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Der Protektor von Calderon

Der Protektor von Calderon

Titel: Der Protektor von Calderon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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er.
    »Ich werde die Truhe des Bootsmanns plündern. Da muss ja was zu trinken drin sein. Willst du auch was?«
    Tavi runzelte die Stirn. »Nein danke.«
    Ehren nickte knapp und blickte Araris und Isana an. »Ihr vielleicht?«
    Beide lehnten ab, und Ehren, der ganz blass geworden war, eilte davon.
    Tavi schaute ihm hinterher und ging anschließend zur Reling. Er starrte eine Weile lang auf den Ozean hinaus und ging gelegentlich ein paar Schritte auf und ab. Nach vielleicht einer halben Stunde trat er zu Isana und sah sie stirnrunzelnd an.
    »Wie kannst du da nur einfach sitzen und nähen?«, fragte er.
    Isana sah nicht auf. »Sollte ich etwas anderes tun?«
    Tavi verschränkte die Arme. »Der Kapitän hat gesagt, du sollst in die Kajüte gehen.«
    »Er hat gesagt, wir alle sollen in die Kajüte gehen«, entgegnete Isana. »Aber du bist bis jetzt auch nicht dort.«
    Das brachte ihr einen missbilligenden Blick von Tavi ein. »Also, ich sollte auf Deck sein.«
    »Damit jemand über dich stolpern kann?«, fragte Isana. Sie gab sich Mühe, nicht zu lächeln, strengte sich wirklich an, doch ihr Mund widersetzte sich ihrer Absicht. »Oder glaubst du vielleicht, dein Schwert ist nützlich, wenn die Segel ausgerichtet werden? Oder um Leviathane zu verscheuchen?«
    Aufgebracht stieß er den Atem aus. »Immerhin nützlicher als dein Nähzeug.«
    Isana hörte auf zu nähen und sah ihren Sohn eindringlich an. »Es wird noch Stunden dauern, ehe irgendetwas passiert, und es ist ein wunderschöner Tag. Der Angst zufolge, die ich bei Ehren und bei der Mannschaft spüre, erwarten die, dass wir von einem Leviathan zerschmettert und in die Tiefen des Meeres gezogen werden. Falls das nicht eintritt, dürfen wir uns auf einen Kampf
mit einer Bande Piraten freuen, die uns zahlenmäßig drei zu eins überlegen sind.« Sie wandte sich wieder ihrer Arbeit zu. »Gleichgültig, was es nun auch sein wird, jedenfalls wird dann das Licht zu schwach zum Nähen sein. Deshalb sitze ich hier auf Deck und genieße die Sonne, solange ich kann; vorausgesetzt, du hast nichts dagegen.«
    Tavi starrte sie an, und sie spürte seinen Schock ziemlich deutlich.
    Sie schenkte ihm ein schwaches Lächeln. »Ich weiß, du machst dir Sorgen meinetwegen. Und ich weiß auch, wie du es immer gehasst hast, wenn sich irgendetwas so völlig deinem Einfluss entzieht. So wie das hier. Es abzustreiten ändert aber nichts daran, dass es stimmt.«
    Er sah sie einen Moment lang von oben herab an und runzelte die Stirn, während sich seine rastlose Ungeduld legte und er nachdenklich in sich hineinschaute. Isana hatte die Fähigkeit ihres Sohnes, seine Aufmerksamkeit ganz auf eine Sache zu richten, manchmal schon fast als einschüchternd empfunden. Stellte man ihm eine Aufgabe, konnte er enorme Willenskraft und viele Gedanken darauf verwenden, sie zu lösen. Es musste unbehaglich für ihn sein, diese Aufmerksamkeit nun nach innen zu wenden.
    Er seufzte, setzte sich neben ihrem Hocker auf Deck und lehnte sich an die Bootswand hinter ihnen. Mit gesenkter Stimme sagte er: »Wenn ich …«
    »Die Elementarkräfte hätte«, ergänzte sie leise. »Die haben die Probleme des Ersten Fürsten nicht gelöst. Wenn du sie hättest, würdest du lediglich einer Flut unbeherrschbarer Situationen gegenüberstehen.«
    Tavi schwieg kurz. Dann sagte er: »Aber ich könnte dich beschützen.«
    »Vielleicht«, erwiderte sie. »Vielleicht auch nicht. Das Leben ist nicht gerade bekannt dafür, dass es sehr sicher ist.«
    Er verzog das Gesicht und nickte. »Ich würde mich eben einfach besser fühlen, wenn du in der Kajüte wärest.«

    Sie zog einen Faden stramm, rief Bächlein in einen Fingernagel, um diesen zu schärfen, und schnitt den Faden durch. Sie steckte die Nadel in die Garnrolle, schüttelte die Hand, als der Nagel wieder normal wurde, und streckte die schmerzenden Finger. »Wenn du das für das Beste hältst, solltest du uns vielleicht dorthin bringen.«
    Er blinzelte, legte den Kopf schief und sah sie an.
    Sie lachte, konnte es sich nicht verkneifen. Dann beugte sie sich vor und küsste ihn auf den Kopf. Er war so groß geworden und hatte so viel gelernt, und doch konnte sie immer noch das kleine Kind in ihm sehen, den Säugling, den frechen Jungen, das alles entdeckte sie in dem Mann, zu dem er gerade heranwuchs.
    »Überleg doch«, sagte sie. »Wenn Gaius in deiner Lage wäre …«
    »Als wäre er je ohne Elementarkräfte gewesen«, schnaubte Tavi.
    »Aber wenn«, beharrte Isana und

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