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Der Privatdozent

Titel: Der Privatdozent Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Seinfriend
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Marcos Vater. Ein drahtiger Alter mit grauen Haaren, der uns nicht mal Zeit gelassen hat, uns hektisch voneinander zu lösen.
    „Wowowowow”, macht Marco und streckt eine Hand abwehrend seinem Vater entgegen.
    Der Alte dreht sich auf dem Absatz um, als würde ihn irgendwas herumreißen. Dann schreit er: „Die Firma! Marco! Die Firma!”
    Ich verstehe nicht, was der Alte damit sagen will, aber Marco reißt mich vom Schreibtisch herunter. Die Schockstarre fällt von mir ab und ich klaube hastig meine Klamotten vom Boden. Am Rande nehme ich aufgeregte Stimmen auf dem Flur wahr. Verdammt, ich bin noch nicht angezogen! Auch Marco hüpft hinter mir wild herum, während er versucht, die Anziehsachen über seinen verschwitzten Körper zu zerren. Mit einem lauten Fluch donnert sein Vater die Bürotür zu und stemmt den Fuß davor. Mit dem Rücken zu uns zetert er: „Ich hoffe, du hast eine Erklärung …”
    Es klopft hektisch, dann geht die Klinke. Aber der Fuß des Alten sichert die Tür, als sei sie abgeschlossen. Mit einem Mal spüre ich die enorme Kraft, die von diesem alternden Mann ausgeht. Und da weiß ich, dass man sich mit Marcos Vater besser nicht anlegt. Das ist der Typ Mensch, der ohne mit der Wimper zu zucken ein Todesurteil fällen kann. Ausgerechnet den habe ich jetzt zum Schwiegervater.
    „Finn!”, zischt Marco und ich reiße schnell meine Hose hoch. Während ich sie zuknöpfe, steige ich in meine Sneakers. Marco hat es geschafft, in der Eile sein Hemd zuzuknöpfen und glatt zu streichen. Er sieht fast schon wieder vorzeigbar aus. Dann greift er sein Sakko, um die Schweißflecken zu verstecken. Gerade als ich mein T-Shirt herunterziehe, wirbelt Marcos Vater wieder herum und schreit wie von Sinnen:
    „Was machen Sie eigentlich noch hier? Das ist eine Familienunterredung! Raus! ”
    Mit diesen Worten reißt er die Bürotür auf und funkelt mich hasserfüllt an. Draußen stehen zwei Männer und eine Frau mit sichtlich geschockten Gesichtern.Einen von ihnen habe ich schon mal auf dem Flur gesehen, Dozent für irgendeinen Wirtschaftskram.
    „Geh”, flüstert Marco hinter mir, als wolle er mich damit anschubsen. Schnell verlasse ich den Raum.
    „Was glotzen Sie so?”, brüllt der Alte die Umherstehenden an. „Hier läuft ein Meeting!” Dann knallt er die Tür in den Rahmen, dass es nur so durch den Flur donnert.
    „Was …?”, beginnt die Frau und sieht mich fragend an.
    Ich zucke mit den Schultern. „Der Kerl ist einfach reingeplatzt und hat dann angefangen rumzuschreien”, sage ich wahrheitsgemäß.
    „Vielleicht sollten wir den Wachdienst rufen?”, meint der Dozent unsicher.
    „Ich glaub, das ist Mar… äh, Herr Kehlmanns Vater. Familienstreit oder so.” Ich lächle ein wenig hilflos.
    „Aber mit Ihnen ist alles in Ordnung?”, fragt die Frau.
    „Ja, klar”, gebe ich zurück. Sie kann nicht wissen, was da drin vorgefallen ist, rufe ich mir ins Gedächtnis. Keiner weiß, dass ich nun ein Teil dieses Familiendramas bin.
    Hinter der Tür schimpft der Alte aufgebracht. Eine standesgemäße Tirade legt er ab und offenbar setzt Marco dem nichts entgegen.
    Der ältere Typ schüttelt jetzt den Kopf und geht wieder in sein Büro zurück. Die Frau und der jüngere Kerl schauen mich noch mal prüfend an. Kurz geht mir durch den Kopf, dass die ja, wenn sie auch gleich hier ihr Büro haben, vielleicht was von dem Stöhnen gehört haben könnten.
    „Ich – ich muss noch mit Herrn Kehlmann mein Referat besprechen”, erkläre ich und hoffe, dass die beiden mein verstörtes Verhalten dem Gebrüll des alten Kehlmanns zuschreiben.
    „Viel Glück”, sagt der junge Dozent und schaut mich mitleidig an. Dann verschwindet er mit der Frau in einem der angrenzenden Büros.
    Der Alte redet noch immer aufgebracht. „Was fällt dir eigentlich ein?”, höre ich ihn laut schreien.
    Der Rest wird aber wieder gedämpft. Einen Moment lang bin ich versucht, mich der Tür zu nähern und dem Gezeter zu lauschen. Dann fliegt die Tür aber auf und der graue Kehlmann kommt wütend herausgelaufen. Sein Blick scheint mich umbringen zu wollen.
    „Was machen Sie noch hier?”, fragt er giftig.
    „Das geht Sie nichts an”, gebe ich bemüht gelassen zurück.
    Der Alte dreht sich drohend zu Marco um und wirbelt mit dem Finger in der Luft herum, sagt aber nichts. Mit einem Schnauben beendet er das Theater schließlich und stampft den Flur hinunter.
    Marco sitzt kalkweiß hinter seinem Schreibtisch. Der Anblick tut mir schon

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