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Der Prophet des Teufels

Der Prophet des Teufels

Titel: Der Prophet des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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fehlt, zweifelt niemand an ihr. Hanussen hat wiederholt Kriminalfälle geklärt. Er würde es nicht wagen, im überfüllten Saal öffentlich eine Behauptung aufzustellen, die Stunden später schon widerlegt sein könnte.
    Hanussen geht in seiner Garderobe unruhig auf und ab. Ein Widerstand war da. Den ganzen Abend. Er hat ihn gespürt. Er saß in der ersten Reihe. Ganz rechts. Der Widerstand hat brünette Haare, rehbraune Augen und eine winzige, ein ganz klein wenig nach oben gestülpte Nase. Der Widerstand war eine Frau. Aber Hanussen kennt keine Frau, die ihm bisher Widerstand geleistet hätte.
    Er wischt sich mit geschickten Handgriffen die Schminke aus dem Gesicht. Er zündet sich eine Zigarette an und tritt sie im gleichen Augenblick wieder aus. Er faßt einen Entschluß und verwirft ihn wieder. Aber dann siegt die Unvernunft. Er verläßt seine Garderobe und sucht die Dame aus der ersten Reihe.
    Er findet sie im Saal. Sie gehört zu den wenigen, die den Raum nicht verlassen haben. Er läßt sich mit größter Selbstverständlichkeit neben ihr nieder.
    »Ich muß mit Ihnen sprechen, gnädige Frau.«
    »So«, antwortet sie. »Sie suchen wohl Einzelheiten für Ihren nächsten Auftritt?«
    »Nein«, erwidert Hanussen, »die brauche ich nicht zu suchen, die kenne ich schon. Soll ich Ihnen ein Beispiel geben?«
    »Warum nicht?«
    »Sie sind 22 Jahre alt. Sie sind mit einem Mann verheiratet, den Sie nicht lieben. Es ist der Baron Prawitz. Sie haben keine Kinder, und Sie wünschen sich auch keine. Sie spielen gerne Tennis. Sie lieben den Foxtrott. Aber Sie gelten nicht ganz zu Unrecht als ein wenig kalt. Sie müssen mich unterbrechen, gnädige Frau, wenn etwas nicht stimmt.«
    »Es stimmt fast alles«, entgegnet die Baronin. »Ihre Detektive haben gut gearbeitet.«
    »Mein Detektiv ist mein Kopf.«
    »Und Ihr Geschäft ist die Dummheit der Menschen, der Größenwahn, der Hokuspokus! Es wäre nichts dagegen zu sagen, wenn Sie hier offen als Zauberkünstler, als Illusionist auftreten würden, wenn Sie vor die Leute hingehen und sagen würden: ›Alles, was Sie hier sehen, ist Fingerfertigkeit, Geschicklichkeit, Trick. Amüsieren Sie sich gut, aber lassen Sie sich nicht beeindrucken!‹«
    »Wenn es aber keine Tricks sind?«
    »Es ist sinnlos, daß wir uns unterhalten«, erwidert die Baronin. »Ich weiß überhaupt nicht, was Sie von mir wollen. Ich habe meinen Eintritt bezahlt, damit sind alle Beziehungen zwischen uns erschöpft.«
    »Das denken Sie, Madame«, erwidert Hanussen. Er steht auf. Er sieht ihr in die Augen, als ob er sie hypnotisieren wolle; er beugt sich zu ihr herab.
    »Ich will Ihnen etwas sagen, Frau Baronin. Ich werde Ihnen etwas prophezeien. Ich werde Ihnen beweisen, daß ich nicht mit Tricks arbeite. Die Kosten des Beweises werden auf Ihre Rechnung gehen. Sehen Sie mich an, Madame. Sehen Sie die schwarzen, geölten Haare mit dem gerade gezogenen Scheitel? Sehen Sie die gelbe Haut des Gesichts? Spüren Sie den Tabakatem? Können Sie sich vorstellen, daß Sie sich in mich verlieben würden?«
    »Gehen Sie! Sie sind verrückt!« sagt die Baronin. »Sie sind betrunken!«
    »In vier Wochen werden Sie meine Geliebte sein. Sie werden Ihren Mann verlassen. Fast auf den Tag genau in vier Wochen. Sie werden mir nach Berlin folgen. Wir werden eine herrliche Zeit erleben. Ein Leben in Saus und Braus. Kurze Tage und lange Nächte mit heißen Küssen und stürmischen Umarmungen. Aber die Zeit des Glücks wird knapp bemessen sein. Erik Jan Hanussen, der größte Hellseher seiner Zeit, ist nicht nur für eine einzige Frau geschaffen. Sie werden die Hölle auf Erden haben. Ich werde Sie betrügen. Ich werde Sie verlassen. Gehen Sie, Madame! Gehen Sie, so schnell Sie können! Versuchen Sie einer Prophezeiung Hanussens zu entkommen! Versuchen Sie es doch. Ich wünsche Ihnen viel Glück dabei, ich, der Mann, der nur Unglück in Ihr Leben bringen wird. Hören Sie, ich, der Hellseher, wünsche Ihnen Glück!«
    Er ist noch blasser geworden. Er richtet sich wieder auf. Er spricht wie im Fieber. Trotzdem bleiben seine Augen leer und ausdruckslos.
    »Eines Tages wird man mich beerdigen. Man wird mich wie einen Hund einscharren. Es werden vier Totengräber sein. Sie werden sich Witze erzählen. Witze über mich. In den Zeitungen wird kein Wort stehen, daß Hanussen gestorben ist. Der berühmte Hanussen! Der einmalige Hanussen! Der Nostradamus des 20. Jahrhunderts.
    Ein einziger Mensch wird am Grabe stehen. Eine Frau. Eine

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