Der Professor - Wie ich Schwedens erfolgreichster Profiler wurde
Bedeutung wird gesagt, und ich unternehme nicht einmal den Versuch herauszufinden, wie viel Bratt eigentlich über das, was er offenbar umgehend enthüllen will, weiß.
Stattdessen rufe ich einen meiner Kontakte im Präsidium an und bitte ihn, mir ein paar Dokumente vorbeizubringen. Er tut dies recht umgehend, und als Bratt eine halbe Stunde später wieder anruft, unterhalten wir uns immer noch.
Bratt hat ein paar weitere Fragen zu dem Memorandum, über das wir bereits gesprochen haben. Ich erkläre ihm, dass jetzt kein günstiger Zeitpunkt sei, um diese Dinge zu besprechen, aber falls es wichtig sei, könne er mich am Abend zu Hause anrufen. Ich gebe ihm meine Privatnummer, und da diese auch im Telefonbuch steht, ist da weiter nichts dabei.
Ich unterhalte mich noch eine Weile mit meinem Besucher und schließe die Papiere weg, die ich bekommen habe. Als der Besucher gegangen ist, rufe ich einen seiner Kollegen an und frage ihn, ob ich ihn aufsuchen dürfe. Er empfängt mich gerne. Nach dieser letzten Besprechung des Tages fahre ich nach Hause und esse mit zwei Stunden Verspätung zu Abend. Geistig abwesend. Vermutlich unterhalte ich mich mit meiner Frau, kann mich aber schon am Tag darauf nicht mehr erinnern, über was. Ich erinnere mich nicht einmal, ob meine zwei Töchter noch auf waren oder bereits zu Bett gegangen waren.
Nach dem Abendessen ziehe ich mich in mein Arbeitszimmer zurück und versuche Ordnung in die Gedanken zu bringen, die in meinem Kopf herumwirbeln. Das gelingt mir nicht sonderlich. Ich beschließe, Per Wendel von der Zeitung Expressen anzurufen, weil wir nicht nur beruflichen Umgang pflegen. Wir sind seit einigen Jahren auch gute Freunde, und bestenfalls können wir brauchbare Informationen austauschen.
Ich erzähle ihm von Bratts bevorstehender Enthüllung. Wendel klingt sehr erstaunt.
»Wenn Bratt Derartiges über Geijer und Hopp enthüllen will, dann kann das für ihn nicht gut enden«, stellt er fest.
»So schlimm ist das doch nicht. Schließlich saß er ja schon im Knast, nachdem er über die IB -Affäre geschrieben hatte«, antworte ich.
Sehr viel mehr wird nicht gesagt, und ich bin kein bisschen klüger.
Kaum habe ich aufgelegt, da ruft auch schon Bratt an. Zum einen will er mir erzählen, dass er mit seinem Chef gesprochen und dass dieser den Artikel genehmigt habe. Er will ihn mir vorlesen, ehe er in den Satz geht. Zu diesem Zweck will er mich in einer Stunde wieder anrufen. Ich erkläre mich einverstanden. Das Gespräch ist zu Ende.
Jetzt beginne ich mir wirklich Sorgen zu machen. Unter anderem sehe ich ein, dass meine Verwicklung in diese Geschichte eine Wendung genommen hat, die für mich rein persönlich Konsequenzen haben könnte. Das ist sicher auch der wesentliche Grund, warum ich Per Jermsten, den Chefjuristen im Justizministerium, anrufe. Ich will ihn warnen und bestenfalls etwas in Erfahrung bringen, das mich beruhigen könnte. Ich will mich auch absichern, falls es richtig Ärger geben sollte.
Die Unterredung mit Jermsten fällt kurz aus. Sie dauert höchstens einige Minuten, es ist das kürzeste Gespräch seit Beginn dieser Geschichte, und beruhigend ist es keinesfalls. Jermsten erklärt, dass ihn mein Bericht nicht sonderlich erstaune. Geijers »Eskapaden« seien schließlich seit langem bekannt. Er schließt mit der Bemerkung, Geijer tue ihm leid.
»Es lässt sich nicht ändern, aber Lennart tut mir leid«, sagt er, und dann ist das Gespräch vorüber.
Eine gute Stunde später ruft Peter Bratt an. Er will mir jene Abschnitte des Artikels vorlesen, die für mich von Interesse sein könnten. Das tut er dann auch, aber jetzt schrillen die Alarmglocken in meinem Kopf sehr laut. Die Vorgehensweise kommt mir überstürzt und unsauber vor. Solche Dinge liest man nicht mal eben am Telefon vor. Solche Dinge bespricht man in aller Ruhe, während man den Artikel schwarz auf weiß vor sich liegen hat. Aus diesem Grund äußere ich mich nicht. Ich will das Gespräch so schnell wie möglich beenden. Ich frage, wann er den Artikel zu publizieren gedenkt.
»Morgen«, antwortet Bratt. »Wir bringen ihn morgen.«
Ich wünsche ihm viel Glück, und damit ist unser Gespräch beendet.
Das letzte Gespräch des Abends. Ich beschließe Erik Fichtelius vom Radioprogramm Dagens Eko anzurufen. Ich kenne ihn und seinen Kollegen Sven Vrang schon seit Jahren. »Figge« und ich pflegen auch privaten Umgang.
Ich erzähle ihm von Peter Bratts Plänen und auch von meiner eigenen Beteiligung.
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