Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Prinz in meinem Maerchen - Roman

Der Prinz in meinem Maerchen - Roman

Titel: Der Prinz in meinem Maerchen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Dillon
Vom Netzwerk:
ihr eher unangemessen vor, als sei sie an der Uni dabei erwischt worden, wie sie sich die Zulassung erschwindelt hatte – was dank eines grausamen Zufalls in der Tat einer ihrer wiederkehrenden Alpträume war.
    Als sich Lilys Schluchzen langsam zu einem Schluckauf verwandelte, zermarterte sich Anna das Hirn, was sie sagen sollte, doch sie fand nichts Geeignetes. Ihr war immer wieder eingebläut worden, Kinder nicht anzulügen oder ihnen nichts zu versprechen, was sich nicht einhalten ließ – insbesondere, wenn man keine Ahnung hatte, wie die Situation in der Küche war. Doch Anna ertrug es nicht, Lily so zu sehen.
    Sie fragte sich, wie lange es wohl dauern würde, bis Phil und Sarah auffiel, dass Lily sich aus der Küche gestohlen hatte.
    Zitternd atmete Lily ein paar Mal tief ein, bevor sie dann zu Anna aufsah und darauf wartete, dass sie etwas sagte. Tränen standen in ihren großen Augen.
    Aus der Verzweiflung heraus, Lily zu beruhigen und die Trauer zu lindern, ertappte sich Anna dabei, wie sie möglicherweise ein wenig übereilt das sagte, was ihr auf dem Herzen lag, und nicht etwa das, was sie sich sorgsam in ihrem Kopf zurechtgelegt hatte. »Ganz gleich, was passiert: Alles wird gut. Wir alle lieben dich, Lily. Alles wird gut.«
    »Aber was ist, wenn Mum in Amerika bleibt? Will sie lieber dort eine Familie haben als hier? Müssen wir jetzt für immer hierbleiben?«
    Anna schob Lily eine Locke hinter das Ohr und versuchte, den Schmerz angesichts dieser Andeutung nicht an sich herankommen zu lassen – dass nämlich die Mädchen wie ein Hund in Quarantäne die Zeit hier gezwungenermaßen absaßen. »Ich weiß nicht, was sie vorhat, aber ich bin mir ganz sicher, dass sie nichts tun wird, ohne es vorher mit dir, Chloe und Becca zu besprechen.«
    »Was ist denn, wenn uns das neue Baby nicht leiden kann?«
    »Lily?« Die Küchentür wurde aufgerissen, und Sarah tauchte im Türrahmen auf, umgeben von grellem Licht. Statt der dezenten, indirekten Beleuchtung waren alle Deckenstrahler auf einmal angeschaltet worden. Phil hatte nie durchschaut, wie er das Licht richtig anmachen sollte.
    Sarah trug ein teures, zweiteiliges Strickkleid, das den Hauch eines Babybauchs andeutete. Sie sah müde aus, und ihre Wagenknochen traten schärfer als sonst in ihrem ohnehin schon spitzen Gesicht hervor. Ihr Haar hatte seine gewohnte Sprungkraft verloren, das Gesicht war gerötet und ihre Miene vor Frust verzerrt. Bevor sie Anna auf der Treppe entdeckte, fuhr sie sich mit einer Hand durchs Gesicht und schloss kurz die Augen.
    Anna hörte Phil rufen, »Sarah, ich geh …«, doch schon schnappte Sarah zurück, »Nein, lass mich!«. Als sie sich wieder umdrehte, fiel ihr Blick auf Anna, die mit ihrem kleinen Mädchen kuschelte. Mit einem Schlag wurde ihre Miene ausdruckslos.
    Anna war schon klar, wie schrecklich dies auf Sarah wirken musste – wie sie Lily tröstete, ihr wahrscheinlich alles Mögliche einredete –, doch dieses Mal scherte sie sich nicht darum. Lily zuliebe ertrug sie den Schmerz. Welche Mutter war denn bitte so mit Schimpfen beschäftigt, dass sie nicht merkte, wenn ihr kleines Mädchen weinend davonlief?
    Sarah reagierte jedoch nicht so abwehrend, wie Anna es an ihrer Stelle getan hätte. Außerhalb von Phils Sichtweite machte sie keinen Hehl mehr aus ihrer Müdigkeit und lächelte Anna erschöpft an.
    »Hi Anna«, grüßte sie entspannter, als Anna es in ihren eigenen vier Wänden war. »Ich habe gar nicht gehört, dass du reingekommen bist.«
    »Hier drinnen ist es ziemlich laut«, erklärte Anna so gelassen wie möglich. »Ist alles in Ordnung?«
    »Alles bestens.« Sarahs Gesichtsausdruck wurde milder, als sie die Arme ausbreitete. »Komm her, Lily, wir müssen uns miteinander unterhalten«, sagte sie. »Wir beide allein. Nur du und ich.«
    Lily bewegte sich keinen Zentimeter. Zwar klammerte sie sich nicht enger an Anna, doch sie erhob sich auch nicht.
    Anna sah auf ihren kleinen Kopf hinunter. Lilys spitze Nase zeigte in Richtung des Treppengeländers, als sie erbittert auf die Stufen starrte. Anna wusste, dass sie sich besser aus allem raushalten sollte, doch irgendetwas wollte sie nur widerwillig von Lilys Seite weichen lassen. Ihr war klar, dass Lilys sorgsam geordnete Welt ihrer Schmusetiere gerade wieder einmal vollkommen auf den Kopf gestellt wurde.
    »Komm, Lilybella«, rief Sarah beschwingt, ganz die erfahrene Mutter. »Was ist mit Mrs. Piggle? Sollen wir ihr die tollen Nachrichten erzählen gehen? Und

Weitere Kostenlose Bücher