Der Prometheus-Verrat
Ihr letzter Job.«
»Na und«, erwiderte der Mann wenig überzeugend.
»Nein, ich bin sicher, Ihr Auftraggeber hat Ihren Tod längst beschlossen«, fuhr Bryson fort. »Ich kann Ihnen schließlich wer weiß was erzählt haben.«
»Was versuchen Sie mir eigentlich einzureden?«, fragte der Killer, nachdem es eine Weile unangenehm still im Wagen geworden war. Er schien zu zögern. Bryson spürte, wie der Druck der Mündung auf seiner Schläfe für einen Moment geringer wurde. Und diese ein, zwei Sekunden Unentschlossenheit auf Seiten des Killers waren alles, was Bryson brauchte. Seine linke Hand ließ vom Lenkrad ab und langte in den Rücken, wo die Glock steckte. Ohne lange zu fackeln, zielte er auf die Lehne und drückte ab, gleich darauf ein zweites, ein drittes Mal. Mit ohrenbetäubendem Krachen durchschlugen die großkalibrigen Geschosse das Polster.
War der Mann getroffen? Die Frage beantwortete sich gleich darauf, als der Pistolenlauf von Brysons Schläfe abrutschte. Bryson wirbelte herum und sah, dass der Mann tot war. Es hatte ihm die halbe Stirn weggerissen.
Diesmal trafen sie sich in Langley, in Dunnes Büro im siebten Stock der neu gebauten Zentrale. Die Sicherheitschecks waren absolviert, und Bryson wurde ohne viel Aufhebens in das Hauptquartier der CIA vorgelassen.
»Wieso überrascht es mich nicht, dass das Direktorat Sie für ›unrettbar verloren‹ erklärt hat?«, fragte Harry Dunne mit heiserem Lachen, aus dem wieder einmal ein unterdrückter Hustenanfall wurde. »Ich glaube, man hat dort vergessen, mit wem sie es zu tun haben.«
»Was wollen Sie damit sagen?«
»Dass Sie besser sind als alle, die man Ihnen auf den Hals hetzen könnte. Was denen doch auch längst klar sein müsste.«
»Ihnen war aber auch klar, dass ich früher oder später in diesem Büro hier landen und auspacken würde. Und das galt es zu verhindern.«
»Schade nur, dass Sie so wenig auspacken können«, entgegnete Dunne. »Ihr Wissen besteht doch bloß aus unzusammenhängenden Bruchstücken; dafür hat man gesorgt. Sie kennen keine wahren Namen, nur Legenden, und die helfen uns kaum weiter, da sie sich mit unseren Informationen nicht in Beziehung setzen lassen. Mit Ihrem ›Prospero‹ zum Beispiel können wir nichts anfangen.«
»Wie gesagt, ich kenne diesen Mann nur unter diesem Pseudonym. Der Fall liegt fünfzehn Jahre zurück, ist also schon kaum noch wahr. Ich glaube, Prospero war Holländer oder zumindest holländischer Herkunft. Als Agent hatte er sehr viel auf dem Kasten.«
»Ihre Beschreibung ist unseren besten Zeichnern vorgelegt worden, und das Phantombild, das sich dabei ergeben hat, wird zurzeit mit unserem Bild- und Personenarchiv abgeglichen. Leider ist die AI-Software noch nicht ausgereift genug. Darum muss noch nach der alten Methode verfahren
werden: Treffer oder Fehlanzeige. Bislang gab’s nur einen Treffer. Es ist einer, mit dem Sie in einem besonders sensiblen Exfiltrationsfall in Schanghai zusammengearbeitet haben.«
» Sigma.«
»Ogilvy. Frank Ogilvy aus Hilton Head, South Carolina. Da hat er jedenfalls gewohnt.«
»Ist er umgezogen?«
»Es war ein heißer Tag an belebtem Meeresstrand. Vor sieben Jahren. Angeblich eine schwere Herzattacke. Hat dort für einigen Wirbel gesorgt, wie uns ein Zeuge berichtete. Bei all den Menschen ringsum …«
Bryson betrachtete einen Moment lang stumm und nachdenklich die fensterlosen Wände in Dunnes Büro. Plötzlich sagte er: »Suchst du Ameisen, sieh dich nach einem Picknick um.«
»Wie bitte?« Dunne zerbröselte gerade wieder eine Zigarette.
»Das war einer von Wallers Wahlsprüchen. Suchst du Ameisen, sieh dich nach einem Picknick um . Wenn es keine Spur gibt, der man folgen könnte, überlegt man sich, wo sie aller Wahrscheinlichkeit nach anzutreffen sind. Man fragt sich: Was brauchen sie? Worauf haben sie Appetit?«
Dunne merkte interessiert auf und legte die verhunzte Zigarette weg. »Da fallen mir auf Anhieb Waffen ein. Es scheint, sie stocken ihr Arsenal auf. Wir vermuten, dass sie im südlichen Balkan Chaos zu stiften versuchen. Ihr eigentliches Ziel liegt jedoch woanders.«
»Waffen.« In Brysons Kopf kippte ein Schalter.
»Gewehre und Munition. Vom Feinsten.« Dunne zuckte mit den Achseln. »Was nachts laut bumm macht. Wenn es Granaten und Kugeln hagelt, sehen die eigenen Generäle immer besonders schneidig aus. Kurzum, was die andere Seite auch vorhat, wir müssen es verhindern. Mit welchen Mitteln auch immer.«
»›Mit welchen
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