Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Prinz von Atrithau

Der Prinz von Atrithau

Titel: Der Prinz von Atrithau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Bakker
Vom Netzwerk:
dass sie ihn nicht nur beraten, sondern auch beobachten, ja überwachen sollten. Er kannte viele von ihnen aus dem Rat der Hohen und Niederen Herren, den Lehnsmann Ganrikka zum Beispiel, General Martemus und Baron Mimaripal. Und irgendwie spürte er eine große Leere im Bauch.
    Ich muss mich konzentrieren! Skauras ist hier der Feind!
    Alles war bereit. Die Inrithi hatten sich mit ermutigender Schnelligkeit und Präzision versammelt. Skauras hatte seine Truppen genau so aufgestellt, wie Cnaiür es erwartet hatte. Es gab nichts mehr vorzubereiten, und doch…
    Ich brauche mehr Zeit!
    Aber die hatte er nicht. Der Krieg war gekommen, und er war einverstanden gewesen, seine Geheimnisse im Tausch gegen Serwë preiszugeben, hatte also auf den letzten Rest von Einfluss verzichtet. Nach dieser Schlacht hatte er nichts mehr, um sich seine Vergeltung zu sichern. Nichts! Nach dieser Schlacht gab es für Kellhus keinen Grund mehr, ihn am Leben zu lassen.
    Ich bin eine Bedrohung für ihn, denn nur ich kenne sein Geheimnis.
    Was hatte Serwë an sich, dass er sich für sie ins Verderben stürzte und selbst den Krieg gegen sie eingetauscht hatte?
    Etwas stimmt nicht mit mir…
    Ach was!
    »Gebt das Signal zum Angriff!«, rief er und wandte sich wieder dem Schlachtfeld zu. Erregte Stimmen übermittelten seinen Befehl, und Hörner klangen durch die Luft.
    Kellhus musterte ihn mit so leuchtenden wie leeren Augen.
    Doch Cnaiür hatte sich schon nach Westen gewandt und musterte die großen Reiter- und Infanterieverbände des Heiligen Kriegs. Lange Reihen gepanzerter Ritter trabten an. Die Fußsoldaten folgten ihnen in großer Zahl und marschierten so schnell, als wollten sie einen Freund begrüßen. Etwa eine halbe Meile entfernt standen die Fanim auf leicht hügeligem Gelände, hielten ihre stampfenden Vollblüter im Zaum, kauerten hinter ihren Schilden und Speeren und erwarteten sie. Ihr Getrommel donnerte die Hügel herunter.
    Der Dûnyain lauerte in Cnaiürs Augenwinkel wie ein tödlicher Verweis.
    Auf welchen Handel hatte er sich bloß eingelassen? Wie hatte er eine Frau gegen den Krieg tauschen können!
    Etwas stimmt nicht …
    Hinter ihm stimmte der Adel der Inrithi einen Hymnus an.
     
     
    Die Reiter der Inrithi waren ihren Fußsoldaten überall rasch weit voraus. Bald schon ritten sie über die unebenen Wiesen und wirbelten mächtig viel Staub auf. Die Pfeile der Heiden verdunkelten den Himmel. Pferde gingen wiehernd zu Boden. Ritter fielen ins Gras und wurden von ihren Waffenbrüdern zertrampelt, doch die Männer des Stoßzahns rückten mit donnernden Hufen voran. Wippende Speerspitzen näherten sich der Schlachtlinie der Heiden, die die Weite begrenzte wie eine silberne Dornenhecke. Hass ließ die Inrithi die Zähne zusammenbeißen, und ihr Kriegsgeschrei ging in ekstatisches Heulen über. Körper und Seele frohlockten. Konnte es etwas Reineres geben? Wie mit weit ausgestreckten Armen ritten die Reiter des Heiligen Kriegs dem Feind entgegen.
    Die Parole war simpel.
    Durchbrechen und den Tod bringen.
    Serwë war ganz allein. Sie hatte die Priester und die Frauen, die sich an verschiedenen Orten des Lagers zum Gebet zusammengefunden hatten, gemieden, denn sie hatte ja schon zu ihrem Gott gebetet, ihn geküsst und geweint, als er weggeritten war, um sich dem Scylvendi anzuschließen.
    Sie saß vor ihrer Feuerstelle und kochte Wasser für den Tee, den ihr Proyas’ heilkundiger Priester verschrieben hatte. Ihre gebräunten Arme und Schultern brannten in der aufsteigenden Sonne. Unter dem dünnen Gras war Sand, und sie spürte ihn die weiche Haut ihrer Kniekehlen wund scheuern. Die Leinwände des Pavillons blähten sich und knallten wie Segel im Wind – eine seltsame Musik, die zufällig anschwoll und mitunter aussetzte, ohne dass dies eine Bedeutung gehabt hätte. Sie hatte keine Angst, war aber ziemlich durcheinander.
    Warum muss er sich in Gefahr bringen?
    Der Verlust Achamians hatte sie Mitleid mit Esmenet und Furcht für sich selbst spüren lassen. Bis zu seinem Verschwinden hatte es nicht den Anschein, als lebte sie inmitten eines Kriegs. Es war mehr wie eine Wallfahrt gewesen, bei der die Gläubigen allerdings nicht unterwegs waren, um etwas Heiliges zu besuchen, sondern um etwas Heiliges zu verbreiten.
    Um Kellhus an den Ort seiner Bestimmung zu bringen.
    Aber wenn ein großer Hexenmeister wie Achamian verschwunden und ein Opfer geworden war, konnte dann nicht auch Kellhus verschwinden?
    Dieser Gedanke allerdings machte

Weitere Kostenlose Bücher