Der Prinz der Skorpione: Roman - Der Schattenprinz 3 (German Edition)
Garde.
Der Mann salutierte und galoppierte ins Tal. Auch er verfügte wie der Protektor über ein halbwegs brauchbares Tier, während der Rest ihrer kleinen Truppe auf dem saß, was sie auf ihrer Flucht beschlagnahmt hatte. Sie hatte in einem der Dörfer den verängstigten Bauern alle verfügbaren Ackergäule, Schindmähren und sogar zwei Maultiere und einen Esel abgepresst. Dort war Gajan auf sie getroffen, und dort lebte auch der Heiler, der Hadogans Wunde gesäubert und den Vater beruhigt hatte, dass die Verletzung nicht so schwer war, wie sie aussah, schon gar nicht bei einem jungen und kraftstrotzenden Knaben. Er hat mehr Kraft als ich, dachte Gajan , und mehr Verstand als der Protektor.
Gerade einmal zweihundert Soldaten hatte Pelwa aus der Stadt retten können. Und dann hatte er alle, für die sich kein Pferd fand, auf der Straße zurückgelassen und ihnen befohlen, den Feind aufzuhalten.
Ebenso gut, dachte Gajan, hätte er ihnen befehlen können, sich ins Schwert zu stürzen. Er hätte beinahe gelacht, als er sich umdrehte und ihre Schar in Augenschein nahm. Das war also das Gefolge der beiden mächtigsten Fürsten von Oberharetien? Zwei Dutzend erschöpfte Krieger auf altersschwachen Tieren?
»I ch möchte wissen, was Euch lächeln lässt, Gajan«, brummte der Protektor. »D ie ganze Sache hier ist gewiss kein Spaß. Dieses verfluchte Heer hätte in Felisan bleiben sollen, dann hätten wir den Angriff zurückgeschlagen. Und jetzt ist es nicht vor der Stadt, die es eigentlich belagern sollte. Verflucht sei Graf Gidus, der nichts als Unglück über mich gebracht hat. Und jetzt kommt, reiten wir hinab. Ich will wissen, was hier vor sich geht.«
Sie folgten dem Hauptmann der Garde langsam hinunter ins Lager. Dort herrschte große Aufregung, weil der Läufer, den Gajan auf der Straße gesehen hatte, gemeldet hatte, dass es in der Stadt einen Aufstand gegeben habe und dass das Tor nun offen stehe.
»D och ich kann das Lager nicht ohne Befehl verlassen«, sagte der alte Hauptmann, der das Kommando führte, »u nd die, die es befehlen könnten, sind im Norden und kämpfen.«
Gajan erfuhr zu seinem Erstaunen, dass fast das gesamte Heer einem Feind entgegengezogen war, der aus den Bergen herabkam. Man hatte nur dreihundert Mann in den Gräben zurückgelassen, was ihm äußerst leichtsinnig erschien.
»E in Heer, das über das Paramar gekommen sein soll? Unmöglich!«, rief Pelwa. »N iemand kann die Festung im Pass überwinden. Nicht so schnell, nicht, ohne dass ich es erfahre.«
»U nd gibt es denn keine Nachricht, wie die Schlacht verläuft?«, fragte Gajan den Hauptmann.
»W ir hörten nur den Donner der Geschütze und das Knallen der Büchsen, und vor einer Weile kamen ein paar herrenlose Pferde von dort, wahnsinnig vor Angst. Aber mehr haben wir nicht erfahren.«
»S o schickt doch einen Reiter!«, rief Gajan ungehalten.
»L eider haben wir hier keine Pferde, und diese Tiere, die durch das Tal irren, lassen sich nur schwer einfangen und gar nicht reiten, Herr, wir haben es versucht.«
»S ieh doch, Vater, da kommen Berittene!«
Hadogan hatte Recht: Es kamen drei Männer auf ihren Pferden ins Tal galoppiert. Aber sie kamen einzeln, nicht etwa in guter Ordnung, um einen Sieg zu melden– das war wilde Flucht.
»R uft Eure Leute zusammen, Mann. Es kann sein, dass Ihr einen Rückzug decken müsst«, rief Gajan.
»E inen Rückzug? Aber wohin, Herr?«
»I n die Stadt!«
Der Offizier nickte, offensichtlich war er froh, dass ihm jemand das Kommando abnahm.
»N ach Atgath? Dort werden wir nicht sicher sein, Gajan«, meinte der Protektor düster.
»U nd wohin sonst, Pelwa? Nach Süden? Habt Ihr vergessen, dass in Felisan die Westgarther sitzen? Ich nehme an, dass ihre Horden längst über das Land schwärmen und plündern. Und die Helden, die Ihr an der Straße zurückgelassen habt, werden sie kaum aufhalten können.«
Pelwa bedachte ihn mit einem sehr finsteren Blick, erwiderte aber nichts.
Also erteilte Gajan dem Hauptmann Befehl, seine Leute zu sammeln und die Straße hinauf zur Stadt zu sichern.
»V erloren!«, schrie der erste Kavallerist schon von weitem. »E s ist alles verloren!« Sein Tier war völlig erschöpft, wollte dem Zügel aber dennoch kaum gehorchen. Es drehte wilde Kreise, als der Reiter versuchte, Bericht zu erstatten. Sein Gesicht war zerschrammt, und er hatte seinen Helm verloren. »E rst schossen sie mit Bombarden auf uns, obwohl die Obersten gesagt hatten, dass sie über so
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