Der Protektor (German Edition)
Schwierigkeiten“, entgegnet Kevin. „Ich hoffe, dass sie schon morgen gegen Mittag fertig sein werden.“ Er sieht sich die Nummern genauer an. „Ich kümmere mich darum, es sind ja nicht viele.“
Ich danke ihm und wende mich an Frega Norberg: „Entschuldigen Sie, aber wo kann ich die späteren Beobachtungen und deren Ergebnisse einsehen?“
Im ersten Moment versteht sie nicht oder tut, als verstünde sie nicht.
„Die späteren Beobachtungen? Ach so… Sie fragen nach den physiologischen und immunologischen Beobachtungen.
Die hat Doktor Ivarsson. Eilt es?“
„Nein, es eilt nicht“, antworte ich. „Ich kann Sie auch morgen anrufen. Das ist mehr wegen Doktor Falk.“
Und ich wende mich ihr zu. Sie schaltet sofort.
„Wir beabsichtigen einige der letzten Versuche zu wiederholen“, bestätigt sie, „und an Doktor Bressons Thema weiterzuarbeiten. Wenn Sie nichts dagegen haben, bitte ich Professor Rotenburg um die Erlaubnis.“
Hanna Falk überlegt ein bisschen und kann darin offenbar nichts Unstatthaftes erblicken, denn sie wendet sich an Kevin: „Was meinen Sie, Kevin? Wir haben doch Bestrahlungszeit eingeplant, nicht?“
Das ist eher eine rituelle Frage, denn sie ist es, die das entscheiden wird. Die Genehmigung vom Professor ist eine reine Formsache. Der kann überhaupt nicht wissen, was im einzelnen und bis wann eingeplant ist.
Und ich weiß auch nicht, ob das, was ich plane, nicht manche ziemlich unerwartete Ergebnisse bringen wird.
7. Inspecteur générale Dr. Vincent Bouché
Der Nachmittag vergeht über den Laborjournalen in der Rotunde. Ich mache Notizen, vergleiche und gewinne immer mehr die Überzeugung; dass ich ohne Ivarsson nicht weiterkomme. Ich habe schon ein paar Adressen und Telefonnummern, wo ich ihn erreichen könnte. Nach einer Weile versuche ich vom Zimmer Doktor Falk aus, in seiner hiesigen Wohnung anzurufen. Natürlich vergebens. Niemand antwortete. Ich werde Gespräche nach Madrid und einem Städtchen am Mittelmeer, wo seine Eltern leben, anmelden müssen. Gegen vier beendet das Institut den Arbeitstag. Auf dem Korridor werden Stimmen und Schritte laut, in meiner Höhle finden sich Doktor Falk und Tyra ein und fragen mich mitfühlend, ob ich etwas brauche. Ich zeige ihnen ein paar Stellen in den Laborjournalen, und Doktor Falk ergänzt auf ihre ruhige Art meine immunologischen Kenntnisse, wobei sie sich bemüht, mein Selbstwertgefühl nicht all zu sehr zu verletzen. Nur, dass ich nicht selbstgefällig bin, ich möchte mir einfach alle Vorgänge in diesem Experimentenlabyrinth klarmachen.
Yanni ist ein Mann mit Fantasie gewesen, und zwar mit recht eigenwilliger, fernab von jeder Realität. Es ist, als sei seine Arbeit am Institut streng in zwei Teile gegliedert gewesen und von zwei verschiedenen Personen unterrichtet worden. Der eine war das Thema der Verpflanzungen. Da hat er alles getan, was dienstlich von ihm verlangt wurde. Exakt, korrekt, ohne jede Abweichung – ein fleißiger, pedantischer Wissenschaftler.
Aber wenn er mit den Serien zur Verpflanzung fertig war, kam der andere, der fantasiebegabte Mensch an die Reihe. Da hat sich Yanni gleichsam verwandelt. Einfach unwahrscheinlich, aber es ist, als hätte ihn jede wissenschaftliche Logik verlassen. Er hat mit Stoffen experimentiert, von denen ich keine Ahnung habe, die nur er gekannt hat, er hat sich absurde Hypothesen ausgedacht, für die er auf jeder wissenschaftlichen Konferenz auseinandergenommen worden wäre. Das war sein Element, seine Freude und seine Qual.
Doch leider! Ich muss feststellen, dass er Nützliches auf dem Gebiet der Verpflanzung geleistet hat. Er hat ein paar kleine, bereits vermutete, Dinge bewiesen. Und die Fantasien sind Fantasien geblieben, so sehr ich auch die Romantik in der Wissenschaft mag.
Doktor Falk und Tyra gehen, und irgendwann gegen fünf komme ich zu dem Ergebnis, dass ich hier Schluss machen und mich ins Kommissariat begeben muss – Jacob Öberg wartet wahrscheinlich schon auf mich.
Er wartet tatsächlich. Sowie ich eintrete, steht er auf und nimmt ohne viele Worte seinen Mantel vom Kleiderbügel. Dann schaut er aus dem Fenster und runzelt die Brauen.
„Nehmen wir lieber einen Wagen von uns. Glauben Sie, dass wir bald fertig sind?“
„Ich fürchte, dass wir nach dem Fertigwerden erst anfangen müssen“, entgegne ich finster.
Das wollte ich gar nicht sagen, aber da hat die Anspannung das Wort geführt. Die Besorgnis, die ich den ganzen Tag unterdrückt habe, kommt
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