Der Prinz der Skorpione: Roman - Der Schattenprinz 3 (German Edition)
hilfesuchend die Hände nach ihm ausstreckten, hielt nur so lange inne, bis er sah, dass Hadogan nicht unter ihnen war.
Er hörte Büchsenschüsse ganz in der Nähe und folgte dem Kampfeslärm. Ein starker Trupp Soldaten verteidigte im Schein eines brennenden Hauses eine Kreuzung gegen die Eindringlinge. Die Männer hatten hinter Kisten und Tuchballen Deckung gesucht und wehrten einen wütenden Angriff der Westgarther mit Armbrüsten, Büchsen, langen Piken und schweren Hellebarden ab. Tote und sterbende Krieger bedeckten die Straße vor ihnen. Und inmitten des Kampfgetümmels stand ein Junge auf einer Kiste und schwenkte eine durchlöcherte Fahne mit dem Wappen von Felisan.
»H adogan!«
Gajan rannte los, ohne nachzudenken, genau in das Getümmel auf der Kreuzung. Er drängte sich durch die Krieger, die wohl einfach zu verblüfft waren, um ihn anzugreifen, riss einen Westgarther an der Schulter zurück, weil der ihm den Weg versperrt hatte, wich instinktiv einem Axthieb aus und sprang schließlich über die niedrige Palisade der Verteidiger. »H adogan!«
»W ir schlagen sie, Vater! Wir schlagen sie!«
Tatsächlich brüllte irgendwo in der Nähe jemand einen Befehl, und die Angreifer zogen sich rasch zurück.
Gajan packte Hadogan und drückte ihn an sich, obwohl das dem Jungen unangenehm zu sein schien.
»E inen tapferen Sohn habt Ihr, das muss ich sagen«, meinte der Hauptmann, der die Schar befehligte. Gajan nickte bloß, unfähig, seinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen.
Der Hauptmann zog ihn zur Seite. Er trug einen Verband am Arm, durch den Blut sickerte. »W isst Ihr, wie die Sache steht, Herr?«, wollte er leise wissen.
Gajan fragte sich, ob er ebenso rußverschmiert war wie dieser Mann, und wischte sich unwillkürlich mit der Hand übers Gesicht. Sie war danach ganz schwarz, wie die Haut von Kumar. »D ie Granamar kämpft tapfer und hat viele Schiffe versenkt, aber das Hafenviertel scheint in der Hand des Feindes zu sein«, berichtete er.
»U nd der Protektor? Die Miliz?«
Gajan zuckte mit den Achseln. »E r sammelte seine Garde am Palast, und die Leute wollen Waffen, aber das Magazin ist ja unten am Hafen. Ich kann nicht sagen, was von dieser Seite zu erwarten ist.«
Der Hauptmann nickte düster. »U nd ich weiß nicht, wie lange wir die da noch aufhalten können. Hört Ihr das?«
Gajan lauschte. Vom Hafen drang der Lärm der Geschütze, und die Luft war von Geschrei und Gebrüll erfüllt. Er wusste nicht, was der Mann meinte.
»S ie haben etwas vor. Hört Ihr das schwere Rollen der Räder nicht? Irgendeine Teufelei kommt die Straße herauf.«
Tatsächlich hörte Gajan jetzt ein Rumpeln. Weiter unten bewegte sich ein dichter Pulk von Kriegern, die irgendetwas über das Pflaster schoben. Ein Geschütz? Diese Barbaren konnten doch wohl kaum mit Bombarden umgehen.
»G ebt’s ihnen!«, rief der Hauptmann.
Büchsen knallten, und die Armbrüste sandten ihre Bolzen aus. Weiter unten fielen Krieger, aber sie schoben das Ding, das sie mit ihren Schilden schützten, immer weiter. Plötzlich stoben sie auseinander.
»B alliste!«, schrie einer der Soldaten. Da erklang schon das schwere Sausen, und ein armdickes Geschoss durchschlug eine Kiste und durchbohrte den Soldaten, der dahinter Deckung gesucht hatte.
»K öpfe runter, ihr Pikeniere!«, brüllte der Hauptmann. »S o schießt doch, ihr Schützen!«
Sie schossen, aber wenn sie einen Westgarther trafen, sprang ein anderer an seine Stelle. Ein zweites Geschoss riss eine Bresche in ihre armselige Palisade und schleuderte einen Pikenier gegen die Hauswand. Sein eiserner Brustpanzer war durchbohrt, als sei er aus Papier. Der Mann blieb noch ein paar Sekunden stehen, bevor er mit bleichem Gesicht und offenem Mund zusammenbrach.
»I hr müsst hier weg!«, rief Gajan dem Hauptmann leise zu.
»M üssten wir, aber wir können nicht. Wir werden sie aufhalten, solange es geht. Eilt zum Palast und sorgt für Verstärkung. Und nehmt Euren Sohn mit!«
»H adogan, komm!«
Aber der Junge wollte nicht. Wieder zerfetzte ein Geschoss einen Teil der Palisade. Holzsplitter flogen umher.
»G eh, mein Junge, und hole Hilfe! Das ist ein Befehl!«, rief der Hauptmann. Aber Hadogan schüttelte trotzig den Kopf.
Gajan hatte genug, er packte ihn am Arm und zog ihn davon.
»A ber das ist feige!«, zeterte Hadogan.
Gajan beugte sich zu ihm hinab und sah ihm in die Augen, in denen Tränen der Wut standen. »D as ist es nicht! Dein Hauptmann hat dir einen Befehl
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