Der Profi
ihr dafür geboten hast. Wahrscheinlich sehr viel Geld. Aber eins weiß ich mit Sicherheit: Ich werde dich vor Gericht bringen!«
Ich klatschte mehrmals laut in die Hände, das Echo hallte von den Altstadtmauern wider.
»Was für eine großartige Rede, Kommissar! Eine tolle Vorstellung fürs Publikum. Aber ich bestehe darauf: Ist nicht nötig! Niemand schneidet hier was mit.«
Als Nächstes wedelte ich vor Jarretes Augen mit dem Umschlag. Er betrachtete mich mit einer Mischung aus Misstrauen und Abneigung. Dann kam er zu mir und nahm mir den Umschlag ab. Er öffnete ihn und zog vier Schwarzweißfotos heraus. Es waren Abzüge von Palacios’ Videomitschnitten. Jarrete war darauf im Gespräch mit dem Bordellbesitzer zu erkennen. Wie ich schon sagte, die Bilder hätten nicht genügt, um ihn anzuklagen: Eine Momentaufnahme des Kommissars mit einem Madrider Unternehmer, so schmutzig dessen Geschäfte auch sein mochten, besaß vor Gericht nicht die geringste Beweiskraft. Aber ich vertraute darauf, dass sie ein Köder sein würde, durch den sich Jarrete verunsichern ließ.
Sein Gesichtsausdruck blieb unverändert. Insgeheim konnte ich ihn zu seiner Rolle als exzellenter Pokerspieler nur beglückwünschen. Er verharrte eine Weile schweigend.
»Na und, du Idiot. Natürlich kannte ich Palacios. Das ist mein Job. Ich habe häufig mit ihm gesprochen. Sagen wir es so: Ich gebe mir von Zeit zu Zeit im Pink Palace die Ehre. Das ist völlig legal, falls du es noch nicht begriffen haben solltest.«
»Ist ja auch nur ein Foto! Aber du solltest mal die Tonmitschnitte des Videos hören …« Jetzt war für mich der Moment gekommen, etwas Würze ins Spiel zu bringen, und das war auch dringend nötig! »Zagonek konntest du mit deinen Verwirrspielchen jahrelang täuschen. Aber im Fall von Palacios hast du dann plötzlich deine ganzen Vorsichtsmaßnahmen über Bord geschmissen. Du hast ihn für harmlos gehalten, aber da hast du ihn völlig unterschätzt. Sein alter Herr war nämlich ein krankhafter Voyeur. Seine Bordelle waren übersät mit versteckten Kameras. Mikrofone in allen Räumen. Ich nehme an, er hat es dir gegenüber nie zugegeben, aber jedes Mal, wenn du bei ihm warst, bist du in deiner vollen Pracht verewigt worden genau wie deine Gespräche mit dem Juniorchef. Was ich auf den Bändern gehört habe, ist bei weitem nicht so belanglos, wie du denkst! Dein erster Fehler … Dein zweiter Fehler war, als du mir im Loft dein Gesicht präsentiert hast. Es war dir egal, weil ich sowieso sterben sollte. Das Risiko war also gleich null. Aber dann ging der Schuss nach hinten los! Ich habe überlebt. Und da ich dein Gesicht bereits von Palacios’ Videomitschnitten kannte, hab ich sie mir gleich noch mal angeschaut. Du kannst dir meine Überraschung vorstellen, als ich deine wahre Identität entdeckte: ein leitender Kommissar der UDYCO ! Das muss man sich mal vorstellen. Sicherheitshalber kopierte ich alle CD - ROM s, die ich während der Vorbereitungen zum Kauf des Pink Palace bei Palacios fand. Ich besitze ein hübsches Paket davon. Es ist bereits geschnürt, um an einen unbestechlichen und unverdächtigen Richter versandt zu werden!« Ich zuckte mit den Schultern und fuhr fort: »All das kannst du mir glauben oder nicht, ist mir egal.«
Natürlich waren das lauter fadenscheinige und vor allem fiktive Argumente. Es gab kein solches Video, die Tonmitschnitte waren substanzlos, und die Fotos waren weder sittenwidrig noch anstößig. Ich an seiner Stelle hätte darauf vertraut, dass mein Einfluss und meine berufliche Reputation groß genug waren, um mich vor dem »widerlichen Rufmord an einem treuen Diener des Gesetzes« zu schützen. Selbst wenn die spanische Justiz gerne von Zeit zu Zeit ihre Wut an Polizisten auslässt, hätte Jarrete beste Aussichten gehabt, vor Gericht zu gewinnen. Wie auch immer: Meine Version der Angelegenheit, die ich Jarrete zu verkaufen versucht hatte, war von vorn bis hinten erlogen! Also versüßte ich ihm mein Angebot ein wenig.
»Ich biete dir zwei Millionen Euro.«
»Was sagst du da?«, fragten Jarrete und Cruz fast gleichzeitig.
»Kommissar, meine Anweisung aus Moskau lautet: auf keinen Fall unseren treuesten Mitarbeiter aus den Reihen der UDYCO verlieren! Es gibt noch andere, aber keiner ist für die Mafia so wertvoll wie Hilario Jarrete. Seit Viktor Stonowitsch ins Gefängnis gewandert ist, haben die übrigen vory in Spanien lediglich ihre Unfähigkeit und Überforderung unter Beweis gestellt.
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