Der Prometheus-Verrat
beiläufig fügte er hinzu: »Hätten Sie was dagegen, wenn ich die Nachrichten einschalte …« Er langte mit der Rechten nach dem Autoradio, zog die Hand aber wieder zurück, als er den heftigen Stoß der Waffe spürte und den Hintermann knurren hörte: »He, verdammt, Hände ans Lenkrad!«
»Himmel!«, stöhnte Bryson unter Schmerzen. »Was soll der Mist?«
Der falsche Parkwächter war offenbar noch nicht auf die Idee gekommen, dass Bryson womöglich eine Waffe unterm Jackett versteckt hielt: Im Rückenhalfter, der über den Lendenwirbeln lag, steckte eine Glock.
Aber wie sollte er an sie herankommen? Der Killer – und es war ein Killer, das stand fest, ein Profi, der entweder auf der Lohnliste des Direktorats stand oder nur für diesen Job angeheuert war – bestand darauf, dass Bryson seine Hände sichtbar am Lenkrad hielt. Bryson musste gehorchen und konnte nur hoffen, dass der Killer für einen Moment abgelenkt sein würde. Der war aber beileibe kein Anfänger. Sein Aktionsplan, die schnellen, präzisen Bewegungen und selbst seine Art zu reden wiesen ihn als ausgebufften Profi aus.
»Wir biegen gleich vom Beltway ab und fahren irgendwohin, wo wir uns ungestört unterhalten können.« Aber sich zu unterhalten war das Letzte, was dieser Killer im Sinn hatte; das war Bryson klar. »Tja, wie das Leben so spielt: zwei Kollegen aus derselben Branche, aber der eine steht vor, der andere hinter der Waffe. Ich bin sicher, Sie verstehen, dass ich persönlich nichts gegen Sie habe. Die Sache ist rein geschäftlich. Heute noch guckt man übers Visier und vielleicht morgen schon in die Mündung. So was kann vorkommen. Das Glücksrad dreht sich immerzu. Sie waren bestimmt mal ziemlich gut, und deshalb zweifle ich nicht daran, dass Sie’s wie ein Mann nehmen.«
Bryson antwortete nicht. Er hatte schon zahllose Male vergleichbare Situationen erlebt, aber – außer zur Zeit seiner Ausbildung – niemals aus der Warte des Bedrohten. Er ahnte, was dem Mann auf der Rückbank in diesem Moment durch den Kop f ging , wie sein verinnerlichtes Flow Chart aussah: wenn A, dann B … Eine plötzliche Bewegung Brysons, eine missachtete Anweisung, ein in die falsche Richtung eingeschlagenes Lenkrad, all das würde augenblicklich eine ganz bestimmte Reaktion zur Folge haben. Solange sie im fließenden Verkehr mitfuhren, würde sich der Killer mit der Waffe zurückhalten, weil er nicht riskieren wollte, dass der Wagen außer Kontrolle geriet und er womöglich selbst zu Schaden käme. Dass Bryson wusste, welche Möglichkeiten sein Gegner hatte, war eine der wenigen Trumpfkarten, die ihm noch zur Verfügung standen.
Trotzdem, für Bryson gab es kein Zweifel daran, dass der Mann, wenn es sein müsste, nicht zögern würde, ihm in den Kopf zu schießen, um dann sofort ins Lenkrad zu greifen. Und der Gedanke daran gefiel ihm überhaupt nicht.
Sie überquerten die Key Bridge. » Links «, keifte der Mann und deutete in Richtung Flughafen. Bryson gehorchte. Er gab sich bewusst willfährig und resigniert in der Absicht, die Wachsamkeit des Gegners zu unterlaufen.
»Nächste Ausfahrt raus«, befahl der Killer. Der Abzweig würde sie in den Außenbereich des Flughafens bringen, wo die meisten Autovermietungen ihre Büros hatten.
»Warum haben Sie mich nicht schon im Parkhaus umgelegt ?«, murmelte Bryson. »Das wäre leichter gewesen.«
Der Killer war zu erfahren, um auf eine Diskussion über taktische Fragen einzugehen, womit er seine Kompetenz in Frage hätte stellen lassen. »Ach, kommen Sie mir doch nicht damit«, antwortete er und gluckste. »Bei all den Videokameras und möglichen Augenzeugen? Ich wette, Sie wären auch nicht so blöd gewesen. Nicht nachdem, was ich über Sie gehört habe.«
Jetzt hat er sich verplappert, dachte Bryson. Der Mann war tatsächlich ein gedungener Killer, ein Außenseiter, woraus gefolgert werden konnte, dass er ohne Unterstützung war. Er
arbeitete sehr wahrscheinlich ganz allein. Ein Angehöriger des Direktorats wäre von anderen abgesichert worden.
Bryson steuerte den Wagen auf einen verlassenen, leeren Parkplatz und bremste an der ihm vorgeschriebenen Stelle ab. Um den Mann direkt anzusprechen, drehte er den Kopf, bekam aber an der Schläfe schmerzhaft zu spüren, dass der Killer etwas dagegen hatte. »Keine Bewegung!«, tönte es scharf von hinten. Bryson blickte wieder nach vorn und sagte: »Warum machen Sie’s nicht wenigstens schnell?«
»Jetzt fühlen Sie einmal selbst, was die anderen
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