Der Prinz in meinem Maerchen - Roman
ich halte es dennoch für besser, als den armen Kerl weiterhin im Zwinger leben zu lassen. Aber wo wir gerade beim Thema sind …« Sie warf einen Blick auf ihre Uhr. »Ich muss jetzt zu Rorys Wohnung und dort alles auf die Hundesicherheit checken.«
»Ich fahre Sie hin«, bot sich Michelle an. »Er hat seinen Schlüssel im Laden gelassen, falls er bei Ihrem Besuch noch nicht zu Hause sein sollte. Müssen Sie auch mit ihm persönlich reden?«
»Mit Rory? Nein.« Rachel grinste. »Wir kennen ihn im Tierheim ziemlich gut. Er ist einer unserer Ehrenamtlichen und geht am Wochenende mit den Hunden Gassi. Früher ist er immer mit Mrs. Quentin zusammen gekommen, nachdem sie ein wenig tatterig geworden war und es allein nicht mehr geschafft hat. Er ist ein netter Kerl.«
Michelles Geschäftssinn meldete sich plötzlich zu Wort. Was würde ein besorgter Nachbar wie Rory eigentlich erben, wenn Mr. Quentin einmal sterben sollte? Er war ja bereits als Verwalter des Hauses eingesetzt. Vielleicht verbarg sich eine Absicht hinter seinen Gassi-Spaziergängen? Eine Langzeitstrategie?
»Ja«, erwiderte Michelle zögerlich. »Ein netter Kerl.«
Im Buchladen setzte Anna ihre Tasche auf der Theke ab und starrte Kelsey an, doch diese hatte das Telefon zwischen ihr Ohr und die Schulter geklemmt und schob sich in aller Ruhe die Nagelhaut zurück. Ihrem Tonfall nach zu urteilen unterhielt sie sich gerade mit ihrer sehr geduldigen besten Freundin Shannon, die auf der anderen Straßenseite im Imbiss arbeitete.
»Ist Michelle nicht da?«, fragte Anna, erhielt jedoch keine Antwort.
Sie fragte sich, ob sie ein Buch über Zeichensprache ausfindig machen sollte, damit sich Kelsey und Shannon einfach nur in ihrem jeweiligen Laden ins Schaufenster setzen und einander Zeichen geben mussten. Ihre Hände wären ununterbrochen in Bewegung, dachte sie. Wie bei diesen Französinnen, die neben den Guillotinen standen und strickten.
»… und ich dann so, ›Ich kann Ethan treffen, wann ich will, Jake, schließlich bin ich nicht dein Eigentum‹, und er darauf, ›Hör zu, Kelsey, ich bin in der Beziehung nicht ganz so cool …‹«
Anna räusperte sich laut und starrte Kelsey an, bis diese sich umdrehte. »Hör mal, Shannon, ich rufe dich später zurück, ja klar, bin bei der Arbeit«, erklärte sie daraufhin schnell und legte auf.
»Ist Michelle gar nicht da?«, wiederholte Anna. Es war schon beinahe Viertel nach zehn, und sie selbst hatte schon Verspätung gehabt.
»Nein, ihr Haus wird gerade von dieser Frau vom Hundeheim überprüft.« Kelsey sah aus, als habe sie entweder geweint oder eine sehr lange Nacht gehabt. Vielleicht auch beides. Ihre großen blauen Augen glänzten, und sie hatte Ringe darunter, die farblich an Pilze erinnerten. Anna hatte keine Ahnung, ob Ethan oder Jake Schuld daran hatten. Es war nicht leicht, diesbezüglich informationstechnisch immer auf der Höhe zu bleiben.
Gott sei Dank bleibt mir so etwas bei Becca erspart, dachte Anna und war erleichtert, eine so fleißige Stieftochter zu haben. Und sie hoffte, dass Chloe sich auch weiterhin darauf konzentrierte, lieber den Chefjuror Simon Cowell beeindrucken zu wollen als irgendeinen der Jungs aus ihrer Stufe.
»Ist alles in Ordnung mit dir?«, fragte sie das Mädchen.
»Mir geht’s gut«, schniefte Kelsey.
»Schön. Hör mal, du könntest mir einen Gefallen tun.« Anna zog ein paar Karten sowie silberfarbene Stifte aus der Tasche. »Ich glaube, du hast bisher noch gar keine Buchrezensionen geschrieben, oder?«
»Ich lese keine Bücher«, erwiderte Kelsey beunruhigt.
»Jede Wette, dass du es doch tust! Was ist denn mit Harry Potter ? Oder mit etwas Lustigerem, wie zum Beispiel Die Schnäppchenjägerin von Sophie Kinsella? Ich vergrabe mich immer gern in netten Schmökern, wenn es draußen regnet und stürmt.«
»Vielleicht könnte ich Harry Potter lesen«, erklärte Kelsey zweifelnd. »Der erste Band war relativ kurz, oder?«
»Hey! Das ist genau die richtige Einstellung! Anschließend musst du nur diese Karte hier ausfüllen. Dafür muss man auch keine Doktorarbeit geschrieben haben.«
Unsicher betrachtete Kelsey die Karte. »Wie groß darf ich schreiben?«
»So groß du willst. Hier ist ein silbern schreibender Stift. Leg los!«, rief Anna aufmunternd.
Die Türklingel ertönte, und Michelle betrat, gefolgt von Rachel, den Buchladen. Beide telefonierten mit ihren Handys, obwohl Rachel schon wieder auflegte, bevor sie an die Kassentheke trat und
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