Der Profi
würde mich per Handy verständigen, und ich würde umgehend den Zünder auslösen. All das brachte ich so überzeugend wie möglich an den Mann.
»Keine Bange, Mister Corsini«, sagte der CIA -Agent mit vergnügt leuchtenden Augen. »Machen Sie Boris Iwanowitsch meine Aufwartung!«
Für die über vierhundert Kilometer zwischen Istanbul und Ankara benötigten wir in Bekirs Kleinlaster etwa sechs Stunden. Die Amis hielten Wort. Sie ließen die Türken aus dem Spiel. Niemand nahm uns fest, und wir erreichten unser Ziel zwar erschöpft, aber ohne nennenswerte Probleme.
In Ankara überreichte ich den Geldkoffer dem Piloten einer Privatmaschine, die im Schutz der Nacht auf einem Sportflughafen außerhalb der türkischen Hauptstadt gelandet war. Juri und »Stalin« stiegen ins Flugzeug, nachdem sie sich – ossetischem Brauch entsprechend – mit drei Küssen auf die Backe verabschiedet hatten. Auf dem Flugplatz erregten wir kaum Aufmerksamkeit. Jedoch genug, damit ein schmieriger Polizist mit mehreren Zahnlücken routinemäßig die Flugtickets kontrollierte und anschließend eine Kiste russischen Wodka, einen Stapel DVD s mit so verheißungsvollen Titeln wie Pralle Babuschkas und Heißes Sibirien sowie zwei Hunderteuroscheine einsteckte. Wie beiläufig warf der Ordnungshüter einen Blick auf den Samsonite Koffer und brüllte dann einen Befehl, damit man seine Entschädigung schleunigst in den Patrouillenwagen packte.
Damit war mein Auftrag erledigt.
Am nächsten Tag, während ich im Flughafen Atatürk auf meinen Abflug nach Paris wartete, erhielt ich den Anruf, der mich im Nachhinein in ein ziemliches Schlamassel verwickeln sollte.
Boris Iwanowitsch Tertschenko war am Apparat. Er beglückwünschte mich überschwänglich zu meinem soeben beendeten Coup und versicherte mir wortwörtlich: » Mit dir als führendem Kopf meiner Geheimoperationen herrscht in meinem Herzen stets Friede und Gelassenheit.« (Für mein Gefühl trug er etwas dick auf.) »Lukasha, ich habe niemals an dir gezweifelt. Du bist number one ! Ein Held unseres kapitalistischen Russlands.« Und so weiter und so fort, blablabla … Ich wurde langsam nervös, denn Boris überhäufte mich eigentlich nur dann mit Lorbeeren, wenn er betrunken war oder mich in ein neues Abenteuer verwickeln wollte, bei dem mein Leben auf dem Spiel stand. Er versicherte mir, meine Tantiemen bereits auf ein sicheres Konto in Zürich überwiesen zu haben. Dann bat er mich um den Gefallen …
Ich schmiss ihn aus der Leitung, ohne ihm Zeit für weitere Erklärungen zu lassen. Boris Iwanowitsch Tertschenko hatte wohl nicht alle Tassen im Schrank! Nach fünf Minuten klingelte mein Handy erneut.
Ich antwortete: »Boris, ich will nichts von der Sache wissen.«
Er antwortete: » Pozhaluista – bitte, Lukasha!«
Ich sagte: »Boris, das wäre der reine Wahnsinn! Du weißt selbst, wenn ich nach Madrid zurückgehe, sind meine Tage gezählt. Oder aber ich lande im Gefängnis, je nachdem, wem ich zuerst in die Hände falle. Und du weißt auch, dass ich in der Stadt bekannt bin wie ein bunter Hund. Ich wäre dir dort von keinerlei Nutzen …«
»Ist persönliche Bitte, Lukasha. Ich habe dickes Problem. Ich vertraue nur Freund Lucca. Ich stelle dir Blankoscheck aus. Du bestimmst Tarif! Geld, so viel du willst …«
Ich atmete tief durch, dann legte ich mir meine Strategie zurecht. Ich würde dem Mafiaboss zuhören. Und anschließend würde ich ihn auf irgendeine Weise von meiner Meinung zu überzeugen versuchen. Wenn alles schieflief, würde ich ihn zum Teufel schicken und mich dem Risiko seines unermesslichen Zorns aussetzen. Nein. Das war unmöglich. Ich könnte an keinem Ort der Welt mehr in Frieden leben. Dann hielt mir Boris fünfzehn Sekunden lang alte Freundschaftsdienste vor, die er mir irgendwann einmal erwiesen hatte, die ich aber längst abbezahlt glaubte. Zum Schluss wurde er unerbittlich.
»Lucca, wenn du nicht hilfst, dann du arbeitest nie wieder mit uns. Nicht in Russland, nicht in Europa …«
»Boris, das ist Erpressung.«
»Sachen ändern sich, Lukasha. In Moskau alle machen sich Sorgen wegen neuem Problem. Du sollst in Ordnung bringen!«
Mir blieb keine andere Wahl.
»Also gut. Unter drei Bedingungen …«
» Da .«
»Ein Honorar mit einem Tagessatz von fünfzigtausend Euro. Völlige Unabhängigkeit, keine Befehle von oben. Und: Keiner mischt sich in meine Arbeit ein, und es gibt keine Alternativpläne, über die ich nicht informiert werde.«
»Wie Lucca
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