Der Prinz der Skorpione: Roman - Der Schattenprinz 3 (German Edition)
hilflosen Krieger in Stücke hackten. Er ballte die Fäuste und wäre am liebsten umgekehrt, denn es war seine Schuld, dass diese Männer starben, aber er wusste, dass er gegen den Zauberer nicht die Spur einer Chance hatte. War es denn nötig, diese Männer zu töten, die schon besiegt waren? Aber so gingen die Diener des Großen Skorpions eben mit Feinden um. Er war froh, dass Ela Grams das nicht mit ansehen musste.
Er rannte weiter. An der nächsten Ecke stieß er auf einige Westgarther, die offenbar dabei waren, eine Silberschmiede zu plündern. Sie standen auf der Straße und machten sich einen Spaß daraus, sich eine große silberne Vase zuzuwerfen, und aus irgendeinem Grund stolperte ein schmächtiger alter Mann, vielleicht der Schmied, zwischen ihnen hin und her und versuchte, das kostbare Stück zu fangen. Hatten sie ihm versprochen, dass er sie dann behalten dürfe? Sahif ließ die Schatten fallen und rief: »I hr sollt kämpfen, nicht plündern wie die Strauchdiebe, ihr Männer.«
Die Krieger hielten mit ihrem grausamen Spiel inne.
»D u nimmst das Maul ziemlich voll, Oramarer«, rief einer der Westgarther zurück.
»K ämpft, sonst wird es euch wie euren Brüdern ergehen!«
Jetzt stutzten die Männer.
Der Schmied erwischte die Vase auf ihrem Flug, fing sie, presste sie an die schmale Brust und rannte zurück in seine Schmiede.
»G eht hinunter und seht, was Meister Albar mit denen macht, die nicht gehorchen«, rief Sahif und bog rasch in die nächste Gasse ein.
Er konnte nicht mehr tun, als seinem Halbbruder und dessen Schergen ein paar Knüppel zwischen die Beine zu werfen, auch wenn er sich darüber klar war, das das eher ein dürrer Zweig als ein Knüppel war. Und eigentlich geht dich die Sache nichts an, dachte er. Aber etwas in ihm widersprach: Es war seine Familie, die diese Stadt und das ganze Land mit Krieg überzog, es ging ihn sehr wohl etwas an, ob er wollte oder nicht. Er rief die Schatten und kehrte zur Straßenecke zurück. Die Krieger stampften hinunter zum Hafen. Vielleicht würde Meister Albar doch ernste Schwierigkeiten bekommen.
Aber der Krieg war das eine, die Pläne seiner Schwester Shahila das andere. Wenn sie den Schlüssel in die Finger bekam, würde das Ende der Welt bringen. Er musste Jamade aufhalten. Aber wie sollte er sie finden? Sie war ein Schatten und eine Gestaltwandlerin. Er konnte an ihr vorüberlaufen, ohne es zu bemerken. Dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen: Er kannte doch ihr Ziel– Atgath. Dort konnte er sie abfangen, und wenn nicht sie, dann vielleicht seine Schwester. Er blieb stehen. Dieser Gedanke war neu, und er gefiel ihm nicht, vielleicht gerade, weil er so einleuchtend war: Er konnte Shahila töten.
Er hastete weiter. Er war mit Ela Grams verabredet und wollte sie nicht im Stich lassen, auch wenn er eigentlich keine Zeit hatte, sich mit dem Köhlermädchen aufzuhalten. Vielleicht konnte er sie in der Obhut von Hanas Aggi lassen. Aber als er weiter durch die brennende Stadt rannte, wurde ihm klar, dass ihm auch dieser Gedanke nicht gefiel.
***
Die Stadtmauer ragte hoch vor ihnen in den Nachthimmel. Jamade musste plötzlich grinsen. Die Felisaner hatten sich da eine sehr schöne, starke Mauer gebaut, aber genutzt hatte sie ihnen nichts. Sie lauschte auf den Lärm aus der Stadt. Die Kämpfe hatten sich in die oberen Viertel verlagert. »A m Nordtor wird auf jeden Fall noch gekämpft«, stellte sie fest.
»D ann gehen wir über die Mauer?«, fragte Askon.
In den Wachtürmen brannte Licht, doch die Mauern wirkten verlassen.
»W ir brauchen ein Seil«, meinte Jamade.
»H e, Erigar, geht und fragt die freundlichen Bürger dieser Straße, ob sie ein Seil für uns haben.«
Erigar grinste breit. »F ragen, Kapitän?«
»N un macht schon, wir sind in Eile!«
»A ye, Käpt’n.«
Der Westgarther teilte ihren kleinen Trupp in zwei Gruppen auf, und dann »f ragten« sie. Jamade hörte das Holz splittern, als sie die ersten Türen einschlugen.
»W ie weit ist es nach Atgath?«, fragte Askon.
»N icht weit. In zwei Tagen können wir da sein– wenn die Straße frei ist.«
»W ir werden sie schon für dich frei räumen, Jamade.«
Jamade hätte gerne gesagt, wie froh sie war, dass Askon sie begleitete, schwieg aber lieber, bevor sie wieder etwas Falsches sagte. Wäre sie Aina, hätte sie sich jetzt wohl an ihn geschmiegt, ihn geküsst, vielleicht sogar geliebt, während aus den Häusern das Gebrüll der Männer und das Gejammer der Bürger
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