Der Profi
seinem Bericht zu arbeiten.
Sie hatten den Schutz der Dunkelheit genutzt. Eine fast menschenleere Gasse, ein lästiger Regen, der einen zwang, auf den Boden zu schauen, und zugleich den Lärm der Schritte dämpfte. Ich war gerade zu Fuß unterwegs in ein Restaurant, in dem ich meine jüngsten Er folge begießen wollte (Apolinar Estilos Ermordung und das stolze Honorar, das mir Boris Iwanowitsch auf ein Schweizer Konto überweisen würde), als neben mir ein Auto hielt, dem vier unsympathisch wirkende Gestalten entstiegen. Sie waren bewaffnet und hielten Dienstmarken in der Hand. Über dem einen Kotflügel des Wagens kreiste ein Licht, das die Straße mit einem blauen Flim mern überzog. Sie packten mich an den Armen und drückten mir ihre Ausweise ins Gesicht, damit ich mich davon überzeugen konnte, dass es sich tatsächlich um Polizisten handelte.
Aber ihr ungepflegtes Äußeres wirkte nicht gerade beruhigend auf mich. Auch die Tatsache, dass sie sich als Ordnungshüter auswiesen, konnte meine schlimmsten Befürchtungen nicht beseitigen: Die Marken konnten gefälscht sein, die Polizisten möglicherweise Schurken, die es darauf abgesehen hatten, mir die Fresse zu polieren. Wie auch immer: Sie hatten mich umzingelt und verfrachteten mich jetzt eilig in ihren Wagen. Ein paar Schaulustige blieben stehen. Ich hatte keine Zeit, mich zu wehren. Es waren Vollprofis. Zwei von ihnen nahmen mich auf der Rückbank in die Mangel, einer nahm vorn auf dem Beifahrersitz Platz, und der vierte setzte sich ans Steuer und fuhr los. Der Mann, der links von mir saß, zerrte an meinen Haaren und drückte meinen Kopf nach unten, bis er zwischen meinen Beinen eingeklemmt war. Eine äußerst unbequeme Haltung, die es mir unmöglich machte zu erkennen, wohin wir eigentlich fuhren. Ich wehrte mich, aber sie gaben mir zu verstehen, ich solle lieber die Klappe halten, oder sie würden mich nach Strich und Faden verprügeln.
Ich bekam kaum noch Luft, da mir mein Entführer mit aller Kraft den Nacken herunterdrückte. Ich hatte noch immer meinen Mantel an, und mir wurde darunter unerträglich heiß.
Ich habe nicht die geringste Ahnung, wie lange wir durch Madrid fuhren, aber mir schien es eine Ewigkeit. Nach einer Weile ließen wir Ampeln und Staus hinter uns. Der Fahrer fluchte mehrmals während der Fahrt, die übrige Zeit verging, ohne dass jemand ein Wort sprach.
Etwa nach einer halben Stunde fuhren wir in eine Tiefgarage. Dort endete unsere Reise. Geknebelt und schwindlig, wie mir war, wurde ich von zwei Männern festgehalten. Als ob ich in meinem Zustand hätte fliehen können! Dann traten wir durch eine schwere Metalltür ins Innere des Gebäudes. Es war eine Art Loft und wirkte ziemlich verlassen: Außer ein paar Aluminiumtischen im unteren Stockwerk gab es keine Möbel. Nur die Küche war vollständig möbliert. Ein Mann befand sich darin und wusch sich die Hände am Spülbecken. Er war groß und von kräftiger Statur; um die fünfzig. Er stand mit dem Rücken zu mir. Grauer Anzug.
»Bringt ihn rauf!«, befahl er, ohne sich umzudrehen.
Daraufhin führten sie mich über eine Treppe ohne Geländer nach oben. Ein Riese lief vor mir, einer neben mir, und zwei bildeten die Nachhut. Derjenige, der vorausging, zögerte nicht lange, und als wir den Treppenaufgang erreicht hatten, versenkte er mit voller Kraft seine Faust in meiner Magengrube. Der Mann hatte eine Faust wie ein Presslufthammer. Keuchend krümmte ich mich vor Schmerz. Anschließend packten mich die anderen beiden, schleiften mich mit sich und setzten mich auf einen Holzstuhl. Einer nahm mir meine Glock ab, fesselte meine Arme mit Handschellen auf dem Rücken und befestigte sie gleichzeitig an der Stuhllehne. Der andere knipste die Deckenbeleuchtung an. Auch das obere Stockwerk war leer. Der Raum hatte die für Lofts typische Aufteilung: Das obere Stockwerk überragte nur einen Teil der unteren Wohnfläche. Es gab kein Geländer und auch keine Brüstung, sodass man in einem Moment der Unachtsamkeit hinunterstürzen konnte. Einer meiner Entführer näherte sich vorsichtig dem Rand.
Dann rief er: »Er sitzt jetzt oben.«
Die Geräusche, die der andere Mann, der vermeintliche Anführer der Gruppe, unten machte, als er Papier von der Küchenrolle zum Trocknen riss, drangen zu uns herauf. Dann hörten wir seine Schritte, als er die Treppen heraufkam. Er baute sich vor mir auf, schnappte sich den einzigen weiteren Stuhl und nahm, auf die Rückenlehne gestützt, rittlings darauf
Weitere Kostenlose Bücher