Der Problemmann (German Edition)
sie es sich gewünscht hatte. Sie sah sich, etwas entnervt über ihn, im Raum um. Überall saßen Paare unterhielten sich oder klebten mit ihren Gesichtern aneinander. Beinah hätte man die Erotik knistern hören. Wo war sie hier eigentlich? War das eine Art Vorhof für einen Swingerclub? Plötzlich sah sie Melanie. Eigentlich sah sie lediglich ihre Beine unter einem Mann hervorkommen. Was Melanie dort trieb war definitiv nicht jugendfrei und gehörte auf jeden Fall in die intime Atmosphäre eines Schlafzimmers.
Wenn Melanie wüsste, wie gut sie es hatte, dachte Anna und war noch mehr enttäuscht, dass Michael sich ausgerechnet sie ausgesucht hatte.
„Was treibst du denn so?“, fragte Michael überraschend.
Michael wollte unter keinen Umständen über seine Exfrau reden. Das war ein Kapitel seines Lebens, was ihn den Schweiß ausbrechen ließ. Überrascht sah Anna wieder zu ihm. Na gut, dachte sie, wenn er nichts von sich erzählen will, dann werde ich hier den Alleinunterhalter geben. Und so fing sie an, ihm ausführlich von ihrem Leben zu erzählen. Fasziniert hörte er ihr zu. Bisher hatte er noch keine Buchautorin kennengelernt, auch wenn sie nur eine Kinderbuchillustratorin war. Während sie erzählte und Michael sie wissbegierig ansah, fühlte sie sich seit langem begehrt und vor allem fand sie gut was sie tat. Oft hatte sie an sich gezweifelt, ob es überhaupt sinnvoll war weiterhin an ihrer Karriere, als Illustratorin, zu arbeiten. Offensichtlich wollte niemand ihre Bücher kaufen, oder nur so wenige, dass es kaum erstrebenswert war, sich weiterhin damit zu beschäftigen. Alle hatten doch im Grunde Recht. Wozu die ganze Mühe?
Sie sah Michaels bewundernden Blick und hatte das erste Mal das Gefühl, dass es richtig war was sie tat. Sie liebte ihre Arbeit und nahm dafür sehr viele Entbehrungen in kauf. Unglaublicher Stolz legte sich über sie und ihr Bedürfnis ihn auf der Stelle zu verführen war verschwunden. Es entwickelte sich eine angenehme Unterhaltung, in der sie von ihm erfuhr, dass er freier Handelsvertreter war und damit ein recht lukratives Einkommen vorzuweisen hatte. Als er sie unvermittelt nach ihrer Telefonnummer fragte, brachte sie das völlig aus dem Konzept. Der Abend hatte so viele Wendungen genommen, dass sie schon lange nicht mehr damit rechnete ihn später einen Einblick in ihre Wohnung zu gewähren. Wenn er jetzt nach ihrer Nummer fragte, bedeutete dies ein längerfristiges Interesse an ihr. Bereitwillig gab sie ihm ihre Nummer und malte sich aus, wie es wäre eine Beziehung mit ihm einzugehen. Sie träumte sich Michael zu ihren nächsten perfekten Liebhaber. Um vier Uhr morgens verabschiedeten sie sich voneinander, ohne sich geküsst zu haben.
Zwei Tage später rief er sie an. In diesen Tagen war Anna mehrfach durch die Hölle gegangen. Als sie sich von ihm verabschiedet hatte war sie mehr als enttäuscht, dass er sie, ohne sie küssen zu wollen, in ein Taxi setzte. Er wollte sie nicht begleiten, damit nicht auf einen Kaffee zu ihr in die Wohnung kommen und schon gar nicht mit ihr schlafen. Was stimmte nicht mit ihr? Aber er hatte nach ihrer Telefonnummer gefragt. Er würde sie anrufen und sich mir ihr treffen wollen. Kaum hatte sie am nächsten Morgen ihre Augen geöffnet griff sie nach dem Telefon, um zu überprüfen, ob sie ein Klingeln überhört haben könnte. Nichts, keine Nachricht, keine entgangenen Anrufe. So blieb es den gesamten Samstag über. Pausenlos zückte sie ihr Handy, überprüfte, ob es generell noch in der Lage war Nachrichten zu empfangen. Am Sonntag entschied sie, dass er ein Idiot sei. Sie schaute nur noch jede zweite Stunde auf das Display und versuchte sich mit stumpfen Filmen im Fernsehen abzulenken. Am Montag war klar, dass sie ihn vergessen konnte. Tiefe Ratlosigkeit legte sich über sie. Bisher hatte sie es noch bei jedem Mann geschafft, der sie angesprochen hatte, davon zu überzeugen sie in ihr Bett zu begleiten. Was war an ihr nicht richtig? Aus welchem Grund wollte er nichts von ihr wissen? War er enttäuscht und hätte unterm Strich doch lieber Melanie vorgezogen? Am Montagabend kam sie deprimiert nach Hause. Nicht nur Kay wollte nichts von ihr wissen. Als dann endlich ihr Telefon klingelte, glaubte sie nicht mehr daran, dass es Michael hätte sein können. Relativ wortkarg hörte sie seine Entschuldigung an. Er sei nicht in der Stadt gewesen und hätte keine Zeit gehabt sich bei ihr zu melden. Aber sie würde ihm nicht mehr aus dem Sinn
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