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Der Prinz in meinem Maerchen - Roman

Der Prinz in meinem Maerchen - Roman

Titel: Der Prinz in meinem Maerchen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Dillon
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Wenn Kelsey nicht so ein hervorragendes Gespür für die fünfzehn- bis vierundzwanzigjährigen Kunden besäße, hätte Michelle sich ernsthafte Gedanken machen müssen, ob sie ein derart divenhaftes Verhalten wie dieses akzeptieren konnte. Insbesondere, da sich Becca immer mehr als eine überaus clevere und aufgeweckte Verkaufshilfe erwies.
    »Ich muss los, Michelle«, erklärte Anna stirnrunzelnd, nachdem sie einen Blick auf die Uhr geworfen hatte. »Ich muss mit Lily direkt weiter zu einem Arzttermin, und du weißt ja, wie das ist, wenn man da nur wenige Minuten zu spät kommt.«
    »Dann ab mit dir!«, erwiderte Michelle. »Du musst dich auch nicht abhetzen, nach dem Termin noch einmal herzukommen – ich werde den Laden heute Abend absperren. Und du«, wandte sie sich an Kelsey, »du schaust, dass du nach nebenan kommst und dort ein paar Sachen verkaufst!«
    Kelsey grinste und wankte auf ihren hohen Absätzen hinaus.
    »Bis später!« Anna schnappte sich ihre Handtasche und stürzte los.
    »Ich erwarte, mindestens einem kopflosen Reiter zu begegnen«, rief Michelle den beiden hinterher.
    Nachdem die beiden fort waren, schlenderte Michelle durch das Geschäft, ordnete einige der ausgelegten Buchstapel neu und wischte hier und da ein Stäubchen von den Regalen.
    Schon die ganze Woche über hatte sie sich Gedanken über den Buchladen gemacht. Die Freitagabende verbrachte Michelle für gewöhnlich immer damit, ihre Verkaufszahlen durchzuarbeiten auf der Suche nach Schwankungen, Verkaufsschlagern und Ladenhütern. Dies tat sie mit der gleichen Begeisterung, mit der sie sich zu Schulzeiten für die Top-40-Hitparade interessiert hatte. Obwohl sich die Verkaufszahlen des Buchladens deutlich besser als erhofft entwickelt hatten, kratzten sie gerade mal an den schwarzen Zahlen. Das war einfach nicht genug, um das Geschäft nach dem vereinbarten Jahr weiterhin als Buchladen zu führen – vielleicht war nicht einmal dieses eine Jahr zu schaffen.
    Annas ansteckende Begeisterung hielt den Laden im Augenblick am Leben – ihre handgeschriebenen Poster, die spontanen Diskussionen über Bücher, ihre Leseempfehlungen. Manche Leute kamen aber auch nur aus purer Neugier vorbei. Doch Michelles Instinkt riet ihr, sich irgendeine Aktion einfallen zu lassen, um die Buchverkäufe anzukurbeln, wenn sie den Laden halten wollte. Würde sie ihn vor dem vereinbarten Jahr schließen müssen, könnte Rory wieder den Moralapostel spielen und den Buchladen an jemand anderen vermieten.
    Michelle schüttelte den Stapel flauschiger Mohairdecken neben der Tür auf – die »Lesedecken« – und kaute auf ihrer Lippe herum. Die Decken trugen eine ganze Menge zum Umsatz bei. Am vergangenen Wochenende hatte sie eine Fachmesse in York besucht und beinahe den gesamten Bestand eines Teppichknüpfers aufgekauft, der wunderschöne Bettvorleger aus recycelten Reststoffen herstellte. Einige der Teppiche könnte sie zum Beispiel auf dem abgeschliffenen Holzboden auslegen und einen Korb mit weiteren Teppichen neben die Verkaufstheke stellen.
    Der Tisch mit den Gedichtbänden würde dafür wohl weichen müssen. Michelle überlegte, wie sie Anna dies erklären sollte, und beschloss kurzerhand, die Entscheidung gleich an Ort und Stelle zu treffen. Vielleicht würde es Anna nicht einmal auffallen.
    Sie räumte die Gedichtbände beiseite und wollte gerade den Tisch forträumen, als sie im hinteren Zimmer ein Geräusch hörte, das sie innehalten ließ. Es klang, als sei ein Buch aus einem Regal gefallen.
    Michelle setzte den Tisch wieder ab und sah sich um, ob sich vielleicht ein beschämter Kunde im Raum befand. Seitdem sie hier war, hatte erst eine Kundin den Laden betreten, die jedoch sogleich enttäuscht wieder gegangen war, weil Anna nicht da war und dementsprechend keine Empfehlungen aussprechen konnte. Was aber nicht bedeuten musste, dass sich im hinteren Verkaufsraum niemand befand. Dies war der Nachteil der bequemen Sessel – sie ermunterten die Leute, es sich dort stundenlang bequem zu machen und zu lesen.
    Eigentlich war Michelle keine nervöse Person, und sie war oft noch im Buchladen, nachdem Home Sweet Home schon lange geschlossen hatte, um die Schaufensterauslage neu zu dekorieren. Doch die Vorstellung, dass jemand hier in diesem Laden herumlungerte, war beunruhigend. Vielleicht lag es an all den Büchern. Nebenan war alles sauber und ordentlich wie bei ihr zu Hause, doch der Buchladen strahlte eine andere Atmosphäre aus. Viel nachdenklicher …

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