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Der Prinz von Atrithau

Der Prinz von Atrithau

Titel: Der Prinz von Atrithau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Bakker
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und weckten die Inrithi mit hektischen Alarmrufen.
    Wer die südliche Stadtmauer erkletterte, sah große Verbände vielfarbiger Reiter von den Höhen der dünn bewaldeten Hügel strömen: Kascamandri I. der Padirajah von Kian, zog also doch noch gegen die Inrithi in die Schlacht. Die Hohen Herren versuchten zwar, ihre Barone und Vasallen zu sammeln, doch das war hoffnungslos, da sie überall in der Stadt verstreut waren. Gothyelk, der noch immer ganz verzweifelt über den Verlust seines jüngsten Sohns Gurnyau war, war nicht aus dem Bett zu kriegen, und die Tydonni weigerten sich, die Stadt ohne ihren geliebten Grafen von Agansanor zu verlassen. Seit dem Tod von Prinz Skaiyelt waren die langhaarigen Thunyeri in clanähnliche Banden zerfallen und hatten sich erneut an die blutige Plünderung der Stadt gemacht. Und seit Cepheramunni im Sterben lag, befehdeten die Pfalzgrafen von Ainon sich gegenseitig. Die Hörner riefen und riefen, konnten aber bei weitem nicht genug Krieger mobilisieren.
    Die Reiterei der Fanim kam so schnell über die Hügel geprescht, dass die meisten Belagerungsposten der Inrithi mit all ihren Kriegsmaschinen und Vorräten aufgegeben werden mussten. Die fliehenden Männer des Stoßzahns setzten mehrere dieser Posten in Brand, damit sie nicht den Heiden in die Hände fielen. Hunderte, die zu krank waren, um zu fliehen, wurden ihrem blutigen Schicksal überlassen. Die wenigen Reiter, die sich dem Vormarsch des Padirajah in den Weg zu stellen wagten, wurden rasch zurückgeworfen oder überrannt und von Wellen johlender Krieger umzingelt. Am späten Vormittag riefen die Hohen Herren alle Inrithi, die sich noch außerhalb der Stadt befanden, nach Caraskand hinein und konzentrierten sich darauf, das riesige Rund der Stadtmauer zu verteidigen.
    Der Siegestaumel des Vortags war Erschrecken und ungläubigem Staunen gewichen. Die Männer des Stoßzahns waren in einer Stadt gefangen, die schon wochenlang belagert worden war und entsprechend gelitten hatte. Die Hohen Herren befahlen, sofort die verbliebenen Vorräte aufzulisten, und mussten erfahren, dass Imbeyan die Kornspeicher der Stadt angezündet hatte, als er Caraskand verloren sah. Und die riesigen Vorräte in der Zitadelle waren beim Angriff der Scharlachspitzen verbrannt. Die zerstörte Festung loderte noch immer wie ein Leuchtfeuer auf dem östlichsten Hügel der Stadt.
    Kascamandri von Tepherokar saß inmitten seiner Berater und seiner vielen Kinder auf einem luxuriösen Sofa und beobachtete von der Terrasse eines am Hang gelegenen Landguts, wie die Flanken seiner Armee den Ring um Caraskand unerbittlich schlossen. Seine hübschen Töchter lehnten an seinem mächtigen Bauch und löcherten ihn mit Fragen nach dem, was geschah. Monatelang hatte er den Zug des Heiligen Kriegs vom Palast der weißen Sonne in Nenciphon aus – dem luxuriösen Heiligtum der Korasha – verfolgt, der Klugheit und dem kriegerischen Charakter seiner Untergebenen vertraut und die götzendienerischen Inrithi verachtet und sie für barbarisch und in Kriegsdingen glücklos gehalten.
    All das war vorbei.
    Um seine Fahrlässigkeit gutzumachen, hatte er eine Armee auf die Beine gestellt, die es mit denen seiner kriegerischen Väter aufnehmen konnte. Sie bestand aus den etwa sechzigtausend Überlebenden der Schlacht bei Anwurat unter Führung des einzigartigen Cinganjehoi, der den Hass auf seinen Padirajah begraben hatte; des weiteren aus den Granden von Chianadyni, der Heimat der Kianene, und ihren vierzigtausend Reitern unter Führung von Kascamandris hochbegabtem und erbarmungslosem Sohn Fanayal; schließlich aus dreißigtausend dunkelhäutigen Fanim und hundert Mastodonten, mit denen Hetmen, ein Vasall des Königs Pilasakanda von Girgash, der seinerseits Kascamandri schon lange tributpflichtig war, aus dem heidnischen Nilnamesh gekommen war. Besonders die Mastodonten machten den Padirajah stolz, denn ihr Getrampel brachte seine Töchter zum Gaffen und Kichern.
    Gegen Abend befahl der Padirajah in der Hoffnung, das Durcheinander auf Seiten der Götzendiener zu seinem Vorteil nutzen zu können, einen Angriff auf Caraskand und setzte dabei die noch von den Inrithi stammenden Sturmleitern ebenso ein wie den einzigen Belagerungsturm, den die Fanim unversehrt erobert hatten. Die Mauern rund ums Elfenbeintor waren hart umkämpft. Die Mastodonten wurden vor eine riesige eisenköpfige Ramme gespannt, die ebenfalls von den Männern des Stoßzahns stammte, und bald durchdrangen dumpfe

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