Der Prometheus-Verrat
empfunden haben«, bemerkte der Killer amüsiert. »Angst, das Gefühl von Sinnlosigkeit, Hoffnungslosigkeit. Oder Resignation.«
»Das ist mir jetzt zu philosophisch. Ich wette, Sie wissen nicht einmal, von wem Sie Ihre Schecks bekommen.«
»Interessiert mich auch nicht. Hauptsache, sie sind gedeckt. «
»Sie interessiert nicht, für wen Sie arbeiten?«, hakte Bryson nach. »Ob für oder gegen die Vereinigten Staaten ist Ihnen einerlei?«
»Wie gesagt, solange Geld dabei rausspringt … Die Politik überlass’ ich anderen.«
»Das ist reichlich kurzfristig gedacht.«
»Wir arbeiten in einem kurzfristigen Gewerbe.«
»Das muss nicht sein.« Bryson legte eine kleine Pause ein. »Nicht, wenn wir uns einig werden könnten. Wir haben doch alle was beiseite geschafft; das erwartet man sogar von uns. Geheimkonten, auf denen sich Spesenüberschüsse ansammeln, die dann gewaschen und wieder in den Markt investiert wurden. Das Geld soll schließlich arbeiten. Es wäre mir recht, wenn ein Teil meines Geld jetzt für mich arbeitet.«
»Sie wollen sich freikaufen«, konstatierte der Killer. »Sie scheinen aber zu vergessen, dass mein Lebensunterhalt mit einer Transaktion längst nicht gesichert ist. Sie haben vielleicht ein Geheimkonto, aber den anderen gehört die ganze verdammte Bank. Und gegen die zu wetten wäre ziemlich dumm.«
»Zugegeben«, sagte Bryson. »Aber Sie könnten ihrem Auftraggeber melden, dass die Zielperson tatsächlich sehr
viel besser ist, als man Sie glauben machen wollte, dass sie Ihnen durch die Lappen gegangen ist. Das wird man Ihnen glauben, allein schon, weil man’s glauben möchte. Sie behalten Ihren Vorschuss, und ich lege das Doppelte der vereinbarten Summe drauf. Ein ganz normaler Geschäftsvorgang, mein Freund.«
»Heutzutage werden Bankbewegungen ziemlich genau beobachtet, Bryson. Zu Ihrer aktiven Zeit mag das noch anders gewesen sein. Inzwischen wurde der Geldfluss digitalisiert, und digitale Überweisungen hinterlassen Spuren. «
»Bares lässt sich nicht zurückverfolgen, jedenfalls nicht, wenn die Scheine unsortiert sind.«
»Heute hinterlässt alles Spuren, und das wissen Sie selbst. Tut mir Leid, ich habe einen Job zu erledigen. Und ich werde dafür sorgen, dass es wie Selbstmord aussieht. Sie haben mit Depressionen zu tun gehabt. Ihr Privatleben war in letzter Zeit schrecklich freudlos, Wissenschaft und Lehre konnten nie wirklich Ersatz sein für die aufregende Arbeit als Spion. Ihre Depression wurde von einem angesehen Psychiater und Psychopharmakologen diagnostiziert …«
»Unsinn, der einzige Psychiater, mit dem ich je zu tun hatte, war Amtsarzt, und das liegt Jahre zurück.«
»Falsch, nach den Unterlagen Ihrer Krankenversicherung sind Sie erst vor wenigen Tagen untersucht worden«, erwiderte der Killer mit einer Stimme, der man sein Grinsen anhörte. »Und seit über einem Jahr sind Sie regelmäßig bei einem Psychoklempner in Behandlung.«
»Ich glaub’ Ihnen kein Wort.«
»In Zeiten vernetzter Datenbanken ist alles möglich. Aufschlussreich sind auch die Medikamente, die Ihnen verschrieben werden: Antidepressiva, Aufheller, Schlaftabletten. Dafür gibt’s Belege. Und wie man mir sagte, ist in Ihrem Computer auch ein Abschiedsbrief von Ihnen abgespeichert.«
»Abschiedsbriefe sind immer handgeschrieben. Alles andere hat keine Beweiskraft.«
»Ich sehe schon, auch Sie haben den einen oder anderen Job nach Selbstmord aussehen lassen. Aber glauben Sie mir, in diesem Fall hier wird es keine tiefer gehenden Untersuchungen geben. Ihre Leiche bleibt ungeöffnet. Sie haben schließlich keine Familie, die eine Autopsie beantragen könnte.«
Obwohl sie wahrscheinlich auswendig gelernt waren, taten die Worte des Profis weh, denn sie trafen zu: Er hatte keine Familie, nicht, seit Elena gegangen war. Nicht, seit meine Eltern vom Direktorat ermordet wurden , dachte er bitter.
»Aber ganz ehrlich, ich fühle mich geehrt, dass man mir diesen Auftrag anvertraut hat«, fuhr der Killer fort. »Es heißt, dass Sie in Ihrem Fach einer der Besten gewesen sind.«
»Warum hat man ausgerechnet Ihnen den Auftrag gegeben? Was glauben Sie?«, fragte Bryson.
»Ich weiß nicht, und es interessiert mich auch nicht. Job ist Job.«
»Glauben Sie wirklich, dass Sie lebend aus der Sache rauskommen? Es ist doch nicht auszuschließen, dass ich Ihnen noch allerhand heiße Informationen gesteckt habe. Man wird sicherstellen, dass Sie davon nichts weitererzählen können. Und deshalb war das
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