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Der Protektor (German Edition)

Der Protektor (German Edition)

Titel: Der Protektor (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Czarnowske
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die Protokolle dieser Versuche nicht finden.“
    Das bewegt sie offenbar nicht, eher befremdet es sie.
    „Sie suchen auch seine Protokolle?“
    „Ja, Madame, Sie waren doch an den Versuchen beteiligt?“
    Eine unbestimmte Geste. Ihre grünen Augen blicken ärgerlich.
    „Zum Teil… was die Dosimetrie betrifft, Sie verstehen.“
    Ich versichere ihr, dass ich es verstehe. Ja, in erster Linie hat das Doktor Bresson bearbeitet, aber könnte ich mir diese Protokolle nicht einmal ansehen?
    „Selbstverständlich. Aber bei uns sind das bloß Zahlen, Dauer der Bestrahlung und technische Angaben. Möchten Sie sie gleich?“
    „Wenn es sich einrichten lässt.“
    Ich habe erwartet, dass die Laborjournale hier sind, aber das war ein Irrtum. Frega Norberg steht auf, fordert uns auf, Kittel überzuziehen und ihr zu folgen. Die Daten könne ich mir im Experimentalblock holen.
    Wir gehen durch ein paar Korridore, steigen in den ersten Stock hinunter, und sie führt uns durch die Gänge des Experimentalblocks. Die eisweißen Wände leuchten. Auch die Türen sind anders, haben schwere, runde Griffe. Sie nimmt zwei kleine, bläuliche Röhrchen aus der Tasche und befestigt sie an den Außentaschen unserer Kittel. Das sind die Warndosimeter, eine elementare Vorsichtsmaßnahme. In der Luft liegt der scharfe Geruch von Ozon.
    Frega Norberg klingelt an einer Tür, und fast augenblicklich, als hätte er auf uns gewartet, öffnet uns ein älterer Mann. Er ist ungefähr fünfzig, hat ziemlich angegrautes Haar und dunkle, müde Augen mit Krähenfüßen. Offenbar will er gerade gehen, denn er hat Straßenkleidung an.
    Frega Norberg stellt uns vor. Den Namen bekomme ich nicht ganz mit, verstehe aber soviel, dass dies Kevin ist, der Oberkurator des Experimentalblocks – ein Amt, das dem eines Oberlaboranten oder Laborleiters entspricht. Und sein Aussehen sagt genug – er gehört zu den Leuten, die bis ans Ende ihres Lebens Oberkuratoren bleiben, ihr ganzes Leben in einem Institut verbringen, ohne jemals etwas anderes als Untergebene zu sein.
    „Kevin“, sagt sie, „der Herr ist ein Kollege von mir. Er interessiert sich für die letzten Protokolle von Doktor Bresson. Kann er sie sehen?“
    Kevin öffnet uns die Tür weiter. Die müden Augen mustern mich gleichmütig (ihm ist klar, was für ein Kollege ich bin).
    „Moment Frau Norberg“, sagt er und verschwindet in seiner Seitentür.
    Eine Minute später erscheint er wieder, nun im Kittel mit Dosimeter an der Tasche. Er schließt die nächste Tür im Korridor auf und fordert uns auf, ihm zu folgen.
    Es ist eine bedrückende Betongruft, lumineszierendes Licht getaucht. Der Vorraum ist klein, hat eingebaute Schränke und eine elektronische Uhr. Der folgende Raum ist beträchtlich weitläufiger, hat Labortische und ein rundes, mit dickem Bleiglas verschlossenes Fenster in der Wand.
    Darunter eine seltsame Apparatur: ein Manipulator mit zwei Handgriffen. Und hinter Glas, in der Radiationskammer, liegen auf einem anderen, in hellem Weiß leuchtenden Tisch zwei lange Metallhände eines Roboters. Man braucht nur den Manipulator einzuschalten, und die Hände bewegen sich. Sie ergreifen das Objekt und wiederholen mit Millimetergenauigkeit jede Bewegung der menschlichen Hände. In dieser Verbindung von metallener Plumpheit und unwahrscheinlicher Präzession liegt etwas Komisches. Außerirdisches, das einem den Atem verschlägt.
    Kevin geht voraus, öffnet einen Wandschrank im Labor und nimmt ein gebundenes Laborjournal heraus, das er Frega Norberg gibt. Sie blättert ein paar Seiten durch, legt es auf den Labortisch und zeigt auf eine Seite: „Da. Ich glaube, das ist es.“
    Ich sehe Bressons Handschrift, die Daten, die Nummern der Versuchstiere. Sie sind in Formulare eingetragen, die sich leicht ausfüllen lassen, nur ein paar Wörter und Zahlen. Und ich begreife sofort, dass hier nur die Hälfte von dem ist, was ich brauche. Hier sind die mit elektronischen Zählern ermittelten und auf Kontrollstreifen übertragenen Bestrahlungen der Tiere festgehalten. Die Ergebnisse der späteren Beobachtungen fehlen.
    Ich nehme den Zettel mit den Nummern, die ich brauche, aus der Tasche und gebe ihn Kevin.
    „Kann man die ablichten… Herr…“
    „Nielsen“, hilft er höflich aus. „Ich muss sehr um Entschuldigung bitten, aber dafür braucht man…“
    „Eine Genehmigung, die ich habe“, vollende ich den Satz.
    „Ich hinterlege sie, wenn ich die Kopien erhalte.“
    „Dann gibt es keinerlei

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