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Der Professor

Titel: Der Professor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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sagt, er habe gesehen, wie sie auf der Straße entführt wurde. Weitere Ermittlungen ergeben, dass ein gestohlenes Fahrzeug, auf das die Beschreibung des besagten Zeugen passt,
möglicherweise
Stunden nach ihrem Verschwinden in Brand gesteckt wurde.«
    »Ja, und?«
    »Ja, und das war’s. Keine Lösegeldforderung. Keine Kontaktaufnahme seitens des vermissten Mädchens oder jemand anderem. Mit anderen Worten, wenn ein Verbrechen stattgefunden hat, verliert sich an diesem Punkt die Spur.«
    »Himmel. Was glauben Sie?«
    »Ich glaube …« Terri zögerte. Sie war bereit loszulegen, als ihr mit einem Schlag klarwurde, dass die Antwort ihr gefährlich werden konnte. Sie musste ihre Position schützen und jedes Wort auf die Waagschale legen. »Ich denke, wir sollten vorsichtig agieren.«
    »Wie?«
    »Nun, der Zeuge – Professor Thomas, er ist Emeritus an der Uni; Sie finden seine Referenzen im Bericht – glaubt, wir sollten der Möglichkeit einer Entführung zum Zweck sexuellen Missbrauchs nachgehen. Alle potenziellen Sexualstraftäter überprüfen und da einen Ansatzpunkt finden. Gleichzeitig sollten wir die behördeninterne Vermisstensuche verstärken. Wenn Sie Ihren Verbindungsmann beim FBI in Springfield informieren wollen, wäre das sicher sinnvoll. Um zu sehen, ob die einbezogen werden wollen.«
    »Das wage ich zu bezweifeln«, sagte der Chief. »Zumindest, solange wir nichts Konkreteres zu bieten haben.« Terri schwieg, sie wusste, dass der Chief noch nicht fertig war. »Okay, bleiben Sie dran. Der Fall hat oberste Priorität. Sie wissen, dass die meisten Ausreißer früher oder später wieder auftauchen. Hoffen wir, dass die Leute, die der Professor gesehen hat, vielleicht Freunde sind, von denen die Mutter nichts weiß. Sammeln wir weiter Informationen, während wir auf den Anruf warten:
Ich bin pleite und ich will nach Hause

    Terri nickte. Der Chief sah dieselben Probleme wie sie. Er wollte verhindern,
jemals
vor einen Haufen Kameras und Reporter treten und sagen zu müssen: »Also, wir haben Gelegenheiten, die sich uns geboten haben, nicht genutzt …« Sie hatte gesehen, wie andere Cops in anderen Bezirken sich einer solchen Situation stellen und zusehen mussten, wie ihre Karriere den Bach runterging. Sie bezweifelte, dass ihr Boss – selbst mit der festen Unterstützung des Bürgermeisters und des Stadtrats – der Nächste sein wollte, der negative Schlagzeilen machte.
    Es war auch nicht schwer zu erraten, dass er ebenso wenig Lust verspürte, sich, und sei es auch in geschlossener Sitzung, vor den Stadtrat zu stellen und zu sagen: »Nun, vielleicht haben wir in der Idylle unserer kleinen Universitätsstadt einen Serienvergewaltiger oder -mörder …«, denn das wäre mit Sicherheit ebenso brisant. Wie vorausgesehen, lautete seine eigentliche Botschaft an sie:
Tu dein Bestes. Sicher dich nach allen Seiten hin ab. Halte dich an die Verfahrensregeln. Geh kein Risiko ein. Mach dich nicht verrückt. Tu gewissenhaft und zuverlässig deine Arbeit
 …
    … denn falls irgendetwas schiefgeht, hältst
du
den Kopf hin.
    Sie nickte. »Ich halte Sie auf dem Laufenden, wenn es etwas Neues gibt.«
    »Tun Sie das«, antwortete er und ruckte an seiner Krawatte. Eine Ansprache, tippte Terri, vielleicht vor den Freimaurern oder dem örtlichen Lions Club? Es wäre ein illustrer Kreis, der sich für die Analyse von Kriminalstatistik interessierte – und dafür, wie das Dezernat jeden Fall mit professionellem Geschick aufgeklärt hatte. Der Chief war ein Könner darin, diesen Eindruck zu vermitteln.
    Sie beschloss, zweierlei zu tun. Zum einen, sich alte, ungeklärte Fälle anzuschauen. Vielleicht gab es ja eine frühere Jennifer, von der sie nichts wusste. Zum Zweiten plante sie, sich jeden aktenkundigen Sexualstraftäter in ihrem Zuständigkeitsbereich zur Brust zu nehmen. Eine Menge Besuche, räumte sie ein. Aber nicht zu vermeiden.
    Sie stand auf und ging zur Tür. Die Theorien des Professors hatte sie mit keinem Wort erwähnt. Die meisten Verbrechen passten in bestimmte Muster, entsprachen statistischen Normen, erfüllten Kriterien, die man im Hörsaal unterrichten und dann aufs reale Leben übertragen konnte. Adrian Thomas würde sich nicht an diese Parameter halten, vermutete sie.
    Es schien ihr nicht vernünftig, diesen Rahmen zu überschreiten. Sich davon einschränken zu lassen, auch nicht.

20
    M ichael war zufrieden. Die Reaktionen auf Serie Nummer 4 bordeten über vor Ideen, Vorschlägen und

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