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Der Profi

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Titel: Der Profi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fernando S. Llobera
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der im Auftrag von jemand anders handelte. Das bedeutete natürlich, dass meine Mission noch längst nicht zu Ende war.
    »Und diese Person läuft noch immer frei herum.«
    Ich nickte.
    »Und Sie werden ihn zu schnappen versuchen?«
    »Er wird mit seiner Reaktion nicht lange auf sich warten lassen …«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Wer ins Wespennest sticht …«
    Cruz dachte einen Augenblick über meine Worte nach.
    »Corsini, Sie lehnen sich ganz schön weit aus dem Fenster.«
    »Na ja, vielleicht locke ich die Bestie damit endgültig aus ihrem Versteck …«
    Cruz sah mich durch das schützende Glas der Brillengläser mit ihren großen Augen an.
    »Sie riskieren viel!«
    »Es schmeichelt mir, dass Sie sich Sorgen um mich machen …«
    »Ach was, ich mach mir keine Sorgen um Sie. Von mir aus können Sie weiter russisches Roulette spielen«, ergänzte sie, ohne mir einen Stich zu lassen. Mir fiel wieder auf, dass ihre Coolness reine Fassade war. Dann fragte sie: »Sagen Sie, Corsini, was bringt Sie eigentlich dazu, für Menschen wie … diese Russen zu arbeiten?«
    Ich zögerte nicht lange mit meiner Antwort. Schließlich stellt man mir diese Frage häufiger.
    »Um zu überleben, tut eben jeder, was er kann. Ich habe bessere und schlechtere Kunden. Die Russen sind ziemlich grobe Klötze, aber sie zahlen gut.« Ich zuckte mit den Schultern: »Hab ich Sie jetzt enttäuscht?«
    »Kriminelle enttäuschen mich grundsätzlich nicht, aber sie überraschen mich auch nicht«, antwortete Cruz blitzschnell. »Sie wählen den Weg des geringsten Widerstands, sie leben auf Kosten der Schwächsten und besitzen nicht die Spur von Anstand oder Mitleid. In jedem Urwald gibt es Hyänen und Löwen …«
    Ihre Ironie amüsierte mich. Ich selbst hätte die Bezeichnung » Weg des geringsten Widerstands« im Zusammenhang mit meiner Arbeit niemals verwendet …
    »Ist ja interessant, was Sie da sagen. In diesem Moment suchen wir genau einen solchen Löwen höchsten Ranges. Und wie es scheint, hat er gegen Aasfresserei nichts einzuwenden …«
    Meine Bemerkung ließ sie für die nächsten dreißig Schritte in tiefes Schweigen verfallen.
    »Ich würde gerne was essen«, sagte Cruz, als wir vor einem Terrassencafé stehen blieben.
    Wir besorgten uns eine Tüte Kartoffelchips und bestellten dazu zwei Bier. Ich streckte die Beine aus und machte es mir auf einem der Gartenstühle bequem.
    »Was denken Sie eigentlich über uns Gesetzeshüter und die Polizei? Das würde mich schon mal interessieren.«
    »Die Hüter des Gesetzes? Die Gesetze … Oje! Meinen Sie damit etwa diese Spielregeln, die sich der jeweils machthabende Politiker nach seinen eigenen Bedürfnissen zurechtschustert? Und kommen Sie mir jetzt bitte bloß nicht mit der Demokratie, diesem Riesenschwachsinn, bei dem das Volk angeblich über sein eigenes Glück entscheiden kann, indem es alle vier Jahre einmal sonntags an die Wahlurnen tritt! Als würden die Schafe dem Schäfer den Weg weisen und nicht umgekehrt … Vor ein paar Wochen war ich in Istanbul. Dort hatte ich den Auftrag, ein hohes Tier aus dem Irak, den die Amerikaner als Kriegsverbrecher betrachten, der CIA zu überge ben. Ich will gar nicht darüber urteilen, ob der Mann diese Bezeichnung verdient hat oder nicht. Jedenfalls versuchte die CIA ihn zu entführen. Aber es ging schief. Zum Schluss kauften die Amerikaner ihn mir für eine Handvoll Dollar ab, und jetzt foltern sie ihn wahrscheinlich in Guantánamo … Und ich bin der Bösewicht? Die Grenzen zwischen Gut und Böse sind in unserer Welt ziemlich fließend geworden. Das Gesetz, mmh … Ich habe meine eigenen Prinzipien. Bitte lachen Sie nicht: Ich habe niemals jemandem Schaden zugefügt, der es nicht verdient hat! Und ich respektiere die Unschuldigen, aber meist sind sie in der Minderheit.«
    Cruz trocknete sich die Lippen mit einer Serviette ab.
    »Señor Corsini, Sie sind ein Zyniker.«
    » Lucca ! Nennen Sie mich endlich Lucca, Hilfskommissarin!«
    »Kommen Sie bloß nicht auf die Idee, mich Cruz zu nennen …«
    »Noch nicht, mmh? Wenn mir etwas mehr zu schaffen macht als mein eigener Zynismus, dann ist es der Zynismus der Gesellschaft. Wir alle tragen unseren Anteil Schuld an irgendetwas!«
    Cruz hob empört die Hände.
    »So ein Quatsch! Für den Mädchenhandel in unserem Land haben Sie und Ihre Bosse die alleinige Verantwortung.«
    »Oho, Hilfskommissarin! Wissen Sie eigentlich, wie viel Geld spanische Tageszeitungen mit Sex-Annoncen verdienen? Vierzig

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