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Der Prometheus-Verrat

Der Prometheus-Verrat

Titel: Der Prometheus-Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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Wählscheibe und musterte Elena mit kritischem Blick. »Du willst mir drohen, Schlampe?«
    Sie schnalzte mit dem Kaugummi. »He, mir ist scheißegal, was du tust. Wenn du dich unbedingt in die geheimen Geschäfte der Securitate einmischen willst … von mir aus herzlich gern. Ich erledige nur meinen Job. Dragan ist scharf auf junge Pustamädchen, und wenn er mit ihnen fertig ist, schaffe ich sie über die Grenze zurück. Wenn du mich daran hindern willst, schön und gut. Spiel meinetwegen den Helden, der Dragans kleine Schwäche öffentlich macht. Aber glaub mir, ich möchte zum Verrecken nicht in deiner Haut stecken oder in der deiner Verwandtschaft.« Sie verdrehte die Augen. »Mach schon, ruf Dragans Büro an.« Sie nannte eine Nummer mit Bukarester Vorwahl.
    Langsam und wie benommen wählte der Beamte die angegebene Rufnummer und drückte den Hörer ans Ohr. Plötzlich riss er die Augen weit auf und beeilte sich, die Verbindung zu unterbrechen. Offenbar hatte er tatsächlich die Securitate am Apparat gehabt.
    Er drehte sich schnell um, murmelte ein paar wirre Worte der Entschuldigung und hastete zu seinem Streifenwagen zurück.
    Später, als sie von den ungarischen Grenzbeamten durchgewinkt wurden, fragte Bryson seine Beifahrerin: »War das wirklich die Nummer der Securitate?«
    »Natürlich«, antwortete sie.
    »Woher wussten Sie …«
    »Ich kann mir Zahlen gut merken«, fiel sie ihm ins Wort. »Hatte ich das noch nicht gesagt?«
     
    Ted Waller war Nicks Trauzeuge. Elenas Eltern waren, mit neuen Identitäten ausgestattet, unter dem Schutz des Direktorats nach Rovinj an die istrische Adriaküste umgesiedelt worden. Elena durfte sie aus Sicherheitsgründen nicht besuchen, was sie schweren Herzens akzeptierte.
    Ihr war ein Arbeitsplatz im Hauptquartier des Direktorats angeboten worden, und zwar in der Dechiffrierabteilung, die
sich mit der Entschlüsselung und Analyse abgefangener Signale befasste. Sie war außerordentlich talentiert, vielleicht die beste Kryptografin, die es in dieser Abteilung je gegeben hatte, und sie liebte ihren Job. »Ich hab dich und meine Arbeit, und wenn ich auch noch meine Eltern in der Nähe wüsste, wäre ich restlos glücklich«, hatte sie einmal gesagt. Als Nick seinem Mentor Waller zum ersten Mal gestand, dass es Elena und ihm ernst sei, war es fast, als würde er ihn um Erlaubnis zur Heirat bitten. Ob als väterlichen Freund oder Arbeitgeber, war ihm dabei selbst nicht ganz klar. Für das Direktorat zu arbeiten bedeutete, dass es zwischen Privatleben und Beruf keine klare Abgrenzung gab. Wie auch immer, weil er sie im Rahmen seiner Agententätigkeit kennen gelernt hatte, erschien es ihm als angemessen, Waller über sein Verhältnis zu ihr zu informieren. Waller hatte sich aufrichtig gefreut. »Endlich hast du eine gefunden, die zu dir passt und dir gewachsen ist«, hatte er gesagt und mit breitem Grinsen eine eisgekühlte Flasche Dom Perignon zum Vorschein geholt wie ein Zauberer eine Münze hinterm Ohr.
    Bryson dachte zurück an die Flitterwochen, die sie auf einer winzigen, fast unbewohnten Karibikinsel verbracht hatten. Der Sand am Strand war rosarot, und an einem klaren Bach im Inneren der Insel wuchsen Tamarisken, die eine geradezu magische Aura ausstrahlten. Sie wanderten in den Hainen umher, allein zu dem Zweck, sich zu verirren, sich zu verlieren – im jeweils anderen – und sich aus der Zeit zu stehlen, wie es Elena formulierte. Und wenn sie nicht mehr wussten, wo sie waren, versicherten sie sich gegenseitig in einer Art Ritual, dass sie, solange sie einander hätten, nie wirklich verloren wären.
    Jetzt war Elena fort, und er fühlte sich in der Tat verloren, entwurzelt, haltlos. Das große Haus war still und leer, doch er hörte ihre belegte Stimme, die so ganz nüchtern erklärte, dass sie ihn verlassen würde. Nein, es seien nicht die vielen Monate der Trennung, hatte sie erklärt; die wahren Gründe lägen sehr viel tiefer. Du bist mir fremd geworden , hatte sie gesagt. Ich weiß nicht mehr, wer du bist, und kann dir nicht mehr vertrauen .

    Er liebte sie, verflucht, und wie! War das denn nicht genug? Seine Bitten waren lautstark und leidenschaftlich. Aber der entstandene Schaden ließ sich nicht mehr rückgängig machen. Falschheit, Hartherzigkeit, Kälte – das waren Eigenschaften, die einen Agenten im Außeneinsatz am Leben hielten, und es gelang ihm nicht mehr, sie zu Hause abzulegen. Eine Ehe konnte aber unter solchen Voraussetzungen nicht länger bestehen.

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