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Der Protektor von Calderon

Der Protektor von Calderon

Titel: Der Protektor von Calderon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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Straße und bemerkte zwei Angehörige der Civis-Legion auf Streife. Einen Augenblick lang wäre Isana beinahe in Panik
geraten und davongelaufen. Dann schalt sie sich, beherrschte sich und schob den Beutel in den Mantel.
    Die Legionares , beides junge Männer in Ledertunika und nicht in militärischer Rüstung, nickten ihr zu. Der größere der beiden sagte: »Guten Abend, meine Dame. Ist alles in Ordnung?«
    »Ja«, antwortete Isana. »Alles in Ordnung, danke.«
    Der kleinere der beiden murmelte: »Wie auch nicht, in einer schönen Frühlingsnacht wie dieser. Es sei denn, du wärest einsam.«
    Sein unmittelbares und … irgendwie überschwängliches Interesse überfiel sie, und Isana zog unwillkürlich die Augenbrauen hoch. Sie hatte vergleichsweise wenig Zeit an Orten verbracht, wo sie unbekannt war. Man kannte sie, wenn nicht dem Ruf nach, so doch wenigstens vom Sehen. Daran, dass sie hier vollkommen unbekannt war, hatte sie gar nicht gedacht. Angesichts der äußerlichen Jugend von Wasserwirkern und der Kapuze, die ihre silbergrauen Strähnen verbarg, wirkte sie auf diese Legionares vermutlich wie eine junge Frau im gleichen Alter. »Nicht einsam, Herr, nein«, sagte sie. »Aber danke der Nachfrage.«
    Der Größere runzelte die Stirn, als sich sein berufsmäßiges Misstrauen in den Vordergrund drängte. »Es ist spät. Eine junge Frau sollte nicht allein hier draußen unterwegs sein«, sagte er. »Darf ich mir die Frage erlauben, was du hier tust?«
    »Ich warte auf jemanden«, sagte Isana aus dem Stegreif.
    »Schon ein wenig spät für ein Treffen in diesem Teil der Stadt«, meinte der kleinere Legionare .
    Der Größere seufzte. »Nun, junge Dame, ich will dich nicht beleidigen, aber viele dieser jungen Cives von der Akademie treffen eine Verabredung und erscheinen dann doch nicht. Sie wissen, dass man sie nach Einbruch der Dunkelheit nicht im Hafenviertel sehen darf, deshalb versprechen sie mehr Münzen als gewöhnlich, damit du hier heraufkommst, aber …«
    »Entschuldigung?«, unterbrach ihn Isana barsch. »Was legt ihr mir hier eigentlich zur Last, meine Herren …« Ungeduldig schnippte sie mit den Fingern. »Wie lautet dein Name, Legionare ?«
    Sie spürte die Verunsicherung des jungen Mannes. »Hm, Melior. Meine Dame, ich möchte nicht …«
    » Legionare Melior«, sagte Isana und vermengte ihre Wut mit jener Art Selbstsicherheit, wie sie eine jüngere Frau wohl nicht aufbringen konnte. Sie zog sich die Kapuze vom Kopf und enthüllte die silbernen Strähnen im Haar. »Habe ich das richtig verstanden, ihr werft mir vor, ich ginge der« - sie betonte das Wort - »Prostitution nach?«
    Der Kleinere runzelte die Stirn und reagierte wieder streitlustiger. »Nun, warum sonst solltest du so spät noch hier unterwegs sein …«
    Der Größere trat ihm heftig auf den Fuß. »Ich wollte dich nicht beschuldigen, meine Dame. Aber es ist meine Pflicht, des Nachts für Ordnung zu sorgen.«
    »Ich kann dir versichern, junger Herr, bei mir ist alles in Ordnung«, erwiderte Isana entschlossen. »Danke für eure Fürsorge«, sagte sie und fügte mit einer leichten Spitze im Ton hinzu: »Und für eure Höflichkeit.«
    Der kleinere Legionare starrte den anderen an, dann Isana, und schien zu einer Erkenntnis zu gelangen. »Oh«, sagte er. »Genau.«
    Der Größere verdrehte zur Entschuldigung die Augen. »Sehr wohl, meine Dame«, sagte er, und die beiden setzten ihre Streife fort.
    Nachdem sie außer Sicht waren, seufzte Isana tief und lehnte sich an die Hauswand. Sie zitterte leicht. Da hätte sie ja einen wunderbaren Beitrag zu ihrem Vorhaben geleistet, wenn sie in einer Zelle mit anderen verwahrlosten Frauen der Nacht gelandet wäre. Man hätte sie sogar für etwas anderes als eine verkleidete Angehörige der Civitas halten können. Sie war zwar nicht gerade eine Berühmtheit in der Hauptstadt, doch hatte sie bereits eine Reihe von Reden über die Absichten der Dianischen Liga gehalten. Daher bestand stets die Möglichkeit, dass jemand sie erkannte.
    »Gut gemacht«, flüsterte Kitai. Das Marat-Mädchen stieg geschmeidig wie eine Spinne von dem Gebäude, landete und löste
das Seil mit einer Bewegung aus dem Handgelenk. Sie zischte, während sie ein Beutelchen, den sie mit den Zähnen hielt, nahm und ein Stück vor ihrem Gesicht hielt. Kleine Dampfwolken stiegen davon auf, und auf der Oberfläche des Beutels bildeten sich Reifflecken.
    Isana öffnete den dicken Sackleinenbeutel und erkannte dabei, dass er innen mit

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