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Der Prinz in meinem Maerchen - Roman

Der Prinz in meinem Maerchen - Roman

Titel: Der Prinz in meinem Maerchen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Dillon
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meine Eltern angerufen und sie angefleht, mich abholen zu kommen. Mein Vater hat geantwortet ›Natürlich, Annie, wir kommen dich am Wochenende holen.‹ Und weißt du, was an jenem Wochenende passiert ist?«
    »Keine Ahnung«, erwiderte Becca gedämpft.
    »Da war ich auf einer Party und hatte ihre Ankunft ganz vergessen.« Anna ließ Becca los und sah ihr in die Augen. »Ruf mich an, wenn du nach Hause kommen willst«, forderte sie sie auf. »Du kannst mich jederzeit anrufen, wenn du irgendetwas brauchst.«
    Becca lächelte mit zusammengepressten Lippen.
    »Ich wollte gerade nach Butterfield hinauffahren, um den alten Leuten etwas vorzulesen«, fuhr Anna fort. »Willst du mitkommen?«
    »Nicht unbedingt.«
    »Komm, mach schon. Dann kannst du deine Oma noch einmal sehen, bevor du losfährst. Außerdem finde ich es schön, dir beim Vorlesen zuzuhören. Eine halbe Stunde Pause würde mir ganz guttun.«
    »Na gut«, gab sich Becca geschlagen. »Aber keine Schullektüre!«
    Falls Anna darauf gehofft hatte, dass Evelyn sich am Vorabend von Beccas Abreise von ihrer sanften großmütterlichen Seite zeigen würde, so wurde sie bitter enttäuscht.
    Anna und Becca warteten im Aufenthaltsraum und unterhielten sich mit Mr. Quentin, der Tarvish fröhlich auf seinem Schoß sitzen hatte, als Evelyn völlig ungeniert in die Vorlesestunde hineinplatzte. Sie ließ den Blick durch den Saal schweifen und seufzte enttäuscht, als sie Anna entdeckte. Für Becca brachte sie zumindest ein kühles Lächeln zustande.
    »Hallo Evelyn«, begrüßte Anna sie. »Du trägst ja gar nicht deinen neuen Schal!«
    »Wenn ich in meinem Kleiderschrank etwas finden sollte, das farblich dazu passt, wird er das Erste sein, wonach ich greifen werde«, erwiderte sie vernichtend und konzentrierte ihre Aufmerksamkeit dann auf Becca. »Du siehst blass aus«, ließ sie sie wissen. »Zu viele Nächte durchgefeiert?«
    »Ich habe an meiner Leseliste gesessen«, entgegnete Becca. »Ich muss noch ziemlich viel tun, bevor es losgeht.«
    »Zu viel Lernen macht nicht hübscher. Niemand mag Klugscheißer. Besonders Männer nicht.«
    »Falsch«, ertönte es von Mr. Quentin aus seinem Ohrensessel. »Ich finde nichts interessanter als eine Dame, mit der man über ein gutes Buch diskutieren kann. Umso besser, wenn sie viel weiß.«
    Er zwinkerte Anna und Becca zu, die mit einem Lächeln antworteten. Mr. Quentin schien jedes Mal aufzuleben, wenn Tarvish zu ihm kam, dachte Anna – als ob sein Hund ihn an glücklichere Zeiten erinnern würde.
    Evelyn zog die Augenbrauen hoch. »Bleibt dieses … Ding während der Vorlesestunde etwa hier?«, fragte sie und betonte dabei jedes einzelne Wort. Sie unterstellte gern, dass alle außer ihr entweder taub oder geistig gestört waren. »Ist es denn hygienisch , Tiere auf den Möbeln sitzen zu lassen?«
    »Nicht unhygienischer als inkontinente alte Frauen«, entgegnete Mr. Quentin.
    »Meinen Sie damit etwa mich?«, keifte Evelyn empört, doch Anna unterbrach sie sofort.
    »Becca wird heute für uns vorlesen«, verkündete sie. »Das ist ihre letzte Vorlesestunde, bevor sie zur Universität geht. Vielleicht möchten Sie ihr alle viel Glück wünschen.«
    Eine Woge des Applauses ertönte, und einige der versammelten Senioren murmelten anerkennend. Schüchtern zog Becca angesichts der Aufmerksamkeit, die ihr zuteilwurde, die Schultern hoch.
    »Was möchtest du vorlesen?«, fragte Anna sie. »Dieses Mal gab es keine Wünsche.« Sie reichte ihr einen Erzählband, mit dem sie oft arbeiteten. Becca blätterte durch die Seiten und hielt dann plötzlich inne.
    »Ich werde das hier lesen«, erklärte sie und sah kurz zu Anna hinüber. »Für dich – es ist eine deiner Lieblingsgeschichten. Betty und ihre Schwestern .«
    Anna lehnte sich in ihren Sessel zurück, als Becca begann vorzulesen. Sie besaß eine sehr selbstbewusste Lesestimme, betonte wie in Longhampton typisch die Vokale und rollte leicht das R. Anna fragte sich unweigerlich, wie viel davon wohl noch übrig war, wenn sie nach dem ersten Semester heimkommen würde.
    Sie hatte das Kapitel ausgewählt, in dem Betty in den »Palast« – wie die March-Kinder das riesige Haus der Laurences immer nannten – hinüberlief, um dort auf dem großen Flügel zu spielen; dies war eines von Annas Lieblingskapiteln. Die bescheidene, aber talentierte Betty hatte etwas an sich, das Anna an Lily erinnerte – sie konnte sich gut vorstellen, wie Lily in einem leeren Haus ganz allein für sich spielte

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