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Der Prinz und der Soeldner

Der Prinz und der Soeldner

Titel: Der Prinz und der Soeldner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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Dinner.«
    »Jawohl. Adieu.«
    Eine Stimme aus einer anderen Welt. Dabei war Vorbarr Sultana nur ein paar Stunden suborbitalen Fluges entfernt. Theoretisch. Irgendwie war es tröstlich für Miles, daran erinnert zu werden, dass nicht der ganze Planet auf die bleigrauen Horizonte von Kyril zusammengeschrumpft war, auch wenn es für ihn so aussah.
    Miles hatte den Rest dieses Tages Schwierigkeiten, sich auf das Wetter zu konzentrieren. Glücklicherweise schien dies sein Vorgesetzter nicht sehr zu bemerken. Seit dem Versinken des Scatcats neigte Ahn dazu, ein schuldbewusstes, nervöses Schweigen um Miles herum zu bewahren, außer wenn er direkt um spezifische Informationen angegangen wurde. Als der Dienst zu Ende ging, machte sich Miles direkt auf den Weg zum Lazarett.
    Der Arzt arbeitete noch oder saß zumindest an der Konsole auf seinem Schreibtisch, als Miles seinen Kopf durch die Tür streckte. »Guten Abend, Sir.«
    Der Sanitätsoffizier blickte auf. »Ja, Fähnrich? Um was geht es?«
    Miles nahm dies als ausreichende Einladung, obwohl die Stimme des Arztes wenig ermutigend klang, und schlüpfte ins Zimmer. »Ich habe mich dauernd gefragt, was Sie über den Burschen herausgefunden haben, den wir heute morgen aus dem Durchlass zogen.«
    Der Arzt zuckte die Achseln. »Da gab es nicht so viel herauszufinden. Seine Identität wurde überprüft. Er starb durch Ertrinken. Alle physikalischen und metabolischen Spuren – Stress, Unterkühlung, Hämatome – stimmen damit überein, dass er etwas weniger als eine halbe Stunde vor seinem Tod dort drinnen steckenblieb. Ich habe auf Unglücksfall mit tödlichem Ausgang entschieden.«
    »Ja, aber warum?«
    »Warum?« Der Arzt hob die Augenbrauen. »Er hat sich selber zur Leiche gemacht, da werden Sie schon ihn selbst fragen müssen, oder?«
    »Wollen Sie das nicht herausfinden?«
    »Zu welchem Zweck?«
    »Nun ja … um es zu wissen, nehme ich an. Um sicher zu sein, dass Sie recht haben.«
    Der Arzt blickte ihn gleichgültig an.
    »Ich stelle nicht Ihre medizinischen Feststellungen in Frage, Sir«, fügte Miles hastig hinzu. »Aber es war doch so verdammt sonderbar. Sind Sie nicht neugierig?«
    »Nicht mehr«, sagte der Arzt. »Ich bin zufrieden, dass es kein Selbstmord war und kein Verbrechen, also, wie auch immer die Einzelheiten aussehen mögen, es läuft am Ende auf Tod durch Dummheit hinaus, nicht wahr?«
    Miles fragte sich, ob dies auch das endgültige Verdikt des Arztes über ihn selber gewesen wäre, wenn er sich mit dem Scatcat versenkt hätte.
    »Vermutlich, Sir.«
    Als er danach in dem feuchten Wind vor dem Lazarett stand, zögerte Miles. Die Leiche war schließlich nicht sein persönliches Eigentum.
    Hier galt nicht: wer etwas findet, der darf es für sich behalten. Er hatte die Angelegenheit der zuständigen Instanz übergeben. Sie war jetzt nicht mehr in seinen Händen. Und dennoch …
    Es waren noch einige Stunden Tageslicht übrig. Miles hatte sowieso Schwierigkeiten einzuschlafen, an diesen fast endlosen Tagen. Er kehrte in seine Unterkunft zurück, zog Trainingshosen, Hemd und Sportschuhe an und ging joggen.
    Die Straße war einsam, draußen bei den leeren Übungsplätzen. Die Sonne krebste dem Horizont zu. Miles fiel aus dem Joggen wieder ins Gehen, dann in einen noch langsameren Schritt. Seine Beinschienen scheuerten unter den Hosen. Irgendwann sehr bald würde er sich die Zeit nehmen, um sich die spröden Hauptknochen in den Beinen durch synthetische Knochen ersetzen zu lassen. Dabei wäre eine elektive Operation eine quasi legitime Methode, um sich von Kyril hinwegzuhebeln, wenn das Ganze vor dem Ablauf seiner sechs Monate zu hoffnungslos würde. Allerdings erschien ihm das wie Schummeln.
    Er blickte sich um und versuchte, sich seine gegenwärtige Umgebung in Dunkelheit und heftigem Regen vorzustellen. Wenn er der Soldat gewesen wäre, der nachts auf dieser Straße dahinstapfte, was hätte er wohl gesehen? Was hätte möglicherweise die Aufmerksamkeit des Mannes auf den Graben gelenkt? Warum, zum Teufel, war er denn überhaupt mitten in der Nacht hier herausgekommen? Diese Straße führte nirgendwohin, außer zu einem Hindernisparcours und einem Schießplatz.
    Da war der Graben … nein, sein Graben war der nächste, ein Stückchen weiter. Vier Bachdurchlässe durchbohrten den erhöhten Straßendamm auf dieser geraden Strecke von einem halben Kilometer Länge. Miles fand den richtigen Graben, lehnte sich auf das Geländer und starrte auf das jetzt träge

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