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Der Professor

Titel: Der Professor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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sich für die zweistündige Fahrt in die Stadt zurück auf seinem Sitz bequem. In dem gemieteten Bauernhaus hatte sie unterdessen zweifellos alles im Griff. Wahrscheinlich waren sie jetzt schon fast reich. Aber weder für ihn noch für sie ging es letztlich ums Geld. Der Beginn der Serie Nummer 4 erregte ihn, und er merkte, wie es ihm unwiderstehlich warm herunterrieselte, viel angenehmer als die Hitze, die durch die Klimaanlage hereinströmte. Ein Pulsieren im Takt der Musik, die im Führerhäuschen dröhnte.

6
    I m Innern der schwarzen Kapuze auf ihrem Kopf war Jennifers Welt zu dem zusammengeschmolzen, was sie hören, was sie riechen und was sie schmecken konnte, und jeder dieser Sinne war eingeschränkt – von ihrem wild hämmernden Herzschlag, den pochenden Kopfschmerzen hinter ihren Schläfen, der klaustrophobischen Dunkelheit, die sie umgab. Sie versuchte sich zu beruhigen, doch unter dem seidenen schwarzen Stoff schluchzte sie hemmungslos, so dass ihr die Tränen die Wangen herunterliefen und die Kehle rau und trocken war.
    Sie hatte nur den einen Wunsch: um Hilfe zu rufen, obwohl sie wusste, dass keine in Reichweite war. Das Wort »Mom« rutschte ihr heraus, doch hinter der Dunkelheit sah sie nur ihren toten Vater – fast zum Greifen nahe, aber doch so, dass er ihre Schreie nicht hören konnte, weil eine Glaswand zwischen ihnen war. Für einen Moment wurde ihr schwindelig, als taumelte sie am Rand einer Klippe und könnte nur noch so eben das Gleichgewicht halten, während sie plötzlich eine Böe erfasste.
    Sie befahl sich:
»Jennifer, du musst dich beherrschen …«
    Sie konnte nicht sagen, ob sie diese Worte laut aussprach oder sie nur innerlich all den widerstreitenden, verwirrenden Gefühlen und Verletzungen entgegenschrie, die in ihr tobten und sie derart bestürmten, dass sie keinen vernünftigen Gedanken fassen konnte. Sie konnte nicht einmal eindeutig sagen, ob sie Schmerzen litt. Ihr waren Hände und Füße gefesselt, doch selbst in dieser hilflosen Lage wusste sie, dass sie sich irgendwie ein Bild davon machen musste, was außerhalb der Kapuze geschah.
    Sie befahl sich, ein paarmal tief einzuatmen. »Jennifer! Versuch’s!«
    Seltsamerweise hatte es etwas Beruhigendes, in der zweiten Person mit sich zu sprechen. Es machte ihr bewusst, dass sie noch
     am Leben war, dass sie derselbe Mensch wie immer war, dass sie nach wie vor eine Vergangenheit, eine Gegenwart und vielleicht
     eine Zukunft hatte.
    »Jennifer, hör auf zu heulen!«
Sie schluckte die stickige Luft im Innern der Kapuze herunter.
»Schon gut, schon gut …«
    So einfach war das allerdings nicht. Sie brauchte mehrere Minuten, um sich ein wenig zu fassen, doch das Keuchen und das verzweifelte Schluchzen ließen irgendwann ein wenig nach und hörten schließlich fast auf, auch wenn sie gegen dieses heftige Zittern, das, besonders in den Beinen, jeden Muskel erfasst hatte, absolut machtlos schien. Sie zuckten einfach gegen ihren Willen und krampften sich so zusammen, dass sich ihr ganzer Körper wie Pudding anfühlte. Es war, als sei zwischen dem, was sie denken konnte, dem, was sie erkannte, und den Reaktionen ihres Körpers die Verbindung gestört. Alles war unkoordiniert und außer Kontrolle. Sie sah sich vollkommen außerstande zu begreifen, was passiert war und was noch passieren könnte.
    Sie zitterte, obwohl sie nicht fror; wo immer sie sich befand, war es sehr heiß. Sie spürte, wie die Wärme über sie hinwegging, und erst in diesem Moment wurde ihr bewusst, dass sie fast nackt war. Wieder erfasste sie von oben bis unten ein heftiges Zittern. Sie konnte sich nicht erinnern, wie sie jemand ausgezogen hatte, und wusste auch nicht mehr, wie sie hierher gelangt war. Sie erinnerte sich nur noch an den Moment, als die Faust des Mannes sie wie ein Geschoss traf und wie sie auf die Ladefläche des Lieferwagens geworfen wurde. Das war alles so verwirrend, dass sie nicht sicher sagen konnte, ob es tatsächlich passiert war. Eine Sekunde lang stellte sie sich vor, sie träumte das alles nur; wenn sie einfach nur die Ruhe bewahrte, würde sie zu Hause in ihrem Bett aufwachen, in die Küche hinuntergehen, sich einen Kaffee und ein
Pop-Tart
machen und dann ihre Pläne durchgehen, wie sie von zu Hause wegkommen konnte.
    Jennifer wartete unter der Kapuze, kniff die Augen zu und gab sich den Befehl:
Wach auf! Wach auf!
Dabei wusste sie, dass dies Wunschdenken war. Dass sich alles in Wohlgefallen auflösen würde, war denn doch zu viel

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