Der Prinz der Skorpione: Roman - Der Schattenprinz 3 (German Edition)
kämpfte er gegen die Verzweiflung an, die sich seiner zu bemächtigen drohte. Das Leben seiner Familie war von den Launen des Padischahs abhängig, und seine einzige Chance, den Mann gnädig zu stimmen, lag darin, etwas Unmögliches zu vollbringen. Er musste einen kühlen Kopf bewahren, vielleicht einen anderen Weg finden, irgendwie.
Sein Blick richtete sich voller Hass auf den Großen Skorpion und sein Gefolge. Seine Söhne waren bei ihm: der stiernackige Weszen, der verschlagene Algahil und dann noch einer, den Ured nicht kannte, ein junger Erbprinz namens Alamaq, kaum sechzehn und damit nicht einmal halb so alt wie seine beiden Brüder. Er schien der Liebling des Padischahs zu sein, war immer in seiner Nähe. Ured sah die Eifersucht in den Blicken seiner Brüder. Konnte er das irgendwie nutzen? Er wusste nicht, wie. Aber er musste einfach einen Weg finden, sich dem eisernen Griff dieser Sippe von Skorpionen zu entwinden.
Der Padischah hatte einen großen Sieg errungen, mit nur wenigen Verlusten, aber die Sieger wirkten beunruhigt, denn die Stadt war wie leergefegt. Die Helmonter waren johlend durch die Gassen gezogen, hatten Häuser geplündert, aber sie hatten keine Menschenseele angetroffen. Der Padischah ließ die wenigen Gefangenen holen, die man an der Mauer gemacht hatte. Der erste weigerte sich zu reden und wurde auf einen einfachen Wink des Herrschers geköpft. Der nächste blieb ebenfalls standhaft und verlor seinen Kopf, der dritte, der das mit ansehen musste, redete endlich: »U nter der Erde, Herr. Sie sind in den Gängen unter der Erde«, rief der Mann ängstlich.
Auch ihn ließ der Padischah köpfen. »S ucht sie!«, befahl er dann. »G rabt die Erde auf, wenn es sein muss! Ich will diese Leute hier vor mir knien sehen, alle!«
Ured kannte den Boden unter Atgath, und er kannte die Gänge, die die Mahre gegraben hatten. Sie lagen tief im Stein, und wenn die Mahre nicht wollten, dass man ihre alten Stollen fand, dann würde man sie nicht finden.
Faran Ured bemerkte, dass Algahil abseits des Geschehens einer Gruppe Westgarther, die sich irgendwie nach Atgath verirrt hatten, einen unauffälligen Wink gab, woraufhin sich die Gruppe in Marsch setzte. Er folgte ihnen kurz entschlossen, denn sein Instinkt sagte ihm, dass der Prinz sie zur Burg schickte. Wenn es gut lief, würden sie ihm den Weg frei kämpfen.
Als sie über den Marktplatz gingen, geschah allerdings etwas, für das er keine Erklärung hatte: Eine ganze Schar Kinder lief ihnen entgegen, und ein Helmonter war bei ihnen – er hatte eines der Kleinen aufgehoben und in den Arm genommen, betrachtete es lachend – und erstarrte dann in Grauen, als das Wesen in seinen Händen plötzlich in hellen Flammen stand. Der Mann schrie entsetzt auf, wollte das Kind loslassen, aber es klammerte sich an ihn, und die Flammen griffen nach seiner Kleidung, seinen Haaren, seiner Haut. Seine Schreie wurden schriller, und sie verstummten auch nicht, als er, ebenso wie das Kind, von Kopf bis Fuß brannte. Kind? Ured begriff, womit er es hier zu tun hatte, und zog sich hastig zurück. »H altet euch von diesen Wesen fern!«, brüllte er den Westgarthern zu.
Für einen von ihnen kam die Warnung zu spät. Er wollte eines der vorgeblichen Kinder aufhalten, das genau auf ihn zu lief, hielt es sich mit ausgestrecktem Arm zwar vom Leib, aber es half nichts: Das Wesen brannte von einem Augenblick auf den nächsten lichterloh, und durch das Kettenhemd des Westgarthers schlugen Flammen, erst am Arm, dann am ganzen Leib. Er brüllte vor Schmerz. Einer seiner Kameraden eilte ihm zu Hilfe, versuchte die Flammen zu ersticken und geriet dabei selbst in Brand. Ured sah, dass eines der Wesen etwas in den Marktbrunnen warf. Einer der Helmonter, die sich dort gelagert hatten, längst aber erschrocken zurückgewichen waren, versuchte es aufzuhalten. Auch er fing Feuer. Und da waren noch andere Wesen, die über den Platz rannten, genau dorthin, wo der Padischah war, umgeben von seinen Kriegern.
»S chießt sie nieder!«, brüllte Akkabal at Hassat. »S o schießt sie doch nieder!«
Pfeile sirrten, aber diese zwergenhaften Gestalten rannten so flink, dass keine von ihnen getroffen wurde. Das Chaos brach los. Männer brannten, und die, die versuchten, ihnen zu helfen, begannen ebenfalls zu brennen. Sie stolperten schreiend über den Platz, und auch aus den umliegenden anderen Gassen hörte Ured Schreie, die ihm verrieten, dass auch dort Unheimliches vor sich ging.
Der Anführer
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