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Der Prinz in meinem Maerchen - Roman

Der Prinz in meinem Maerchen - Roman

Titel: Der Prinz in meinem Maerchen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Dillon
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sehen, was sie dazu sagt?«
    Das reichte. Lily schlängelte sich aus Annas Armen, rannte den Flur hinunter und klammerte sich wie ein Seestern an Sarah. »Ich hab dich lieb, Mummy, ich hab dich lieb«, brabbelte sie, und Sarah beugte sich vor, um Lily einen Kuss auf die Stirn zu geben. Dabei konnte sie ihre eigenen Tränen kaum verbergen.
    »Du bist doch mein Baby und wirst es immer bleiben, Lily«, wiederholte sie immer wieder, während sie verschmolzen, eins wurden und die chaotische, instinktive, bedingungslose Mutter-und-Tochter-Liebe deutlich sichtbar wurde.
    Anna kam sich wie ein Eindringling vor. So rutschte sie von der Stufe hinunter und taumelte den Flur entlang – wie zerschlagen von zu vielen unterschiedlichen Gefühlen. Das war alles, wonach sie sich immer gesehnt hatte: von einer einzigen Person so dringend gebraucht zu werden, von jemandem, für den sie das Wichtigste war, für den sie die Welt auf den Kopf stellen würde, Stein für Stein. Sie packte Pongo am Halsband und ließ ihn in die Küche, wo Chloe, Becca und Phil stumm in verschiedene Richtungen starrten.
    Chloes Wimperntusche war quer über ihre Wangen verschmiert, doch Beccas Blick war kühl und abwesend, als würde sie die Lage sondieren und alles mit ihrem analytischen Juristenverstand verarbeiten. Phil sah auf, als Anna hereinkam, und sofort entspannte sich sein Blick ein wenig zu einer Art ruheloser Erleichterung.
    Er erwartet von mir, dass ich das Problem aus der Welt schaffe , wurde Anna plötzlich klar. Er ist froh, dass ich da bin, weil er von mir erwartet, dass ich mich mit dem Problem auseinandersetze. Dabei ist ihm scheinbar nicht einmal in den Sinn gekommen, wie ich mich bei dem Ganzen fühle, was das für mich, für uns und unser Baby bedeutet.
    Eine Sekunde lang hielt sie den Atem an, in der sich ihr eigener Schmerzensschrei in ihrem Kopf fortsetzte wie ein Ring aus Zigarettenqualm.
    Dann zwang sie sich, alles herunterzuschlucken, und wandte sich den erschütterten, niedergeschlagenen Mienen rund um den Tisch zu.
    »Soll ich Teewasser aufsetzen?«, fragte sie.
    Später am Abend, Anna lag mit ihrem Kopf auf Phils Brust, hörte sie ihm beim Atmen zu. Er tat so, als sei er kurz davor einzuschlafen, doch sie wusste genau, dass es nicht so war, da er nicht schnarchte.
    »Wie lange bleibt sie?«, flüsterte sie.
    Sarah schlief in Beccas Doppelbett. Becca hatte ihre Schlafstätte für diese Nacht geräumt und schlief nun bei Chloe in deren Doppelbett, zusammen mit den Lichterketten, die Chloe um den Bettrahmen gewickelt hatte. Pongo war bei Lily und ihren dreihundert Stofftieren, was eigentlich allen offiziellen Regeln widersprach. Lily hatte darauf bestanden, dass Sarah ihr in Anwesenheit von Phil die Gutenachtgeschichte vorlas. Anna wurde nicht gebraucht.
    »Sie muss morgen schon wieder zurückfliegen. Irgendetwas Dringendes mit der Arbeit.«
    »Wie schade«, flüsterte Anna zurück. »Sie hätte vielleicht das Wochenende über bleiben können. Dann hätte sie mit Chloe zum Vorsingen gehen, Becca in Französisch abfragen und die Wäsche machen können.«
    Phil rollte sich auf die Seite und musterte sie. Anna schmiegte sich an seinen warmen Körper, damit sie ihm nicht in die Augen sehen musste. Sie war immer noch nicht sicher, was ihre Miene verraten würde, wenn sie sich einen Moment lang einmal nicht darauf konzentrieren würde, verständnisvoll und ruhig zu wirken.
    Ihr war klar, dass sie genau das ausstrahlen sollte. Innerlich sah es bei ihr jedoch ganz anders aus. Nach einem kurzen, sehr schmerzlichen Gespräch mit Sarah über Folsäure und den Mutterschutz hatte sie sich entschuldigt, um ein Bad zu nehmen. Während der zwanzig Minuten, die Anna allein im Badezimmer gewesen war, hatte sie versucht, den Schock, ihre Wut, die Enttäuschung und ihren Kummer zu bewältigen. Danach war sie wieder nach unten gegangen und hatte für alle Abendessen gekocht, weil sie dadurch dem Wohnzimmer entkommen konnte, wo Chloe und Becca meisterhaft alle Versuche Sarahs an sich abprallen ließen, ein freundliches Gespräch über die anstehenden Prüfungen anzuleiern. Lily mochte ihrer Mutter vergeben haben, die beiden jedoch nicht. Noch nicht.
    Das Abendessen überstanden sie ohne einen weiteren Streit, weil Anna jede nur mögliche Frage über das Leben, die Behörden, Drogeriemärkte und so weiter in Amerika stellte, um bloß keine peinliche Stille entstehen zu lassen. Alles war besser als das wütende Schweigen der Mädchen. Nachdem diese eine

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