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Der Privatdozent

Titel: Der Privatdozent Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Seinfriend
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Marek.
    „So, war’s das?”
    „Also du weißt nicht, wo Lukas ist?”
    „Nein, bestimmt hat er keinen Bock mehr gehabt und ist zu nem Freund.”
    „Meinst du?”
    „Oder er hat eine abgeschleppt und sie sind jetzt bei ihr, weil es hier zu voll war …”
    „Oh”, macht Marek und grinst breit. „Das wird’s sein.”
    „Ja, das wird’s sein.”
    „Na gut, kann man nix machen.” Marek zieht sich in den Flur zurück.
    „Viel Spaß dann noch”, sage ich und will die Tür gerade schließen.
    „Spaß ist vorbei, die pennen alle”, mault Marek. „Darum warte ich ja auf Lukas. Aber der kommt bestimmt gleich wieder, wenn er die Alte geknallt hat.” Marek lacht.
    „Meinste nicht, dass er danach bei ihr pennt?”
    „Nee”, winkt Marek ab. „Der ist gleich sicher da.”
    „Viel Spaß beim Warten”, sage ich noch.
    „Danke”, kräht Marek, als ich endlich die Tür wieder zumache und abschließe. Sofort fängt es in meinem Schrank an zu poltern.
    „Sei leise!”, murre ich und befreie Lukas aus seinem Käfig.
    „Ach du Scheiße!”, flucht er mit vorgehaltener Hand. „Was mach ich denn jetzt? Verdammte Scheiße! Was mach …”
    Ein wenig sauer greife ich seinen Arm und schüttle ihn. „Am besten schreist du jetzt hier rum, damit auch wirklich alle wissen, dass du hier bist!”
    „‘tschuldigung!”
    „Hallo? Ich bin doch nicht derjenige, der ein Problem mit dem Schwulsein hat!”
    „Nicht so laut!”, faucht mich Lukas an, obwohl ich nicht die Hälfte an Lautstärke gehabt habe, wie er jetzt.
    Und dann wird mir bewusst, dass Lukas gar nicht widersprochen hat. Im Grunde hat er gerade zugestimmt, dass er ein Problem mit seinem Schwulsein hat, oder? Ich schüttle den Kopf. Das wird nicht jetzt erörtert – und im Grunde ist es auch gar nicht mein Problem! Jetzt ist meine oberste Sorge, wie ich den Blödmann in Unterwäsche mit Dauerlatte aus meinem Zimmer kriege, ohne dass der zweite Blödmann in Kiffershirt mit Hängeaugen davon was mitbekommt.
    „Ich muss hier bleiben”, stellt Lukas unvermittelt fest.
    „Auf keinen Fall!”, entgegne ich.
    „Aber was ist, wenn Marek …”
    „Dann muss ich ihn halt ablenken …”
    „Und wenn er doch was …”
    „Dann ist das Pech!”
    Lukas’ Augen weiten sich voller Panik. „Nein-nein-nein-nein!” Er schüttelt den Kopf. „Das kannst du nicht machen!”
    Langsam dämmert mir, dass ich das wirklich nicht machen kann. Was ist, wenn Lukas sich tatsächlich gerade darüber klar wird, dass er lieber was mit Jungs anfängt als mit Mädchen? In seiner Machowelt ist das natürlich die absolute Katastrophe. Aber auch sonst ist so ein Coming-out nicht gerade leicht. Man spürt, dass man gegen die eigenen Gefühle nichts ausrichten kann, und driftet immer weiter auf einen vermeintlichen Wasserfall zu. Und gerade für Lukas, der in seiner perfekten Männerwelt wohl kaum irgendwelche Anlaufstellen für solche Probleme hat, muss eine solche Erfahrung ziemlich beängstigend sein. Wenn ich an mich früher denke, wie allein ich mich gefühlt habe … Lukas hat seine Interessen am gleichen Geschlecht vermutlich gut verdrängen können. Das ist wahrscheinlich so, wie mit den Aliens: Jahrelang schickt der Mensch Signale ins Weltall, hofft und bangt, dass da vielleicht irgendwas ist, aber es kommt nie was zurück. Und am Montag hat Lukas dann zum ersten Mal ein Rückmeldung bekommen: Hi, ich würde gern in Frieden mit dir kommen. Wenn das nicht mal ein ultimatives Invasionsgefühl hervorrufen muss. All die unterdrückten Hoffnungen tauchen wieder auf. Man ist doch nicht so allein, wie man immer geglaubt hat. Aber der Schritt, tatsächlich die Seite zu wechseln, das bekannte Ufer zu verlassen und damit vielleicht auch den besten Fußballkumpel zu verlieren … Das macht Angst. Und das ist der Grund, weshalb ich Lukas nicht aus meinem Zimmer werfen kann.
    Lukas hat sich zwischenzeitlich auf meinen Sessel gepflanzt und sitzt da jetzt mit verschränkten Armen und stoischem Blick, als wolle er mir sagen, dass er sich aber auch wirklich keinen einzigen Zentimeter fortbewegen wird. Ich muss grinsen.
    „Zieh deine Hose richtig rum an, ja?”, sage ich schließlich.
    Einen Moment guckt Lukas mich böse an. Dann sickert aber langsam durch, dass ich mit diesen Worten meine Zustimmung gegeben habe. Grinsend springt er auf und korrigiert den Hosendreher, sodass endlich wieder alles verpackt ist.
    „Wo schläfst du?”, fragt er mich dann dreist.
    „Hallo? In meinem Bett

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