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Der Profi

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Titel: Der Profi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fernando S. Llobera
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betrat, kochte sie vor Wut. Sie hatte die ständigen Einladungen zum Frühstück des leitenden Kommissars aus dem Datenzentrum in El Escorial abwimmeln müssen, und sie fühlte sich nach vierundzwanzig Stunden Schlaflosigkeit völlig ausgelaugt. Außerdem war sie, statt den Hauptverdächtigen zu verfolgen, dazu verdonnert worden, einen Windbeutel wie mich ausfindig machen. Cruz empfand dies als eine zweitrangige Aufgabe. Genau deshalb beschloss ich in meinem Leben schon relativ früh, niemals in einer festen Anstellung zu arbeiten oder meine Energie dafür zu verschwenden, dass die anderen später die Lorbeeren für mich ernteten. Denn die Leute an der Basis müssen stets die Knochenarbeit erledigen, obwohl sie anschließend keine Anerkennung finden und in der Versenkung verschwinden. Als Profi sollte man es vorziehen, von anderen unabhängig zu arbeiten!
    Wieder einmal war es nicht besonders schwer, mich zu finden. Dutzende von Polizeibeamten verfolgten in jenen Tagen die vory , die durch Madrid schwirrten. Wie der Zufall es wollte, hatte ich mich zu dieser Zeit mit einigen von ihnen zum Mittagessen verabredet. Cruz setzte sich der Reihe nach mit jeder einzelnen Verfolgungseinheit in Verbindung, bis sie mich fand. Mit viel zu viel Zigaretten im Aschenbecher und der steigenden Lust auf einen Drink, kontrollierte sie mich von einer Bar auf der anderen Seite des Platzes aus, als ich in Begleitung der Russen und ihrer Leibwächter Viktors Restaurant verließ. Sie beobachtete, wie diese in ihre Fahrzeuge stiegen und ich nachdenklich zurückblieb. Dann nahm sie gemeinsam mit Valls meine Verfolgung auf. Als sie mich gerade schnappen wollten, explodierte Timofeews Wagen.
    Die beiden Kripobeamten fielen zu Boden, Valls stöhnte vor Schmerz laut auf und griff sich an die Brust. Um sie herum ging unter dumpfem Klirren ein Regen aus Asche, Glassplittern und Asphaltbrocken nieder. Ein un unterbrochenes Pfeifen quälte das Trommelfell der beiden Polizisten. Cruz blieb auf dem Boden liegen, während der Splitterregen wie in Zeitlupe weiterfiel. Dann gelang es ihr, sich aufzurichten. Sie erkannte drei Dinge: den brennenden Wagen des Russen, dessen Kollegen, der wie ein Säugling zusammengerollt auf dem Boden lag, und Lucca Corsini, der eilig hinter der nächsten Straßenecke verschwand. Taumelnd näherte sich die Hilfskommissarin ihrem Kollegen.
    »Román, bist du okay …?«
    Sie musste ihre Worte mehrmals wiederholen. Gleichzeitig flogen ihre besorgten Blicke in meine Richtung.
    »Ich folge Corsini«, rief sie ihrem Kollegen zu, der, von der Explosion benommen, kaum verstand, was sie sagte. »Corsini«, artikulierte Cruz, so deutlich sie konnte. Dann zog sie Valls’ Gesicht wenige Zentimeter an ihres heran und wiederholte: » COR - SI - NI !«
    Jetzt verstand Valls, was sie meinte. Er nickte mit dem Kopf und bedeutete ihr, dass sie sich um ihn keine Sorgen zu machen brauche. Wie sich später herausstellte, stand es äußerst kritisch um den Kripobeamten. Aber Valls verbiss sich den Schmerz, damit seine Kollegin mich verfolgen konnte.
    »Sch… schnapp ihn dir!«, sagte Valls noch.
    Eine Masse rauchender Blechteile hinter sich las send, heftete Cruz sich mir an die Fersen. Sie bog um die Straßenecke der Calle Redondilla und schlug sich eine Schneise durch die Menge Neugieriger, die sich genähert hatten, um das spektakuläre Feuerwerk nicht zu verpassen. Von fern hörte man bereits die ersten Sirenen der Verkehrspolizei, die das Gebiet großräumig absperrte, damit die Spurensicherung später amtlich bestätigten konnte, dass die verschmorten Personen tatsächlich tot waren. Oder, wie sie es ausdrückten: » Vermutlich nicht mehr am Leben.« Ein » vermeintlicher « Russe war bei einem » vermeintlichen Attentat « auf einem » vermeintlichen Platz in Madrid« ums Leben gekommen … Mir kam dieses Um-den-heißen-Brei-Reden von Polizei und Richtern ganz gelegen: Meine Bosse waren für die Ordnungshüter dementsprechend nur » vermeintliche Mafiosi« ; zumindest so lange, bis sie den Bullen einmal überraschend mit dem schmauchenden Lauf einer Pistole gegenüberstanden.
    Die Augenzeugen, die von frisch angestellten Polizeipraktikanten verhört wurden, lieferten ungenaue und völlig belanglose Aussagen für die abendlichen Fernsehnach richten. Was mit Sicherheit niemand erzählte, war die Tatsache, dass eine junge Frau mit Pferdeschwanz, Jeans und knackigem Po im Dauerlauf einem italienischen Söldner hinterherrannte.
    Als Cruz

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