Der Protektor von Calderon
erreichte, wo Kitai ihm ihre Entdeckung zeigte. Demos hob die Hände auf eine Art und Weise, wie sie es oft bei Windwirkern gesehen hatte, die Luft zu einem Vergrößerungsglas verzerrten.
Er hielt einen Moment lang Ausschau. Dann schwang er sich an den Leinen nach unten und ließ sich die letzten zehn Fuß fallen, um sofort weitere Befehle zu erteilen. Im nächsten Moment kippte das Schiff stark nach rechts. Männer beeilten sich, die Segel neu auszurichten, während Demos hin und her lief und überall Befehle erteilte, die allerdings so seltsam in Isanas Ohren klangen, als würde der Kapitän eine fremde Sprache sprechen.
Sie erhob sich und ging zu Demos, nachdem der erste Schwung Befehle beendet war. »Kapitän«, fragte sie, »was ist denn los?«
Ihr fiel auf, dass Tavi und Ehren ebenfalls herangekommen waren, als Demos antwortete.
»Das da draußen ist die Mactis «, erklärte er ruhig. »Das Schiff des Roten Gallus.« Er starrte hinüber zu den leuchtenden weißen
Segeln in der Ferne. »Ich habe befohlen, den Kurs zu ändern. Jetzt werden wir sehen, was er unternimmt.«
»Käpt’n!«, rief der Mann, der am Steuer stand. »Er ändert den Kurs und hält auf uns zu.«
»Verfluchte Krähen«, seufzte Demos. »Meine Dame, darf ich dich und die Deinen bitten, in die Kajüte zu gehen und dort zu bleiben?«
»Warum?«, fragte Isana. »Was ist denn los?«
»Der Kapitän der Mactis hält sich für einen großen Piraten«, antwortete Demos. »Der Narr will uns entern.«
Isana riss unwillkürlich die Augen auf. »Oh.«
»Kann er uns einholen, Kapitän?«, fragte Tavi.
Demos zuckte die Achseln. »Wahrscheinlich schon. Er hat sich seine Position klug ausgesucht. Der Wind bläst ihn genau in unsere Richtung, außerdem fährt er mit der Strömung. Auf diesen Teil seines Geschäfts versteht sich Gallus. Wenn wir noch einige Meilen schaffen, kehrt er vielleicht um.«
»Warum sollte er?«, fragte Ehren.
»Weil ich auf die Hatz zuhalte.«
Ehren erstarrte und blinzelte Demos an. »Wie bitte?«
Tavi runzelte die Stirn und fragte in gänzlich anderem Ton: »Wie bitte?«
»Die Hatz der Leviathane«, erklärte Ehren. Er fuhr sich nervös mit der Zunge über die Lippen. »Das ist ein Teil des Ozeans, wo … äh …«
»Leviathane leben«, meinte Tavi. »Schon verstanden.«
»Na ja, so ungefähr«, sagte Demos. Er klang leise gelangweilt. »Dort leben die jungen Männchen, die sich noch kein eigenes Revier erkämpft haben.«
»Oh«, machte Tavi. »Was treiben sie denn da?«
»Was jede Gruppe von jungen Männchen tut«, erwiderte Demos. »Sie kämpfen ohne ersichtlichen Grund gegeneinander. Jagen blind mit voller Geschwindigkeit durch die Gegend, ohne auf irgendeine Krähe Rücksicht zu nehmen.«
»Und zerschmettern Schiffe in winzige Stücke«, fügte Ehren niedergeschlagen hinzu.
Demos grunzte zustimmend und wandte sich wieder der Reling zu. »Meine Hexer sind besser als seine. Schauen wir doch mal, ob er heute die Würfel werfen will.«
»Kapitän«, meinte Tavi, »ich möchte mich ja nicht einmischen, aber hast du schon einmal daran gedacht … na ja, dich mit ihm einzulassen?«
»Nein«, sagte Demos. »Die Schleiche ist nur halb so groß wie die Mactis. Und Gallus hat zusätzliche Schwertkämpfer an Bord. Ein Verhältnis drei gegen einen macht mir keinen Spaß.«
»Wir haben doch selbst ein paar gute Männer an Bord«, erwiderte Tavi.
Demos sah ihn an und lachte schallend. »Junge, du bist ganz gut. Aber vom Übungsfechten mit dem Schwertkämpfer der Familie bis zu einem blutigen Kampf auf schwankenden Planken ist es ein weiter Weg.«
»Er hat recht«, meinte Araris leise und trat hinter Tavi. »Es ist besser, den Kampf zu vermeiden.«
Demos blickte an Tavi vorbei zu dem älteren Mann. »Du hast schon auf See gekämpft.«
»Ja.« Araris ließ sich nicht näher darüber aus.
Demos nickte. »Hör auf deinen Lehrer, Junge. Und immer mit der Ruhe. So oder so dauert es ein paar Stunden, bis wir die Sache geklärt haben. Entschuldigt mich. Ich muss mich eben vergewissern, dass sich meine Hexer nicht wieder betrunken haben.« Er ging zur Treppe, die zum Frachtraum führte, und stieg rasch hinunter.
»Das war ein Scherz, oder?«, sagte Ehren. »Das über die Wasserwirker?«
Isana runzelte die Stirn. Sie spürte die Angst des jungen Kursors.
Er hatte die Arme verschränkt und trommelte mit einem Fuß nervös auf das Deck.
Tavi bemerkte Ehrens Angespanntheit ebenfalls. »Was ist denn los mit dir?«, fragte
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