Der Profi - The Cleaner
seinen Computer vorläufig mit Batterien zu betreiben. Das war kein Problem, denn die Akkus waren vollgeladen und würden ein paar Stunden laufen.
Quinn schob den Memory Stick in einen Schlitz an der Seite des Computers. Als Erstes griff er auf ein chiffriertes Dokument zu, das Informationen enthielt, die er über Jahre hinweg gesammelt hatte: eine Liste von Standorten und Bankkonten, einen Plan möglicher Verstecke und Bargelddepots, an die er jederzeit herankam. Er wusste nicht, wie lang er in Vietnam bleiben konnte, daher mussten sie bereit sein, jederzeit aufzubrechen. Er wählte auf der Liste drei Reserveziele aus.
Er schloss das Dokument und öffnete seine Modem-Software. Nachdem er sein Passwort eingegeben hatte, klickte er die Taste »Verbinden« an und empfing sofort eine mit »error« gekennzeichnete Mail.
Quinns Pager funktionierte auch als drahtloses Hochgeschwindigkeits-Satelliten-Modem. Er drehte ihn um, öffnete eine winzige Klappe in der oberen linken Ecke, worauf drei kleine Knöpfe zum Vorschein kamen. Mit einem Kugelschreiber drückte er auf den mittleren, dann auf den linken Knopf. Er drehte den Pager wieder um und öffnete den Deckel, so dass er das Display vor Augen hatte.
blinkte ein paar Sekunden auf. Wurde ersetzt durch Es blinkte jetzt viel schneller als bei der ersten Nachricht. Die Mitteilung schließlich blieb ruhig auf dem Schirm stehen.
Quinn wandte die Aufmerksamkeit wieder dem Computer zu, klickte sich ein und ging direkt in seine E-Mail.
Es warteten ein Dutzend Nachrichten auf ihn. Die erste, die er öffnete, kam von Orlando, abgeschickt vor nur wenigen Stunden.
Ruf mich an, sobald du wach bist. _O.
Bestimmt erwartete sie nicht, dass er schon so früh wach war. Wenn ich sie jetzt anriefe, würde sie vielleicht nie wieder mit mir sprechen. Als ihm der Gedanke kam, musste er unwillkürlich lächeln. Aber ihm wurde klar, dass es nicht nur dieser Gedanke gewesen war, der ihn lächeln ließ; er hatte gelächelt, weil er sie wiedergesehen, mit ihr gesprochen hatte. Er war ihr wirklich nah genug gewesen, um die Hand auszustrecken und sie berühren zu können, wenn er wollte. Streich das. Er wollte es so sehr, doch sein Gewissen ließ es nicht zu.
Im Fernsehen gab es jetzt anstatt der Konjunkturberichte Nachrichten aus aller Welt - eine Reportage über den kürzlich gewählten serbischen Präsidenten. Allem Anschein nach ein Reformer, der sich, sagte der Nachrichtensprecher, offenbar mit einem Versuch, alte Wunden zu heilen, an die früheren Feinde seines Landes mit dem Versprechen wandte, zivile Vertreter und Vertreter der Regierung zu irgendeiner bevorstehenden Konferenz der EU auf dem Balkan zu schicken.
Quinn nahm die Fernbedienung und drehte die Lautstärke herunter, dann schaute er wieder auf den Computermonitor. Von allen Nachrichten, die Quinn bekommen hatte, war Orlandos Botschaft die einzige, die direkt an seine E-Mail-Adresse gerichtet war. Alle anderen schickten ihre Korrespondenz an Quinn über Deckadressen, von wo sie auf elektronischem Weg über eine Reihe von Umwegen an seine richtige E-Mail-Adresse weitergeleitet wurden. Unter anderem war da eine Notiz seines Vaters. Ein Witz und nicht einmal ein sehr lustiger, über Eisfischen und Polarbären. Eine andere Mail kam von seiner Mutter, die andeutete, sie brauche Hilfe im Haus, und dreimal erwähnte, wie unnütz sein Vater sei. Die alte Leier.
Er schickte beiden rasch eine Mail, berichtete ihnen, dass er auf Geschäftsreise sei und anrufen würde, sobald er zurückkam. Sie dachten, er sei privater Unternehmensberater bei einer Bank und seine Klientel über die ganze Welt verstreut. Es war seine übliche Tarnung, nur für seine Eltern noch ein bisschen geschönt.
Sechs der neun verbleibenden Nachrichten kamen von anderen Freiberuflern, die Quinn dann und wann angeheuert hatte, alle fragten nach Arbeit.
Das war weiter nicht ungewöhnlich. Die Leute blieben immer mit Quinn in Kontakt, für den Fall, dass sich etwas ergab. In letzter Zeit hatte er mehr Mails bekommen als sonst, im Durchschnitt wenigstens eine täglich. Ein paar Monate war es ziemlich ruhig gewesen, und jetzt waren alle drauf aus, ein bisschen Bares zu verdienen. Es war eine Art Spionagerezession. Quinn schob sie auf die sich stetig vermehrenden Organisationen und staatseigenen Agenturen, die versuchten, alles »hausintern« zu erledigen, um die Kosten zu senken.
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