Der Prometheus-Verrat
Geschenk zurückverlangen sollen.«
»Im Ernst, das haben andere tatsächlich getan.« Tannenbaum ni ppte bedächtig an seinem Martini.
»Lass dich nicht unterbrechen.«
»Adam, du bist ein Armleuchter, ein Idiot, ein arroganter, besserwisserischer Einfaltsp insel ohne einen Hauch von Bescheidenheit und Demut. Vielleicht hast du gerade deshalb so häufig Erfolg gehabt. Aber diesmal? Glaub mir, du übernimmst dich maßlos.«
»Papperlapapp.«
»Ich bin dein Anwalt. Ich muss dir das sagen.« Tannenbaum zuckte mit den Achseln. »Mein Rat ist ganz einfach: Wenn du boxen willst, tu’s in deiner Gewichtsklasse, Adam.«
»Ist es das, was man euch im juristischen Seminar beigebracht hat?«
»Schön wär’s. Zurück zum Thema. Du willst meinen Rat. Also hör mir zu. Es gibt kaum eine namhafte Kanzlei, die nicht irgendwie mit Systematix oder einer ihrer Töchter zu tun hätte. Schau dich um, was siehst du? Wir sind wahrhaftig nicht die Einzigen, die ihr Mittagessen auf die Spesenrechnung setzen. Und ich wette, ein Großteil tafelt auf Einladung und auf Kosten von Systematix.«
»Das gefällt mir ja eben nicht: dass sie sich so verdammt breit machen. Die halten sich für die Standard Oil der Informationen. «
»Ach was, im Vergleich zu Systematix ist Standard Oil eine kleine Klitsche. Aber regt sich darüber irgendjemand auf? Es geht einfach nicht fair zu in der Welt. Und leider müssen wir feststellen, dass unser Justizministerium inzwischen eine Art Filiale von Systematix geworden ist.«
»Du willst mir Angst machen.«
»Ich schöre auf das Grab meiner Mutter.«
»Deine Mutter lebt in Flatbush.«
»Trotzdem. Sie haben dein Unternehmen auf gekauft. Du hast Geld dafür bekommen. Und jetzt kläffst du wie ein Hund im Zwinger. Hör dich mal an.«
»Nein, hör du mir mal zu. Es wird denen noch Leid tun, dass sie versucht haben, Adam Parker über den Tisch zu ziehen. Wenn du den Antrag nicht stellen willst, werde ich mir jemanden suchen, der es macht. Zugegeben, ich habe das Geld angenommen, hatte aber keine andere Wahl. Es war eine feindliche Übernahme.«
»Adam. Du willst dich doch nicht wirklich mit diesen Leuten anlegen. Du kennst mich. Ich bin jemand, der sich nicht so schnell einschüchtern lässt. Aber das hier… glaub mir, das ist kein gewöhnlicher Fall. Die folgen ihren eigenen Regeln.«
Parker ki ppte den Rest Martini hinunter und bestellte Nachschub. »Mag sein, dass die Bezeichnung ›Armleuchter‹< auf mich zutrifft, vielleicht auch ›arroganter Einfaltspinsel‹, aber ein An gsthase bin ich nicht«, sagte er unerschüttert. »Und merk dir eines: Diese Systematix-Drohnen werden sich noch an meinen Namen erinnern.«
»Wir haben das übliche Zimmer für Sie herrichten lassen, Mr. Parker«, sagte die Empfangsdame des Hotels St. Moritz; sie wusste, dass er es schätzte, wenn man seine Vorlieben beachtete.
Und er frönte auch ein paar sonderbarer Vorlieben, wenn er nach Manhattan kam, was nicht allzu häufig der Fall war. An diesem Morgen rief er bei einer gewissen Madame Sevigny an – so nannte er sie jedenfalls –, die ihm »zwei unserer allerbesten jeunes filles « versprach. Madame Sevigny konnte auf öffentliche Werbung verzichten; ihre Klienten – allesamt wohlhabende und einflussreiche Herren aus anderen Landesteilen – kamen auf Empfehlung. Sie ihrerseits garantierte 100-prozentige Diskretion, und ihre Mädchen wussten, dass jede auch noch so kleine Indiskretion unnachsichtig bestraft wurde. Ihnen war aber auch bewusst, dass sie, wenn sie Madame Sevignys Regeln befolgten, in wenigen Jahren ihre Schäfchen im Trockenen haben würden. Madame Sevigny beschäftigte auch einen Arzt, der an den jeunes filles regelmäßige Bluttests und Untersuchungen durchführte und Gesundheit und Hygiene gewährleistete. Alle Mädchen hielten sich an strenge Diätvorschriften und absolvierten ein Fitness-Programm, das schon fast an Leistungssport grenzte. Vor jedem Einsatz nahm Madame Sevigny höchstpersönlich eine Leibesvisitation durch. Wenn sie es für notwendig erachtete, wurden Augenbrauen gezupft, Hautpartien gepeelt, Füße pedikürt, Wimpern gebogen, Waden enthaart und Fingernägel gefeilt. Irrigation und Parfümierung waren selbstverständlich. »Natürliche Schönheit herzustellen ist eine Kunst«, hörte man Madame Sevigny häufig seufzen, wenn sie ihre Mädchen inspizierte.
Um Punkt 22:00 Uhr wurde aus der Empfangshalle des St. Moritz per Telefon gemeldet, dass die Mädchen angekommen seien.
Weitere Kostenlose Bücher