Der Prinz von Atrithau
schlossen sich an, und Kellhus sah ganze Mauerteile von den Wänden der Zitadelle krachen. Schutt rutschte den Hang herunter.
Die Hexenmeister der Scharlachspitzen schwebten in einem großen Halbkreis über dem gewaltigen Wachturm der Zitadelle. Durch einen wahren Pfeilregen hindurch war Feuer zu erkennen, das wie eine Welle über die Türme der Außenmauer brandete, und trotz der Entfernung konnte Kellhus brennende Fanim von den Zinnen springen sehen. Blitze zuckten aus Phantomwolken, und Mauern und Gliedmaßen brachen. Es schien, als kämen Scharen glühender Spatzen über die Zinnen geflogen und würfen sich in die Gesichter der Heiden.
Trotz dieser Erfolge stürzten erst ein Ordensmann der Scharlachspitzen, dann ein zweiter und dritter ab, da die heidnischen Chorae sie in Salz verwandelt hatten. Ein Blitz ließ Kellhus herumfahren, und er sah einen Hexenmeister auf den Hang stürzen und wie einen Stein abwärts rollen. Grelles Licht zuckte über die Wälle, und Turmspitzen barsten.
Der Gesang der Scharlachspitzen verstummte, und der Donner verlor sich. Für ein paar Sekunden lag Caraskand ganz still da.
Einige Hexenmeister schritten weiter voran. Achamian hatte Kellhus einmal erzählt, kein Hexer fliege wirklich, sondern wandle eher auf einer Oberfläche, die freilich keine sei, sondern bei der es sich um das Echo des Bodens am Himmel handle. Die Ordensmänner rückten durch den Rauch vor, bis sie über den schmalen Verteidigungsanlagen des inneren Bergfrieds schwebten. Kellhus sah, bis wohin ihr Abwehrzauber reichte. Sie schienen zu warten… oder etwas zu suchen.
Plötzlich strahlten von verschiedenen Punkten der Zitadelle sieben grellblaue Linien aus dem Rauch in den Himmel und kreuzten sich in dem Ordensmann, der in der Mitte schwebte.
Kellhus begriff, dass in der Zitadelle Cishaurim verborgen sein mussten.
Der Halbkreis dunkelroter Gestalten, die aus der Ferne kaum mehr als Punkte zu sein schienen, antwortete dem versteckten Feind. Kellhus hob die Hand, um die Augen vor dem grellen Licht zu schützen. Erschütterungen ließen die Luft erzittern. Ein Westturm der Außenmauer gab unter der Gewalt der Feuerwalze nach, stürzte auf den Hang und rauschte in einer Lawine aus Staub und Geröll abwärts.
Mit Verwunderung beobachtete Kellhus das ganze Spektakel und fragte sich, ob es tiefere Dimensionen des Verstehens eröffnete. Die Hexenkunst war das einzige Wissen, das nicht erobert worden war, barg also die letzten Geheimnisse dieser Welt. Er war einer der Wenigen, wie Achamian gehofft und auch gefürchtet hatte. Über welche Art von Macht würde er verfügen?
Und sein Vater, der ein Cishaurim war: Über welche Art von Macht verfügte er bereits?
Die Scharlachspitzen attackierten die Zitadelle unablässig und erbarmungslos. Es gab kein Zeichen von den Cishaurim mehr, die doch eben noch angegriffen hatten. Rauch- und Staubwolken breiteten sich aus und waren bald so dicht, dass Kellhus die schwarzen Basaltmauern der Festung kaum mehr erkennen konnte. Wo die Luft klar war, zuckten grelle Hexenblitze, die ansonsten wie hinter schwarzen Gazeschleiern flackerten und pulsierten.
Unheimliche Zauberformeln schmerzten Kellhus in den Ohren. Wie konnte man derlei nur artikulieren? Wie konnten bloße Worte in der Dingwelt Veränderungen bewirken?
Ein weiterer Turm brach im Süden in sich zusammen, und eine schwarze Staubwolke rollte über die umliegenden Mietskasernen hinweg. Als Kellhus Männer des Stoßzahns bei ihrer Flucht durch die Straßen beobachtete, sah er eine Gestalt in gelber Seide aus der galoppierenden Verfinsterung schweben. Sie hatte die Arme an den Körper gelegt, und ihre in Sandalen steckenden Füße zeigten nach unten. Als die Kämpfer der Inrithi sie entdeckten, stoben sie in alle Richtungen auseinander.
Ein überlebender Cishaurim!
Kellhus sah zu, wie die Gestalt in niedriger Höhe über die Stufendächer glitt und in eine breite Straße abtauchte. Einen Moment lang dachte er, der Mann könnte entkommen, denn Rauch und Staub hatten die Scharlachspitzen fast verschluckt.
Dann merkte er, dass der Cishaurim sich in seine Richtung wandte.
Statt weiter nach Süden zu fliehen, war die Gestalt nun Haken schlagend nach Westen unterwegs und nutzte dabei die Deckung aller in Frage kommenden Bauten, um von den argusäugigen Scharlachspitzen nicht bemerkt zu werden. Kellhus verfolgte ihr zickzackartiges Vorankommen und bestimmte den Mittelwert ihrer jähen Schwenks, um ihre genaue Richtung zu
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