Der Prinz in meinem Maerchen - Roman
von Shakespeares Werken wieder gegangen waren, stellte Anna weitere Buchbouquets zusammen – ein Paket mit Krimis für den Sonntagnachmittag, bestehend aus Miss Marple, Lord Peter Wimsey von Dorothy L. Sayers, Hercule Poirot und den Fünf Freunden; ein Romantikbouquet mit weißen und rosafarbenen Taschenbüchern von Georgette Heyer, Barbara Cartland und Jilly Cooper, das mit Englische Liebschaften von Nancy Mitford sowie einer Packung Brauseherzen abgerundet und mit einem silbernen Band zusammengebunden wurde.
Anna war gerade damit beschäftigt, das Krimibouquet mit einer Packung Toffeebonbons zu versehen, als ein Mann in einem Anzug den Laden betrat und direkt an die Verkaufstheke trat, ohne sich im Geschäft umzuschauen.
Anna sah auf und wollte den Kunden anlächeln, hielt dann jedoch inne. Anders als andere Kunden blieb er nicht stehen und nahm sich Zeit, Michelles sanftes, aber sehr einladendes Farbkonzept zu bewundern. Stattdessen schien er eher verärgert zu sein.
»Kann ich Ihnen helfen?«, wandte sich Anna an ihn und musterte ihn von Kopf bis Fuß. Er schien deutlich zu jung zu sein, um zu jener Gruppe von Männern zu gehören, die sich darüber beschwerten, wo die Bücher über Panzer abgeblieben waren – das hatten sie immerhin bislang dreimal erlebt. Doch sein Anzug erwies sich auf den zweiten Blick als Tweedsakko. »Suchen Sie etwas Bestimmtes?«
Er öffnete den Mund, um zu antworten, schaute dann aber zur Seite, als sei ihm gerade erst etwas aufgefallen. »Was ist mit den Büchern über Militärgeschichte passiert?«, fragte er. »Die standen doch sonst immer hier direkt an der Verkaufstheke.«
»Wir haben umgeräumt«, erklärte Anna lächelnd. »Diese finden Sie nun im hinteren Verkaufsraum.«
»Hmmm. Und was ist mit der Marinegeschichte?«
»Ebenfalls im hinteren Verkaufsraum. Dort steht auch ein gemütlicher Sessel. Wir fanden es für die Geschichtsliebhaber netter, wenn es die Möglichkeit gibt, sich bei der Lektüresuche hinzusetzen.«
Der Mann sah sich weiter im Geschäft um – auf sehr besitzergreifende Weise, wie es einige der Stammkunden getan hatten. »Mir gefällt, was Sie mit den Bücherregalen gemacht haben«, befand er. »Die Einteilung und Beschriftung ist klar und eindeutig. Man weiß genau, wo man etwas finden kann. Haben Sie den Buchbestand aufgefüllt?«
»Wir haben eher den alten Bestand neu geordnet«, erwiderte Anna und freute sich, dass dem Mann dies aufgefallen war. »Dieser war nämlich eigentlich ziemlich umfangreich.«
»Sehr gut.« Er machte einen Schritt auf die Abteilung »Lokales« zu, kehrte dann aber wieder an die Verkaufstheke zurück. »Eigentlich suche ich Mrs. Nightingale«, erklärte er stattdessen. »Ist sie da?«
»Sie ist nebenan bei Home Sweet Home , aber sie ist wegen Terminen immer mal wieder unterwegs.«
Anna zermarterte sich das Hirn, wer dieser leicht aufgeblasene Kerl sein könnte – und wie sie am besten auf ihn reagieren sollte. Möglicherweise war er ein Vertreter oder jemand von der Stadtverwaltung. Der hochgewachsene Mann war etwa in ihrem Alter und sah ziemlich gut aus. Er hatte ein kantiges Gesicht und dunkelblondes Haar, das ihm immer wieder in die Augen fiel. Mit einer automatischen Geste schob er es zurück.
»Aber vielleicht kann ich Ihnen ja weiterhelfen?«, fuhr sie fort. »Ich bin die Geschäftsführerin.«
»Ja, in dem Fall durchaus«, antwortete er. »Es geht um den Kistenstapel im Gemeinschaftsflur, der zur Wohnung oben hinaufführt. Die Kisten blockieren den Durchgang.«
»Das tut mir wirklich sehr leid«, entschuldigte sich Anna, halb erleichtert, halb schuldbewusst. »Die werden heute Abend noch weggeräumt. Wir haben leider nur sehr wenig Lagerraum – die Versiegelung des Holzbodens im hinteren Zimmer ist leider nicht so schnell getrocknet, wie der Handwerker gehofft hatte, sodass wir die letzten Regale noch nicht wieder einräumen konnten. Michelle hatte vorgeschlagen, die Bücherkisten ein paar Tage lang im Flur zu stapeln, damit wir …«
»Die Kisten verstoßen gegen die allgemeinen Brandschutzbestimmungen«, erklärte der Mann. »Außerdem kommt man mit einem Kinderwagen normalerweise schon kaum die Treppe hinauf, sodass das Ganze eine ziemlich nervige Angelegenheit ist. Ich habe mir eine große Schürfwunde am Bein eingehandelt, als ich versucht habe, den Buggy so klein zusammenzufalten, dass ich damit an dem Kistenstapel vorbeikommen konnte.«
Anna taumelte ein wenig zurück. Ein Kinderwagen? Ihr war bisher
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