Der Prinz und der Soeldner
zurückgekommen, vielleicht mit ein paar hundert Liegestützen zum Dessert.
Eisengraue Haare, eisenharte Augen: vielleicht handelte sich bei ihm um einen besonders mürrischen Ausbildersergeanten. Er machte jäh halt und blickte erstaunt auf Miles herab. Er kniff verblüfft die Lippen zusammen und runzelte die Stirn. Miles stand mit leicht gespreizten Beinen da, warf den Kopf in den Nacken und erwiderte den Blick mit gleicher Intensität. Der Mann schien Miles’ Kragenabzeichen völlig zu ignorieren.
Aufgebracht versetzte Miles: »Sind alle Verantwortlichen hier im Urlaub, oder gibt es tatsächlich jemanden, der diesen verdammten Laden leitet?«
Die Augen des Mannes funkelten, als wäre ihr Eisen auf Feuerstein geschlagen, und dieses Funkeln entzündete ein kleines Warnlicht in Miles’ Gehirn, einen geschwätzigen Moment zu spät. Hallo, schauen Sie, Sir! schrie der hysterische Spötter im Hintergrund von Miles’ Bewusstsein, mit Sprung, Verbeugung und Schwenk. Ich bin Ihr neuestes Ausstellungsstück!
Miles unterdrückte diese Stimme unbarmherzig. In keiner Falte des runzeligen Gesichts, das da über ihm drohend aufragte, gab es auch nur das geringste Anzeichen von Humor. Mit einem kalten Zucken seiner scharf geschnittenen Nasenflügel blickte der Kommandant der Basis wütend auf Miles herab und knurrte: »Ich leite diesen Laden, Fähnrich.«
Dichter Nebel wälzte sich von der fernen, murmelnden See heran, als Miles endlich den Weg zu seiner neuen Unterkunft gefunden hatte. Die Offizierskaserne und alles um sie herum war in eine graue, frostige Düsternis gehüllt. Miles kam zu dem Schluss, dass es sich hierbei um ein Omen handelte.
O Gott, das würde ein langer Winter werden.
KAPITEL 2
Miles war ziemlich überrascht, als er am nächsten Morgen zu einer Stunde, die, wie er meinte, den Schichtbeginn darstellen könnte, in Ahns Büro erschien und dort den Leutnant wach, nüchtern und in Uniform antraf. Nicht dass der Mann direkt gut aussah: mit käsigem Gesicht und schwer atmend saß er zusammengekauert da und starrte mit verkniffenen Augen auf ein vom Computer koloriertes Wettervid.
Das Holo zoomte und verschob sich verwirrend nach Signalen aus der Fernsteuerung, die er mit einer feuchten und zitternden Hand umklammert hielt.
»Guten Morgen, Sir.« Miles ließ seine Stimme aus Mitleid sanft klingen und schloss die Tür hinter sich, ohne sie zuzuschlagen.
»Hä?« Ahn blickte auf und erwiderte den militärischen Gruß automatisch. »Wer, zum Teufel, sind Sie äh … Fähnrich?«
»Ich bin Ihr Nachfolger, Sir. Hat Ihnen niemand gesagt, dass ich komme?«
»O ja!« Ahns Gesicht hellte sich auf. »Sehr gut. Kommen Sie herein!«
Miles, der schon drinnen war, lächelte statt dessen kurz.
»Ich wollte Sie eigentlich von der Transportfähre abholen«, fuhr Ahn fort. »Sie sind früh dran. Aber Sie scheinen ja Ihren Weg allein gefunden zu haben.«
»Ich bin schon gestern angekommen, Sir.«
»Oha. Da hätten Sie sich aber melden sollen.«
»Ich habe mich gemeldet, Sir.«
»Oh.« Ahn blinzelte Miles besorgt an. »Haben Sie?«
»Sie versprachen, Sie würden mir heute morgen eine vollständige fachliche Einführung für das Büro geben, Sir«, fügte Miles hinzu, um die Gelegenheit beim Schopf zu packen.
»Oh.« Ahn blinzelte. »Gut.« Der besorgte Ausdruck auf seinem Gesicht ließ etwas nach. »Also gut, äh …« Ahn rieb das Gesicht und blickte sich um. Er beschränkte seine Reaktion auf Miles’ körperliche Erscheinung auf einen verstohlenen Blick, und da er vielleicht den Schluss zog, dass sie die gesellschaftlichen Pflichten der Vorstellung schon tags zuvor absolviert hatten, begann er sofort mit einer Beschreibung der an der Wand aufgereihten Geräte, in der Reihenfolge von links nach rechts.
Es war buchstäblich eine Vorstellung, denn alle Computer hatten Frauennamen. Abgesehen von der Tendenz, über seine Maschinen zu sprechen, als wären sie menschlich, schien Ahn klar genug im Kopf zu sein, während er seine Aufgabe genau beschrieb; nur wenn er zufällig vom Thema abkam, geriet er ins Ungefähre und dann in Phasen des Schweigens. Miles steuerte ihn mit einschlägigen Fragen wieder sanft zum Wetter zurück und machte sich Notizen.
Nach einer konfusen Wanderung durch das Zimmer nach Art der Brownschen Molekularbewegungen entdeckte Ahn endlich wieder die Disketten mit seinen Büroprozeduren, die an den Unterseiten ihrer jeweiligen Geräte befestigt waren. Er machte Kaffee mit einer privaten
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