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Der Protektor von Calderon

Der Protektor von Calderon

Titel: Der Protektor von Calderon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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Städte-Kindern einen Anblick geisterhafter, zerbrechlicher Schönheit.
    »Majestät!«, rief Bernard. Er riss Pfeile aus der Erde, deren Spitzen nun mit durchscheinenden Kristallen überzogen waren. »Sie braucht deine Hilfe.«
    Gaius hatte sich einem Berg auf der anderen Seite des Tales zugewandt, und Amara wurde klar, dass sie den Berg von hier aus eigentlich nicht hätte sehen dürfen, zumindest nicht in der Dunkelheit. Aber da war er: ein riesiger schwarzer Kegel, dessen Umrisse sich an der Spitze in einem düsteren, roten Licht abzeichneten.
    Bernard legte einen Pfeil auf und erhob sich. »Majestät!«
    »Augenblick, Graf«, murmelte Gaius. »Es gibt Angelegenheiten, die …«
    »Nein«, unterbrach ihn Bernard. »Du wirst dich um sie kümmern. Sofort.«
    Gaius’ Kopf fuhr herum. »Wie bitte?«

    »Sie ist verwundet«, sagte Bernard. »Vielleicht stirbt sie. Du musst sie heilen.«
    »Du hast keine Ahnung«, presste Gaius durch die zusammengebissenen Zähne hervor. »Keine Ahnung, was hier auf dem Spiel steht.«
    Ihr Gemahl ließ sich vom Ersten Fürsten nicht einschüchtern. »Doch, das habe ich.« Seine Augen wurden hart. »Das Leben der Frau, die bereitwillig alles geopfert hat, damit du es bis hierher schaffen konntest. Du hast schon genug Schmerz für sie eingeplant, Sextus. Oder erscheint es dir leichter, sie einfach sterben zu lassen?«
    Der Wind wisperte leere Sekunden lang über die Steine.
    Dann stand Gaius neben ihr. Seine langen Finger waren rau und fieberheiß. Leise murmelte er: »Es tut mir leid für das, was kommen wird, Amara.«
    Feuer hüllte die rechte Seite ihres Körpers ein. Sie spürte, wie sie sich seltsam verzerrte, sah, wie sich die Form ihres Bauches änderte, schaute zu, wie ihr Arm gerade wurde und sich aufribbelte, beinahe wie eine verdrehte Schnur. Sie hatte unbeschreibliche Schmerzen, und trotzdem erfüllte sie ein silbriges Gefühl der Ekstase. Sie war außerstande sich zu bewegen, zu schreien. Nur weinen konnte sie, und die Sterne verschwammen durch ihre Tränen und vermischten sich mit dem Licht der Stadt im Tal.
    Sie hörte das Brausen von Wind und das Surren von Bernards Bogen. Es folgte das schreckliche Klatschen, als etwas getroffen wurde.
    Gaius nahm die Hand von ihr und erhob sich. »Halte mir die Ritter vom Leib, Graf.«
    »Ja, mein Fürst«, knurrte Bernard und stellte sich, den Bogen in der Hand, über Amara.
    Amara konnte nichts tun außer zuzusehen, wie der Erste Fürst den fernen Feuerberg anstarrte und die Hand in die Höhe nahm.
    Wieder gab es ein Brausen, einen Windstrom. Wieder schoss Bernard einen Pfeil ab, und jemand schrie. Ein Ritter Aeris in
voller Rüstung krachte auf den Hang, rutschte abwärts und überschlug sich. Wo das Metall den Stein berührte, schlug es einen Funkenschauer.
    Sie war nicht sicher, wie lange es dauerte, bis der Schmerz nachließ und sie sich aufrichten konnte - ihr Gemahl hatte seinen letzten Pfeil aufgelegt und starrte mit leerem, müdem Blick in den Nachthimmel.
    Plötzlich seufzte der Erste Fürst und schloss die Augen. »Sollen dich die Krähen holen, Brencis. Zumindest dein Sohn besaß die Weisheit zu begreifen, wann er besiegt war. Die Krähen sollen dich holen und dir die Augen auspicken, weil du mich dazu zwingst.«
    Und nun ballte Gaius Sextus die ausgestreckte Hand zur Faust und riss sie zurück, als würde er an einer besonders kräftigen Leine ziehen.
    Plötzlich war die Nacht von Rot erfüllt.
    Blendendes Licht strahlte vom fernen Berg aus.
    Amara brauchte einige dumpfe Sekunden lang, bis sie begriff, was sich da abspielte.
    Feuer brach aus dem Berg hervor, glühend heiß in einem großen Geysir, der meilenweit in die Luft aufstieg. Dieser erste Ausbruch von flüssigen Flammen breitete sich meilenweit in alle Richtungen aus, und erst dann bewegte sich die Erde plötzlich, und der Berg ruckte wie ein alter Wagen, der durch ein Schlagloch fährt. Steine prasselten nieder. Irgendwo in der Nähe gab es unter ohrenbetäubendem Krachen einen Felsrutsch.
    Amara konnte den Blick nicht von den Geschehnissen im Tal abwenden. Der Berg spuckte eine große Wolke aus, die wie graues Pulver aussah, welches von innen heraus rot angestrahlt wird. Die Wolke wallte langsam und wunderschön hervor - jedenfalls wirkte es so aus der Ferne. Amara beobachtete, wie sie sich durch das Tal von Kalare wälzte. Sie raste über die kleinen Lichter der Wehrhöfe hinweg. Sie verschlang die Lichterketten der kleinen Städte und Dörfer im Tal.

    Und

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