Der Prinz von Astrilandis
werden.“
Trotz seiner steifen Glieder stürmte Hero an ihm vorbei die vielen Treppen hoch und wäre oben beinahe mit den Wachen zusammen gestoßen, wenn diese nicht im letzen Moment ausgewichen wären. Pantheer kam kopfschüttelnd hinter ihm her. Er konnte noch immer nicht fassen, was er gerade gesehen hatte. Sein Sohn ein Salsivare, das hatte ihm gerade noch gefehlt. Hatte er nicht einen Ochsen geopfert, um die Götter gnädig zu stimmen? Nicht nur das! Den Goldschatz, den er dem Orakel zum Dank für die Siege übergeben hatte, würde er sich zurückholen. Er würde das Orakel auslöschen, so bald die Kriegshandlungen hinter ihm lagen.
Hero war froh, dem Kerker wieder entronnen zu sein. Er hatte nicht erwartet, dass sein Vater ein Wort der Entschuldigung an ihn richtete, aber dass er ihn nur noch mit Verachtung strafte, machte ihn zornig. Wofür hatte er ihn denn bestraft? Dafür, dass er ihn rechtzeitig warnte und Astrilandis vor einer Katastrophe bewahren wollte? Außerdem würde er die Sache mit dem Orakel selbst regeln. Er dachte daran, dass die weisen Frauen ihm auch dieses Mal freundlich empfangen hatten und Mita bestimmt wieder gesund machen würden. Die Sache mit den Schwimmhäuten würde von ihnen sicher auch wieder rückgängig zu machen sein. Außerdem hatte Hero schon mit dem Gedanken gespielt, diese Häute zu behalten. Doch die Reaktion seines Vaters hatte ihn wieder unsicher gemacht. Waren diese Schwimmhäute wirklich so abstoßend?
In der Kleiderkammer herrschte großes Durcheinander. Die Diener, die dafür zuständig waren, hatten erst vor kurzem erfahren, dass sie Hero für den Kampf einkleiden sollten. In aller Eile legten sie wertvoll bestickte Umhänge und Tuniken für ihn bereit, die eigentlich für Paraden oder die Auftritte im Tempel von Astrilus gedacht waren. Doch Hero beachtete die Sklaven nicht. Er nahm sich wahllos einen der Umhänge, der reich mit Gold verziert war und das Zeichen von Astrilandis trug. Ein paar weich gegerbte Ziegenfellstiefel, die nicht für ihn, sondern für Pantheer bereitlagen, nahm er und zog sie trotz der Hitze sofort über. Keiner der Sklaven wagte zu widersprechen. Da sie ihren Herrn nicht direkt ansehen durften, hatten sie auch nicht bemerkt, dass Hero Schwimmhäute hatte. So schnell wie Hero die Kammern betreten hatte, war er auch wieder verschwunden. Die goldenen Armschienen legte er im Weggehen an. Wie die Kleidung, trugen auch sie das Herrschaftszeichen von Astrilandis. Hero befühlte seine Stirn: dieses Merkmal war fast vollständig verschwunden, nur eine kleine Vertiefung war noch zu spüren. Er rückte deshalb den goldenen Reif mit den leuchtenden Edelsteinen tiefer in die Stirn.
Pantheer hatte inzwischen im Versammlungsraum alle seine Befehlshaber um sich geschart, als die Türe aufging und Hero hereinkam. Ein Wunder musste geschehen sein, dass der junge Herrscher genau zum rechten Zeitpunkt wieder am Hofe aufgetaucht war. Anerkennendes Raunen ging durch den Raum und alle verneigten sich tief vor Hero. Sie blickten den jungen Herrscher gespannt an. Hero war inzwischen fast so groß wie Pantheer und in seiner prachtvollen Kleidung war er ihm in seinem Aussehen mehr als ebenbürtig. Sein langes schwarzes Haar, das ihm die Diener geglättet hatten, trug er zu einem Schwanz zusammen genommen am Hinterkopf. Seine braunen Augen blitzten vor Erregung. Er würde zum ersten Mal offiziell ein Heer befehligen und für Astrilandis kämpfen. Er versuchte, sich den Groll gegen seinen Vater vorerst nicht anmerken zu lassen. Er verneigte sich leicht vor ihm und den anderen Heerführern, die auf Befehle von Pantheer warteten. Als er zu sprechen begann, wurde es im Raum totenstill.
Pantheer sagte: „Mein Sohn ist zurückgekehrt, er wird an meiner Seite die letzte Schlacht um Astrilandis schlagen. Das Heer der Marmanier bewegt sich langsam vorwärts und wird morgen vor Sonnenaufgang im Wald von Tondoros sein.“ Mit belegter Stimme fuhr er fort: „Die Späher haben herausgefunden, dass unsere Streitmacht dem Gegner zahlenmäßig weit unterlegen ist. Trotzdem werden wir sie besiegen. Unsere Streitwagen, die Meister Dronius umgebaut hat, sind für den Erstangriff, denn sie werden eine Bresche in das Heer schlagen, das dann von der Reiterarmee niedergemäht wird.“ Mit diesen Worten zeigte er auf Hero, der kerzengerade neben seinem Vater stand und die Männer fest ansah. Die Befehlshaber waren überrascht. Würde Pantheer wirklich seinem Sohn das Kommando über das
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