir das auszureden, Vil? «
» Nein, du hast recht. Ich werde es ja selbst versuchen. «
» Würde ich an deiner Stelle auch, obwohl ich mich frage, wer auf deine Schwester aufpassen soll, wenn du nicht mehr hier bist. «
» Vielleicht … vielleicht hast du dich aber auch geirrt, und die Geffais meinen es gut mit ihr. «
Sed schüttelte den Kopf. » Wann hätte es der Eisenkönig jemals gut mit euch oder irgendjemand anders gemeint? Was glaubst du denn, warum sie Tiuri nicht in der Halde arbeiten lassen? Sie wollen nicht, dass sie sich all die kleinen Narben holt, die man sich eben holt, wenn man hier im Dreck wühlt. Sie wollen, dass ihr Körper unversehrt und rein ist. « Er seufzte. » Wenn ich könnte, würde ich sie freikaufen, ja, sobald ich die Galeere hinter mir habe, werde ich sehen, dass ich schnell an Geld komme. Allerdings ist das erst in drei Jahren, und bis dahin … « Er führte den Satz nicht zu Ende.
» Freikaufen? « , fragte Vil.
» Nun, ich nehme an, der Eisenkönig wird sie irgendwann an eines der Bordelle im Katzenviertel verkaufen, später. Und von da kann man sie vielleicht freikaufen. «
» Niemand wird jemals meine Schwester kaufen! «
» Sie käme immerhin hier heraus. Das ist der einzige Weg für die Mädchen, so wie es für uns die Galeere ist. Aber ja, ihr Weg ist schlimmer als unserer. «
» Aber der Brenner sagte … « , begann Vil, aber dann hielt er inne. Mädchen verschwanden, und niemand hatte Fragen gestellt. Und es mochte ja sein, dass sie da oben einer vornehmen Familie entstammten, aber der Eisenkönig hatte es gesagt: Hier unten waren sie nur ein paar Ratten unter anderen, niemand würde sich darum scheren, wenn seine Schwester plötzlich verschwand. Aber er durfte
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