Der Prinz von Atrithau
einen so… absurden Tod gestorben war.
Und dann war da auch die Frage, die ihn so vehement verfolgte, dass sie ihn immer wieder aus dem Trott riss, die Frage nämlich: Gibt es in meinem Umfeld noch andere Leute, die sich plötzlich in eine derartige Scheußlichkeit verwandeln können?
»Wem sagst du das, Mutter? Du weißt, dass es immer eine Lösung gibt, bei der Vor- und Nachteile sich halbwegs ausgleichen. Du hast mich das gelehrt.«
Doch Istriya gab nicht nach. Die alte Kuh gab ja nie nach.
»Die Cishaurim hatten dein Herz in den Klauen, Xerius. Durch dich haben sie vom Mark des Reichs geschlürft. Und du erwägst, dieses beispiellose Vergehen ungestraft hinzunehmen, obwohl die Götter dir ein Werkzeug für deine Rache gegeben haben? Du spielst mit dem Gedanken, den Heiligen Krieg noch aufzuhalten? Wenn du Shimeh verschonst, verschonst du die Cishaurim.«
»Schweig!« Sein Schrei hallte von den Wänden wider.
Istriya lachte grimmig. »Mein nackter Sohn«, rief sie. »Mein armer… nackter… Sohn!«
Xerius sprang auf und drängte verletzten und fragenden Blicks aus dem Kreis seiner Sklaven.
»Das sieht dir gar nicht ähnlich, Mutter. Früher hast du dich nie vor der Verdammnis gefürchtet! Wirst du etwa alt? Wie ist es denn so, am Abgrund zu stehen? Zu spüren, wie der Schoß welk wird? Zu sehen, wie deine Liebhaber mit verstecktem Ekel den Blick von dir wenden?«
Er hatte sie spontan attackiert und sich dabei an ihre Eitelkeit gehalten, weil er nicht wusste, wie er seine Mutter sonst hätte verletzen können.
Aber in ihrer Antwort schwang keine Verletzung mit. »Irgendwann wirst auch du so weit sein, Xerius, dich nicht mehr um Zuschauer zu kümmern. Das Blendwerk der Schönheit und der Prunk der Zeremonien sind für die Jugend und die Dummen. Auf unsere Taten kommt es an, Xerius. Unsere Taten zwingen die Dingwelt in den Status des Ornaments. Das wirst du schon noch sehen.«
»Wozu hast du dann all deine Kosmetika, Mutter? Warum müssen deine Leibsklaven dich auftakeln wie eine alte Fregatte zur Flottenparade?«
Sie musterte ihn ausdruckslos. »Was habe ich nur für einen widerlichen Kerl als Sohn…«, flüsterte sie.
»Er ist so widerlich wie seine Mutter«, sagte Xerius und lachte grausam. »Sag mal, empfindest du eigentlich jetzt, da dein zügelloses Leben so gut wie vorüber ist, etwas wie Reue?«
Istriya blickte an ihm vorbei auf das dampfende Badebecken. »Reue ist unvermeidlich, Xerius.«
Diese Worte trafen ihn. »Ja, vielleicht«, antwortete er mit plötzlichem Mitgefühl. Früher waren seine Mutter und er sich… nahe gewesen. Doch Istriya konnte nur denen wirklich nahe sein, die sie besaß. Und ihn besaß sie nicht mehr.
Dieser Gedanke berührte Xerius. Einen so göttlichen Sohn zu verlieren…
»Immer diese brutalen Wortwechsel, was, Mutter? Die bereue ich wirklich.« Er betrachtete sie nachdenklich und kaute an der Unterlippe. »Aber wenn du noch einmal über Shimeh redest, bläue ich dir die Plattitüde, Reue sei unvermeidlich, persönlich ein. Und das wirst du sicher bereuen. Verstanden?«
»Durchaus, Xerius.«
Als ihre Blicke sich trafen, lag Bosheit in den Augen seiner Mutter, doch das kümmerte den Kaiser nicht weiter. Was Istriya anging, war jedes Zugeständnis ein Triumph.
Er beobachtete lieber das anziehende junge Mädchen. Ja, sie erregte ihn. Also streckte er die Hand nach ihr aus, und sie kam widerwillig zu ihm. Er führte sie zum nächsten Sofa, setzte sich, lehnte sich entspannt zurück und fragte: »Du weißt, was zu tun ist, oder?«
Als sie die gelenkigen Beine über ihm spreizte, liefen ihr Tränen über die Wangen.
Xerius keuchte. Mochte die Welt auch Obszönitäten wie die Cishaurim beherbergen – zum Ausgleich lieferte sie immerhin so süße Früchte.
Die alte Kaiserin wandte sich zum Gehen.
»Willst du nicht bleiben, Mutter?«, rief Xerius mit belegter Stimme. »Magst du nicht zusehen, wie dein Sohn sich an deinem Geschenk gütlich tut?«
Istriya zögerte. »Nein, Xerius.«
»Doch, Mutter. Der Kaiser ist schwer zufrieden zu stellen. Du musst dem Mädchen hier Anweisungen geben.«
Diesen Worten folgte eine Pause, in der nur das Wimmern des Mädchens zu hören war.
»Aber natürlich, mein Sohn«, sagte Istriya schließlich und schritt würdevoll zum Sofa. Das Mädchen zuckte zusammen, als die Kaiserinmutter ihre Hand nahm und zu den Kleinodien ihres Sohns führte. »Schön sanft«, gurrte sie. »Und nicht weinen.«
Xerius starrte in das grell
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