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Der Prinz von Atrithau

Der Prinz von Atrithau

Titel: Der Prinz von Atrithau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Bakker
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dem Absatz kehrt. Er war der täglichen Dosis Idiotie nun wirklich überdrüssig.
    Die Stimme von Proyas ließ ihn vor dem Zeltausgang innehalten.
    »Noch ein Letztes, Herr Oberbefehlshaber.«
    Conphas drehte sich mit gesenkten Lidern und gehobenen Brauen um. »Ja?«
    »Ihr habt vom Attentatsversuch auf Prinz Kellhus gehört?«
    »Gibt es also doch noch vernünftige Leute auf der Welt?«
    Proyas lächelte säuerlich. Kurz blitzte echter Hass in seinen Augen auf.
    »Prinz Kellhus hat mir erzählt, der Mann, der ihn zu töten versucht habe, sei ein Nansur gewesen. Einer von Euren Offizieren, um genau zu sein.«
    Conphas sah ihn verblüfft an und begriff, dass er getäuscht worden war. Proyas hatte all seine Fragen nur gestellt, um ihn auszuhorchen und zu sehen, ob er ein Motiv hatte. Conphas schimpfte sich einen Narren. Ob Fanatiker oder nicht: Man durfte Nersei Proyas einfach nicht unterschätzen.
    Das wird allmählich zu einem Alptraum, dachte er und fragte: »Wollt Ihr mich etwa festnehmen?«
    »Ihr jedenfalls wollt Prinz Kellhus verhaften.«
    Conphas grinste. »Es dürfte schwierig werden, eine Armee festzunehmen.«
    »Ich sehe keine Armee«, meinte Proyas.
    Conphas lächelte. »Aber selbstverständlich tut Ihr das!«
     
     
    Natürlich konnte Proyas nichts tun. Er hätte selbst dann nichts unternehmen können, wenn der Attentäter überlebt und Conphas direkt belastet hätte. Der Heilige Krieg brauchte das Kaiserreich.
    Dennoch galt es, eine Lektion zu lernen. Krieg war eine Sache des Verstandes. Conphas würde diesem Kellhus schon beibringen, dass…
    Seine herumlungernden Kidruhil nahmen Haltung an, als Conphas den Pavillon verließ. Vorsichtshalber hatte er ungefähr zweihundert dieser schwer gerüsteten Reiter als Geleitschutz mitgenommen. Die Hohen Herren waren in einem Gebiet verstreut, das von Nagogris am Rande der Großen Wüste bis Iothiah im Sempisdelta reichte, und Skauras hatte Kampftruppen ans Nordufer geschafft, die ihnen zusetzen sollten. Es ging nicht an, Tod oder Gefangenschaft zu riskieren, um eine Sache wie diese aus der Welt zu schaffen. Und bislang war das Problem Anasûrimbor Kellhus eher theoretischer als praktischer Natur.
    Als seine Begleiter ihm sein Pferd brachten, hielt Conphas nach Martemus Ausschau und entdeckte ihn unter den Reitern. Der General hatte die Gesellschaft gemeiner Soldaten stets der von Offizieren vorgezogen. Conphas hatte das einst sonderbar gefunden. Nun aber fand er es ärgerlich, ja aufrührerisch.
    Martemus, was ist mit dir geschehen?, dachte er, bestieg seinen Rappen und ritt zu ihm hinüber. Der schweigsame General beobachtete ihn und schien dabei ganz unbesorgt.
    Conphas spuckte wie ein Scylvendi vor die Hufe von Martemus’ Pferd. Dann warf er einen Blick zurück auf den Pavillon des Proyas, auf die schwarzen Adler, die auf die verwitterte weiße Zeltleinwand gestickt waren, und auf die Wachen, die ihn und seine Männer argwöhnisch beäugten. Der Wimpel mit Adler und Stoßzahn des Hauses Nersei blähte sich träge in der schwachen Brise. Links und rechts davon waren die diesigen Steilhänge am Südufer des Sempis zu erkennen.
    Er wandte sich wieder seinem eigensinnigen General zu.
    »Offenbar«, sagte er mit so wütender wie flacher Stimme, »bist du nicht das einzige Opfer der Hexenkünste dieses Kundschafters, Martemus… Wenn du den Kriegerpropheten umbringst, wirst du viele rächen – sehr viele.«

12. Kapitel
     
    IOTHIAH
     
     
     
    … das Jammern der Gottlosen wird bis ans Ende der Welt dringen, und man wird die Götzenbilder umstoßen und zerschmettern. Und die Dämonen der Götzendiener werden den Mund offen halten wie darbende Lepröse, doch da wird niemand sein, der ihren furchtbaren Hunger stillt.
     
    Offenbarungen des Propheten Fane, Buch 16, Kap. 4, Vers 22
     
    Zwar verlierst du deine Seele, doch du wirst die Welt gewinnen.
     
    Aus dem Katechismus der Mandati
     
     
    SHIGEK, SPÄTSOMMER 4111
     
    Xinemus mochte den Mann nicht besonders und hatte ihm nie getraut, sich nun aber doch von ihm in ein Gespräch verwickeln lassen. Dieser Therishut – ein Baron von zweifelhaftem Ruf aus dem Grenzgebiet zwischen Conriya und Ainon – hatte ihn auf dem Rückweg von einer Planungssitzung bei Proyas abgefangen. Kaum hatte er den Marschall erblickt, hatte sich das flaumbärtige Gesicht von Terishut aufgehellt, und in seiner Miene stand überdeutlich: Welch glücklicher Zufall! Es lag in Xinemus’ Natur, sogar mit denen geduldig zu sein, die er nicht

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