Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Prinz in meinem Maerchen - Roman

Der Prinz in meinem Maerchen - Roman

Titel: Der Prinz in meinem Maerchen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Dillon
Vom Netzwerk:
lächelte.
    Kelsey sah zu Michelle hinüber, die ein sehr lebhaftes Telefonat führte und dann in den hinteren Verkaufsraum trippelte.
    »Hallo!«, begrüßte Anna die beiden. Sie hatte den Buchladen blitzblank aufgeräumt, damit er so hundefreundlich wie möglich aussah, und einige Leckerlis von Pongo in der Schublade versteckt – für den Notfall.
    »Gute Morgen!«, erwiderte Rachel. »Können Sie uns den Hausschlüssel geben? Dann gehen wir kurz hoch, damit ich nachsehen kann, dass Rorys Wohnung nicht voller pelziger Tierchen und Fallen steckt.«
    »Was glauben Sie denn, dort oben vorzufinden?«, fragte Anna offen und direkt. »Was befindet sich wohl in Rorys Wohnung?«– das war ein weiteres beliebtes Spiel, wenn im Laden alles ruhig war. Sogar Becca beteiligte sich oft an den Spekulationen.
    »Schottische Langschwerter und Schachspiele? Oder Detektorradios und lebensgroße Dalek-Figuren?«
    »Rechtswissenschaftliche Texte und alte Ausgaben von Modelleisenbahn-Zeitschriften, denke ich doch.« Rachel lachte und stöberte in der Kiste mit den »Vier zum Preis von drei«-Kinderbüchern.
    »Ich stelle mir die Wohnung wie das Apartment von Lord Peter Wimsey von Dorothy L. Sayers vor«, antwortete Anna. »Mit vielen Büchern und anderen Gegenständen, die seinem Junggesellenstatus entsprechen.«
    Michelle hatte mittlerweile aufgelegt, riss die Augen auf und warf ihr einen »Wohl kaum«-Blick zu.
    Anna starrte finster zurück. Sie konnte sich nicht erklären, warum Michelle so schlecht auf Rory zu sprechen war. Hatte es vielleicht mit seinem Sohn zu tun? Sie hatte Michelle bereits mehrfach zu erklären versucht, dass Familienangelegenheiten oft kompliziert waren, doch Michelle schien an ihrer Überzeugung festzuhalten, als bräuchte sie händeringend einen Grund, um ihm zu misstrauen.
    »Rory schafft es nicht herzukommen«, erklärte Michelle und schob das Handy in ihre Tasche zurück. »Aber er will, dass ich Ihnen alles zeige. Sollen wir hochgehen?« Sie deutete nach oben.
    Anna beobachtete, wie Rachel und Michelle sich mit dem Schlüssel auf den Weg machten. Doch dann nahm ihre von Natur aus große Neugier überhand, und sie rief nach hinten.
    »Könntest du nach vorn an die Kasse kommen, Kelsey? Ich geh auch schnell mit nach oben!«
    Rorys Wohnung war genauso groß und gleich geschnitten wie die, in der sich Owen derzeit breitgemacht hatte – doch da hörten die Gemeinsamkeiten auch schon auf.
    An jeder Wand lehnten Bücherregale, und was nicht mit Büchern zugestellt war, war in einem gebrochenen Weiß gestrichen. Offensichtlich war schon seit vielen Jahren nicht mehr renoviert worden. Anna entdeckte Tapeten aus sämtlichen Jahrzehnten – grellbunte Siebzigerjahre-Muster im Bad oder kleine Blümchenmuster im Flur.
    An einer Wand hing ein Star-Wars -Laserschwert, im Flur ein Fahrradreifen, neben zwei großen Kisten mit verschiedenem Männerkram, die offenbar seit Rorys Einzug dort gestrandet waren. Die Luft roch nach Wäsche, die auf Heizkörpern trocknete; es war kein unangenehmer Geruch, nur ein Zeichen für leichte Unordnung. Zweifellos war dies die Wohnung, die Rory nach der Trennung in aller Eile bezogen und in die er sich nie richtig eingelebt hatte. Die Sympathie, die Anna für ihn hegte, stieg deutlich an, als sie die brandneue Kinderwiege sah, die noch eingepackt an einer Tür lehnte. Gekauft, aber ungebraucht.
    Sie warf Michelle einen langen Blick von der Seite zu und konnte ihr schon an der gerunzelten Nasenspitze ablesen, dass diese nicht nur die Wiege gesehen hatte. Michelle brannte es geradezu unter den Fingernägeln, hier aufzuräumen und obendrein den teilweise schreiend bunten Wänden einen neuen Farbanstrich zu verpassen.
    »Oh Gott, da werden Erinnerungen wach«, stöhnte Rachel. »Das Haus meines Mannes sah ganz genauso aus, als ich ihn kennengelernt habe. Junggesellen müllen alles zu. Jeder Flur gleicht dem Seitenarm eines Flusses, der den Zugang zu anderen Zimmern zu versperren droht.«
    Aus den Augenwinkeln heraus sah Anna, wie Michelle ein Geschirrtuch vom Boden aufhob und es dann, mangels eines Hakens, an die Türklinke hängte.
    »Kennen Sie Rory schon lange?«, fragte sie Rachel.
    »Ziemlich lange«, erwiderte diese und ging der Reihe nach ein paar Antwortkästchen durch. »Früher ist er immer zusammen mit seiner Freundin mit den Hunden Gassi gegangen. Nachdem er und Esther sich dann getrennt hatten, kam er immer mit Agnes her. Sie und Cyril haben ihm die Wohnung hier angeboten.

Weitere Kostenlose Bücher