Der Prometheus-Verrat
zu und versuchte, eines zu öffnen. Vergeblich. Shit! Er versuchte es beim nächsten, doch es war ebenfalls verschlossen.
Dann entdeckte er eine Reihe von Jeeps mit zusammenfaltbarem Verdeck. Er lief darauf zu, zückte eins von Ang Wus Messern, schlitzte das Stoffdach auf und langte nach der Türverriegelung. Der Zündschlüssel steckte, was bei einem Wagen, der in dieser streng bewachten Garage abgestellt war, durchaus sinnvoll war, denn für alle Fahrzeuge immer wieder aufs Neue den jeweiligen Schlüssel heraussuchen zu müssen, wäre einem logistischen Albtraum gleichgekommen. Waller stand neben der Dachtür und hielt ein Handy am Ohr. Bry son ließ den Motor aufheulen und steuerte den Jeep auf den Treppenhausausgang zu, der, wie ihm im Näherkommen auffiel, um einiges schmaler war als das Fahrzeug – was ihm durchaus in den Kram passte. Krachend eckte er auf beiden Seiten des Durchgangs an und schob den Jeep wie einen Keil in die Öffnung, so weit, dass die Stoßstange über die ersten zwei, drei Treppenstufen hinausragte. Er konnte gerade eben noch die Fahrertür einen Spalt breit aufstoßen und sich nach draußen zwängen.
Damit war ein wenig Zeit gewonnen, mehr aber auch nicht. Mit vereinten Kräften würde eine Hand voll Männer den Jeep wegschieben können. Dieses Hindernis reichte noch nicht. Eine weitere Reihe von Fahrzeugen absuchend, entdeckte er endlich, wonach er sehnlich ge späht hatte: ein metallenes 100-Liter-Fass, voller Treibstoff. Vorsichtig kippte er es auf die Seite, rollte es an den Jeep heran und öffnete das mit einem Plastikstopfen versiegelte Spundloch. Diesel sprudelte auf den Betonboden, breitete sich als Pfütze rund um das Fahrzeug
aus, floss in Strömen auf den Tre ppenabsatz und plätscherte über die Stufen nach unten. Der Gestank war unerträglich. Bald war das ganze Fass entleert, als schon die hallenden Schritte der Verfolger im Treppenhaus zu hören waren.
Die Zeit wurde langsam knapp. Er zerrte sich die Krawatte vom Hals, tunkte sie in Treibstoff und verstopfte damit das Spundloch des Fasses. Darin war zwar kein Diesel mehr, dafür aber ein Gasgemisch, das, wenn auch nicht optimal in der Zusammensetzung, letztlich wohl doch, durchaus explosiv sein würde. Er zündete das Hesketh-Haywoodsche Messin gfeuerzeug und hielt die Flamme an die improvisierte Lunte. Kaum hatte sie Feuer gefangen, stemmte Bryson das Fass in die Höhe, warf es über den Jeep hinweg ins Treppenhaus und rannte dann los, so schnell er konnte.
Die Explosion war gewaltig und un glaublich laut. Das gesamte Treppenhaus verwandelte sich in ein flammendes Inferno. Auch Waller hatte sich aus dem Staub gemacht, als mit einer zweiten Eruption der Tank des Jeeps in die Luft flog. Die Flammen waren blendend hell; es schmerzte, die Augen auf die rollenden, gleißenden Feuerwellen, über denen Wolken schwarzen Rauchs aufwallten, zu richten. Bryson war mitten auf dem Parkdeck stehen geblieben, und wartete dort auf Waller, der im Gesicht puterrot angelaufen war und aus allen Poren schwitzte.
»Gut gemacht«, schnaufte Waller und blickte zum Himmel empor. Aus dem Treppenhaus tönten gellende Schreie, die aber von einem noch lauteren Geräusch übertönt wurden: dem Knattern von Rotoren. Ein gepanzerter, in Tarnfarben lackierter Hubschrauber schwebte herbei und landete behutsam auf einer freien Fläche auf dem Parkdeck.
Bryson traute seinen Augen kaum. »Was zum Henker …«
Es war ein AH-64 Apache der US-Army und als solcher durch entsprechende Kennzeichnung ausgewiesen.
Waller eilte hinzu und zog unter den schwirrenden Rotorblättern unwillkürlich den Kopf ein, obwohl es gar nicht nötig gewesen wäre. Nach kurzem Zögern lief auch Bryson auf den riesigen Hubschrauber zu. Der Pilot trug einen Overall der US-Army. Wie war das alles zu erklären? Wie
hatte Waller als Chef des GRU-eigenen Direktorats einen amerikanischen Kampfhubschrauber herbeirufen können?
Plötzlich fuhr Waller auf dem Absatz herum und starrte, sichtlich alarmiert, an Bryson vorbei. Waller schrie auf und brüllte etwas, das Bryson aber nicht verstehen konnte. Als er sich umdrehte, sah er Dutzende von chinesischen Soldaten aus dem Lastenaufzug hervorquellen, der, kaum 50 Schritt entfernt, auf der dem Treppenhaus gegenüberliegenden Seite des Parkdecks lag. Als er in den Hubschrauber kletterte, spürte er plötzlich einen scharfen Schmerz im Rücken, als habe er einen heftigen Schlag gegen die rechte Seite des Brustkorbs erhalten. Es hatte ihn
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