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Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde

Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde

Titel: Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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Prämienobligationen. Alles ist zwischen zusammengelegten Handtüchern und Servietten, hinter den Leisten an der Decke, ganz unten in Schubladen mit alten Handschuhen und Schuhen versteckt, als wäre ein emsiger Goldhamster am Werk gewesen.
    Die Gesamtsumme beläuft sich auf fast 140 000 Kronen, und da diese Haussuchung zu Beginn der sechziger Jahre stattfindet, entspricht das, den heutigen Geldwert zugrunde gelegt, einem Barvermögen von etwa drei Millionen Kronen. Das ist zwar weniger als die Hälfte von dem, was nötig wäre, um meine Tagträume umzusetzen und auf die richtige Seite der Odengatan umzuziehen, aber trotzdem ein guter Anfang.
    Meine Mutter hat mich ein weiteres Mal hinters Licht geführt.
    Das Geld scheint großenteils Großvater zu gehören. Ein halbes Dutzend Sparbücher verteilt auf verschiedene Sparkassen von Norddalarna und Bergslagen bis nach Stockholm. Die Summen variieren von fünf- bis fünfzehntausend Kronen, aber zusammengenommen sind es fast hunderttausend. In jedem Sparbuch, das meinem Großvater gehört, liegt eine ordentlich handschriftliche, von ihm unterschriebene Vollmacht, mit der er Mama das Verfügungsrecht über das Konto einräumt. Offenbar ist das Geld, das sie aus der Geldkassette ihres Sohnes geraubt hat, auf Großvaters Konto bei der Stockholms Sparbank gelandet. Die Einzahlung am Montag der darauffolgenden Woche stimmt auf die Krone genau mit dem Betrag überein, der mir fehlt. So besoffen bin ich nie, dass ich so etwas vergessen könnte.
    Ich selbst bin arm wie eine Kirchenmaus. Obwohl Großvater immer Geld für meine Ausbildung gestiftet hat, beläuft sich mein Gesamtvermögen bei der Vette Sparbank auf nicht mehr als hundert Kronen. Um meine Finanzen steht es ebenso schlecht wie um die meiner sieben Jahre jüngeren Schwester, und bei meinem Vater sieht es auch nicht gerade rosig aus, obwohl er sich nie Sorgen um die Finanzen der Familie macht. Er hat klägliche fünftausend auf einem einzigen Sparbuch. Großvater und Mama hingegen sind reich wie zwei Bergtrolle, und ihr schnapsschmuggelnder Nachkomme ist durchaus nicht der schlimmste Wirtschaftskriminelle in der Familie.
    »Misstrauen erzeugt nur mehr Misstrauen. Vergiss das nie. Misstrauen erzeugt immer Misstrauen, einzig Misstrauen und nichts als Misstrauen. Vergiss das nie, denn sonst bist du verloren«, schreibe ich auf den Zettel, den ich in die Kassette für meine Geheimnisse lege.
    Jetzt gilt es, Lesenswertes anzuhäufen, ehe Mama aus ihren Ferien zurückkehrt.
    Daher lege ich auch noch ein paar Seiten mit schwer zu deutenden Aufzeichnungen über die Haussuchung in die Kassette. Ich versuche, den Eindruck entstehen zu lassen, dass sie eines ihrer eigenen Guthaben vergessen haben könnte. So dass meine kleine Mama wirklich etwas hat, worüber sie sich den Kopf zerbrechen kann, bis es richtig ernst wird.

37.

Ist Mama krank?
    Misstrauen erzeugt Misstrauen. Bereits in der frühen Pubertät beginne ich mir über Mamas ständige Krankheiten Gedanken zu machen. Die Geschichte mit der Geldkassette lässt diese Frage immer dringlicher erscheinen. Sie hat mich betrogen und auch hinsichtlich unserer finanziellen Situation konsequent die Unwahrheit gesagt. Was hat sie sich dann, was ihre Gesundheit betrifft, die außerdem den Hauptteil ihrer wachen Zeit zu beanspruchen scheint, alles ausgedacht? Vielleicht ist sie ja eigentlich kerngesund? Eine weibliche Entsprechung Ingemar Johansons und Sixten Jernbergs? Kann es sein, dass sie uns, ihre Familie, mit ihren Wehwehchen und Krankheiten einfach nur manipuliert?
    Gleichzeitig wehre ich mich gegen diesen Gedanken. Die viele Medizin, die sich im Schrank im Badezimmer und in ihrem Nachttisch stapelt. Die ständigen Arztbesuche, die immer neuen Rezepte. Ihr Arzt scheint ihr jedenfalls zu glauben.
    Die schwache Gesundheit meiner Mutter dominiert während meiner Kindheit und Jugend das Leben meiner Familie. Migräne und Asthmaanfälle, akute Gallenkoliken und Darmverschlingungen prägen unseren Alltag. Gleichzeitig lauert ein langwieriges Krebsleiden unter der Oberfläche, auf das sie ständig zu sprechen kommt, während Psoriasis, verschiedene Allergien und normale Ekzeme an ihrem Äußeren knabbern. Ihr Mutterherz weigert sich aufzugeben und presst wie eine flackernde Flamme ihre ausgemergelten Blutkörperchen durch ihre hoffnungslos verkümmerten und verkalkten Blutgefäße, während ihre Lunge, ihre Leber und ihre Nieren sie ständig im Stich lassen.
    Tief in meinem Inneren

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