Der Protektor (German Edition)
sage Ihnen ja, der ist anders. Er spielt nicht oder nur ganz wenig. Er geht ins Kasino wegen… nun, ich sage es Ihnen geradeaus: wegen der eleganten Frauen dort.“
Sie ist leicht gereizt und ein bisschen traurig. Es gibt auf dieser Welt Menschen, für die das Leben leicht ist und die fürs Vergnügen nur die Hand auszustrecken brauchen. Ich verstehe sie, Ivarsson gehört dazu.
„Also… hat Doktor Ivarsson versucht, Yanis in seinen Kreis einzuführen?“
„Ich weiß nicht, was ich darauf antworten soll, aber ich hatte den Eindruck.“
Ivarssons Kreis. Der fehlt noch in meiner Patience. Den muss ich noch überprüfen.
Wir gehen und schweigen. Nach einer Straßenbiegung hebt sie den Kopf und deutet mit den Augen auf ein Gebäude: „Und das da ist die Radiologie, nach der Sie gefragt haben.“
Das Gebäude gehört eindeutig zu den neueren, wie die Wissenschaft auch. Es ist weiß, hat flache Flügel und große reflektierende Fenster, in denen sich die Sonne gelbgrün und braun spiegelt.
Mein Hunger weicht auf einmal einem Gedanken.
„Verzeihen Sie“, sage ich, „jetzt sind doch alle dort, nicht? Und gehen nach dem Mittag vielleicht weg?“
Doktor Falk schreckt aus ihren Gedanken auf. „Sie haben recht, dort wird verkürzt gearbeitet. Liegt Ihnen daran, sie gleich zu sehen?“
„Unbedingt!“
Sie fragt nicht weiter und führt mich zum Eingang des einen Flügels. Ich fürchte, bereits zu spät gekommen zu sein – in dem Gebäude ist es allzu still für ein Institut. Doktor Falk klingelt, ein Pförtner im weißen Kittel schließt uns auf. Es folgen ein fragender Blick auf mich und ein paar Sätze, die Doktor Falk mit dem Pförtner wechselt.
Dann dreht sie sich um und übersetzt: „Er sagt das, was Sie schon wissen: Doktor Ivarsson ist im Urlaub. Frau Norberg ist oben. Wir können hinaufgehen.“
Das Zimmer von Frau Norberg befindet sich im zweiten Stock, in einem stillen, sonnigen Korridor, über dem nachmittägliche Ruhe liegt. Ich bin neugierig, wie diese Frau Norberg aussieht, die die Abneigung einer Frau wie Doktor Falk hervorgerufen hat.
Meine Neugier wird großzügig belohnt. Frega Norberg, in deren Arbeitszimmer wir treten, ist schön. Ich würde sagen, sogar sehr schön. Schlank und groß, etwa fünfunddreißig, mit hellblondem, kurzem Haar und klaren grünen Augen. Das Haar ist so geschnitten, dass es die Augen und das glatte Gesicht hervorhebt.
Sie gehört zu jenem Typ energischer, über den Dingen stehender Frauen, die ihre Schönheit als Waffe benutzen. Immer habe ich mich gefragt, wie die Welt für solche Frauen aussieht.
Doktor Falk stellt mich vor, in den grünen Augen blitzt für eine Sekunde Interesse auf, an dessen Stelle dann diskret unterstrichene Gleichgültigkeit tritt. Sie fordert uns zum Setzen auf, entschuldigt sich, dass sie uns in so einer Umgebung empfangen muss (an der Umgebung ist nichts auszusetzen!) und drückt ihr Bedauern über den Tod unseres Kollegen aus.
Der wohlberechnete Abstand wird sofort spürbar. Sie sagt, was man in so einem Fall sagt, und kein Wort mehr. Und es ist völlig klar, dass zwischen ihr und Doktor Falk Feindseligkeit aufflackert, man nimmt eine verborgene Spannung wahr, die mit höflicher Gleichgültigkeit maskiert wird.
Ich erkläre, dass Doktor Bressons Tod zwar ein klarer Unfall war, aber dennoch untersucht werden müsse, weil er Ausländer war. Das sei nun einmal Vorschrift. Ich möchte ein paar Fragen stellen, eher formale, und bitte sie, mir zu antworten. Ich hätte die Genehmigung dafür und so weiter.
„Selbstverständlich!“ Frega Norberg senkt den Kopf. „Aber wer weiß, ob ich es kann. Was für Fragen sind es?“
„Nichts Besonderes. Können Sie sich erinnern, wann Sie Doktor Bresson zum letzten Mal gesehen haben?“
„Wann ich ihn gesehen habe?“ Sie überlegt. „Aber ja! Er ist an dem Tag zu uns gekommen… an demselben Tag, Sie verstehen.“
„Um welche Zeit, Madame? Und wann ist er gegangen?“
Diese ziemlich hartnäckigen Fragen begleite ich mit einer weiteren Entschuldigung. Doch wie es aussieht, war das gar nicht nötig, sie nimmt die Fragen ganz normal auf.
„Es war kurz nach Mittag“, antwortete Frega Norberg. „Genau kann ich es nicht sagen… aber vielleicht für eine Stunde oder mehr. Er hat sich drüben im Labor die Ergebnisse seiner letzten Versuche angesehen, sich dann verabschiedet und ist gegangen. Warum, ist etwas?“
„Ach nein, nichts.“ Und ich sage, was mir gerade einfällt: „Ich kann
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