Der Problemmann (German Edition)
war. Das war kaum möglich. Über ihr waren die Terrasse und ein Teil des Schlafzimmers von Uta und Oliver sowie das Badezimmer. Es konnte nur das Gewitter sein, was sonst sollte dieses Geräusch verursachen? Auf dem Weg zur Wendeltreppe hörte sie es wieder. Diese Mal kam es jedoch aus der Küche. Jetzt wurde ihr schlecht. Bestimmt hatte sich ein wild gewordenes Tier Zugang zum Haus verschafft und wühlte nun nach etwas Essbaren. Mit zitternden Beinen schlich sie die Treppe hinauf, darum bemüht keinen Laut von sich zu geben und somit das Tier aufzuschrecken. Aber was sollte sie machen, wenn sie oben war? Wie würde sie es überwältigen? Wäre es nicht besser wieder zurück in ihr Zimmer zu gehen und von dort aus ins Dorf zu gelangen, um nach Hilfe zu rufen? Und was würde sie den Bewohnern mitteilen? Ihre Übersetzungskarten waren oben. So ein Mist, dachte sie. Ich habe keine andere Chance, ich muss mich dem Tier stellen. Immerhin gab es die Chance, dass es mehr Angst vor ihr, als sie vor dem ungewissen hatte. Gerade als sie darüber sinnierte, wie sie schnell und unbeschadet in die Küche kommen würde, um sich mit einem Messer zu bewaffnen, wurde es ruhig. Im Zeitlupentempo schlich sie lautlos weiter die Wendeltreppe hinauf. Vorsichtig steckte sie den Kopf durch die Luke. Nichts war zu sehen. Sehr langsam erhob sie sich aus dem Loch im Boden, sich dabei nach allen Seiten umsehend. Nichts war zu sehen und auch kein Geräusch mehr zu hören. Wo war das Tier abgeblieben? Ein Blick nach rechts durch die offene Tür in den Flur zum oberen Schlafzimmer verriet ihr, dass dieses Etwas durch die Terrasse gekommen sein musste. Warum sonst stand die Tür auf? Sie war sich ganz sicher diese am Abend verschlossen zu haben. Jetzt musste es schnell gehen. Im Schlusssprung war sie in der Küche angekommen und hatte sich eins der großen Küchenmesser gegriffen, als sie spürte, dass jemand hinter ihr stand. Ein Geräusch hatte sie nicht gehört. Es musste sich angeschlichen haben. Ruckartig drehte sie sich um. Ihr Herz schlug laut und schnell, dass sie glaubte allein mit diesem Pochen das Tier in die Flucht schlagen zu können. Was sie sah, ließ jedoch all ihre Kräfte schwinden und sie musste das Messer fallen lassen. Unmöglich konnte sie es weiter in der Hand behalten, zu schwer war es plötzlich geworden. Panik ergriff sie.
Der Mann, der vor ihr stand wirkte erschrocken, das konnte Anna allerdings nicht in seinem Gesicht erkennen. Sie war viel zu sehr mit ihrer eigenen Angst beschäftigt, als zu bemerken, dass ihr Gegenüber ebenso erstaunt war sie zu sehen. Unfähig etwas zu sagen starrte sie den Fremden an. Würde er sie jetzt umbringen? Vorher vergewaltigen? Würde es helfen, wenn sie anfing zu schreien? Aber wer würde es hier hören?
Seine Stimme ließ sie zusammen zucken. Natürlich sprach er Italienisch und sie wusste nicht was er von ihr wollte. Unbändige Angst legte sich über sie und sie fing am ganzen Körper an zu zittern. Sie konnte es nicht unterdrücken. Der Blick des Fremden wurde mitleidig, aber auch das sah sie nicht, denn nun fing sie bitterlich an zu weinen. Das war es, dachte sie, und ich habe noch nicht einmal mein Buch fertig, geschweige denn damit begonnen. Wird jemand um mich weinen? Werde ich eine große Beerdigung haben? Wird überhaupt irgendjemand bemerken, dass ich nicht mehr am Leben bin? Sie dachte an Tom, dass sie ihn nie wieder sehen würde, was sie sehr bedauerte. Auch Melanie würde sie, davon war sie überzeugt, nie mehr sprechen können.
„Bitte nicht“, sagte sie mit tränenerstickter Stimme.
Ihr Hals war wie zugeschnürt und die beiden Worte hatten sie unglaublich angestrengt. Sie hatte keine Hoffnung, dass der Fremde sie verstehen würde, aber vielleicht würde er doch Mitleid mit ihr haben. Der machte einen Schritt auf sie zu, woraufhin sie hysterisch anfing zu weinen, dabei diese beiden Worte immer wiederholend.
„Wer sind Sie?“
Erschocken sah sie den Fremden an. Wieso sprach der plötzlich Deutsch mit ihr?
„Ich tue Ihnen nichts. Sie brauchen keine Angst vor mir zu haben. Was um Himmels Willen machen Sie hier?“
Anna hörte schlagartig auf zu weinen, starrte den Mann an, von dem sie auf einmal wahrnahm, dass er besonders gut aussah. Regen prasselte auf das Dach, das Gewitter war allerdings weiter gezogen. Dumpf hörte sie den Donner, dessen Blitze sie nicht mehr hätte sehen können.
„Ich wohne hier. Was machen Sie bitteschön hier?“
„Sie können
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