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Der Prometheus-Verrat

Der Prometheus-Verrat

Titel: Der Prometheus-Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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dritten Akt.«

Zweites Kapitel
    Fünf Jahre später
     
    D as Woodbridge College im Westen Pennsylvanias war zwar ziemlich klein, strahlte aber Exklusivität und Wohlstand aus, was vor allem am Grün der Anlage augenfällig wurde, an den manikürten Rasenflächen und den perfekt abgezirkelten Blumenbeeten. Sie machten deutlich: Hier gab es auch Geld für ästhetische Details. Die Architektur der Backsteinbauten entsprach jenem neugotischen Stil, wie er für Universitätsbauten der 20er Jahre typisch war. Aus der Ferne betrachtet und abgesehen von der tristen Industrielandschaft ringsum, hätte man die Schule auch für eines der alten Colleges von Cambridge oder Oxford halten können. Es war eine nach außen abgeschirmte, gut gesicherte, konservative Institution, ein Ort, an den Amerikas reichste und mächtigste Familien ihre gelehrigen Zöglinge hinschicken konnten, ohne ständig Angst um sie haben zu müssen. Die Läden und Snackbars auf dem Campus machten gute Umsätze mit Latte und Focaccia . Selbst während der späten Sixties war das College das geblieben, was der damalige Präsident einmal scherzhaft als »Brutstätte der Ruhe« bezeichnet hatte.
    Zu seiner eigenen Überraschung entpuppte sich »Jonas Barrett« tatsächlich als guter Lehrer, und seine Seminare waren besser besucht als es die Fächer, die er unterrichtete, vermuten ließen. Manche seiner Studenten waren sehr helle und fast alle fleißiger und wohlerzogener, als er selbst es während der eigenen Studienzeit je gewesen war. Einer seiner Fakultätskollegen, ein humorvoller Physiker aus Brooklyn, der vorher am City College von New York unterrichtet hatte, hatte ihm gegenüber zu Beginn seiner Lehrtätigkeit bemerkt, dass man sich hier vorkomme wie ein Lehrer im 18. Jahrhundert, der die Kinder englischer Lordschaften
zu unterrichten habe. Man lebte inmitten von Pracht und Reichtum, ohne selbst wirklich Anteil daran zu haben.
    Trotzdem, Waller hatte Recht behalten: Es war ein gutes Leben.
    Jonas Barrett sah sich jetzt in einem voll besetzten Hörsaal hundert erwartungsvollen Gesichtern gegenüber. Amüsiert hatte er zur Kenntnis genommen, dass die Campus Confidential ihn anlässlich seines ersten Jahrestags am Woodbridge College als einen »unterkühlt charismatischen Lehrer« mit »versteinerter, leicht ironischer Miene« charakterisiert hatte. Aus welchen Gründen auch immer, seine Vorlesung über das antike Byzanz gehörte zu den am besten besuchten Veranstaltungen im Fachbereich Geschichte.
    Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Es war Zeit, den Vortrag zu beenden und einen Ausblick auf die nächste Stunde zu geben. »Das Römische Reich war wohl die erstaunlichste politische Errungenschaft in der Geschichte der Menschheit. Klar, dass sich zahllose Historiker den Kopf darüber zerbrochen haben, wie es zu seinem Untergang hatte kommen können. « Sein Tonfall war professoral mit einer Spur Sarkasmus. »Sie alle kennen die traurige Geschichte. Das Licht der Zivilisation flackert auf und nimmt ab. Vor den Toren stehen die Barbaren. Der Menschen beste Hoffnung droht das Aus, nicht wahr?« Im Saal äußerte sich gemurmelte Zustimmung. » Dünnschiss! «, platzte es aus ihm heraus, und nach einer kurzen, überraschten Unruhe wurde es plötzlich ganz still. »Entschuldigen Sie mein Mazedonisch.« Er sah sich mit zusammengekniffenen Brauen im Hörsaal um. »Lange bevor ihre politische und territoriale Überlegenheit verloren ging, haben die Römer ihre moralische Überlegenheit verspielt. Aus Rache an einer früheren Schlappe , die ihnen der Feind beigebracht hatte, nahmen die Römer Gotenkinder als Geiseln gefangen, trieben sie in zahlreichen Städten auf öffentlichen Plätzen zusammen und schlachteten sie ab. Nichts, was die Goten je getan hatten, kam diesem Verbrechen an Grausamkeit gleich. Das Weströmische Reich war eine Arena der Sklaverei und blutiger Spiele. Dagegen machte sich das Oströmische Reich geradezu friedlich aus, und es überlebte auch den so genannten
Fall des Römischen Reiches. ›Byzantium‹ war nur der Name des Westens für den Rivalen im Osten. Die Byzantiner selbst hielten ihr Reich für das wahre Rom und bewahrten all das an Wissenschaft und humanitären Werten, was wir heute noch wertschätzen. Der Westen wurde nicht Opfer eines äußeren Feindes, sondern verrottete von innen heraus. Also nichts von wegen ›das Licht der Zivilisation flackert auf und nimmt ab‹. Es bewegte sich vielmehr nach Osten.« Und nach einer

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