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Der Prinz der Rache: Roman (German Edition)

Der Prinz der Rache: Roman (German Edition)

Titel: Der Prinz der Rache: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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denn die Straßen dieses Viertels waren eng und gewunden, und auch wenn er die Lagune manchmal sehen konnte, wenn er bergab lief, so versperrten ihm doch immer neue Häuserreihen oder große Handwerksbetriebe den Weg. Irgendwann fand er dann allerdings eine Lücke. Er stieß auf ein Dorf, ein Fischerdorf vielleicht, und da war endlich der Strand, das Meer. Er machte sich nicht erst die Mühe, sich auszuziehen. Er lief hinein und hätte am liebsten laut aufgeschrien, weil das Wasser eiskalt war. Es verschlug ihm den Atem, und erst dann wurde ihm bewusst, dass hier draußen schon beinahe Winter sein musste. Er biss die Zähne zusammen und wusch sich, aber er verlor schnell jedes Gefühl in den Gliedern und stapfte fluchend wieder hinaus.
    Ein paar Frauen und Kinder standen am Ufer, warm eingepackt, und sie lachten, vermutlich über ihn.
    » Wenn du deine Sünden abwaschen willst, solltest du vielleicht in einen Tempel gehen « , meinte eine der Frauen. Sie war jung, aber in ihrem Gesicht lag ein Zug von Kummer und Leid.
    Vil blieb stehen. Ein Fischerdorf! Er erinnerte sich an das, was Sed gesagt hatte. » Ist das das Dorf, das den Vergessenen Fisch opfert? « , fragte er vorsichtig.
    Das Lachen verebbte. » So war es früher, doch ist diese Verpflichtung erloschen. «
    » Aber warum? « , fragte Vil plump.
    » Das geht dich nichts an, Bürschchen. Und jetzt verschwinde, wir haben hier nicht viel übrig für Gesindel. «
    Vil setzte zu einer scharfen Antwort an, besann sich aber rechtzeitig eines Besseren.
    » Verzeiht, gute Frau, es war nicht meine Absicht, Euch zu kränken. Doch sagt, gibt es hier nicht einen Tempel? Ich suche nämlich tatsächlich einen Ort, um meine Sünden zu büßen. «
    Die Frau sah ihn misstrauisch an, aber dann schob eine alte Frau sie zur Seite und sagte: » Dort hinten, mein Junge. Und er steht allen offen, die Trost suchen. Jedenfalls war das früher so « , fügte sie mit einem strafenden Seitenblick hinzu.
    » Früher war vieles anders « , zischte die junge Frau, der der Blick galt.
    » Ich danke Euch « , sagte Vil schlotternd vor Kälte in seinen nassen Sachen. Er schlug einen Bogen um die Frauen, die ihn nicht sehr freundlich musterten, und entdeckte den weißen, niedrigen Turm des Tempels hinter den Hütten.
    Irgendwo dort in der Nähe musste er doch die Fischpforte finden. Das wäre ein Anfang. Er hatte zu keiner Sekunde vergessen, dass er seine Schwester retten musste. Er lief zum Tempel und fand das Tor zum Vorhof verschlossen. Die weißen Mauern waren auch zu hoch, um einfach hinüberzuklettern.
    Er klopfte an das Tor und musste eine Ewigkeit warten, bis er die schlurfenden Schritte eines Mannes hörte.
    » Der Tempel ist geschlossen. «
    » Aber ich … ich … ich muss ein Gelübde erfüllen, Vater. «
    » Was für ein Gelübde? «
    » Ich versprach meiner seligen Mutter, hier für sie zu beten. Es war ihr letzter Wunsch. « Etwas Besseres fiel Vil auf die Schnelle nicht ein.
    » Dann komm morgen wieder. «
    » Ich bin den ganzen Weg durch die Stadt gelaufen, Vater, und mein Dienstherr wird mir nicht so bald wieder einen freien Tag gönnen. « Jetzt, wo er in Fahrt war, kamen die Lügen schneller.
    » So? Na, wenn es denn sein muss. Warte einen Augenblick, mein Sohn. «
    Vil hörte schwere Schlüssel im Schloss klirren, dann wurde unter einigem Ächzen ein Riegel zurückgeschoben, und endlich öffnete sich das Tor.
    Der Priester, ein alter Mann mit einer frischen Narbe auf der Wange, glotzte ihn an. » Du siehst aus wie ein Bettler, nicht wie einer, der irgendwo arbeitet. Und du riechst wie eine faulige Brise bei Ebbe. «
    » Kehrichtfahrer, mein Meister ist ein Kehrichtfahrer, weit im Norden, Vater. «
    » Meinetwegen. Du kannst hinein, aber nur kurz, denn ich will nicht, dass dieser Gestank sich im Tempel festsetzt. Gerade, wo wir den Fischgeruch langsam loswerden. «
    » Ihr seid zu gütig, Vater « , presste Vil hervor.
    Der Tempel war klein und schmucklos. Die steinerne Wolke, die den Himmel symbolisierte, war nicht vergoldet wie in dem Tempel auf der Ritterseite, in dem Vil sich früher so gelangweilt hatte, und der hölzerne Altar war alt, klein und schadhaft.
    Er räusperte sich. » Verzeiht, Vater, aber meine Mutter bat mich, an einem besonderen Ort in diesem Tempel zu beten. Sie sprach von einer Pforte für Fische, die nach unten führen soll, in eine Art Höhle. «
    » Und warum sollst du ausgerechnet dort dein Gebet verrichten? «
    » Weil mein Vater ein Fischer war,

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